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Ernüchterung nach der Euphorie

11.05.2010  |  Eugen Weinberg
Energie

Die Preiserholung bei Rohöl war nur von kurzer Dauer. Der WTI-Ölpreis verliert heute gut 1% auf 76 USD je Barrel. Auch Brent fällt am Morgen wieder unter die Marke von 80 USD je Barrel. Dies deutet auf einen Stimmungsumschwung am Ölmarkt hin. Der Ölpreis dürfte daher weiter nachgeben. Im Laufe des Tages veröffentlichen die OPEC und das US-Energieministerium ihre Monatsberichte mit den aktuellen Nachfrageschätzungen. Bislang geht die EIA von einem Anstieg der weltweiten Ölnachfrage in diesem Jahr um 1,46 Mio. Barrel pro Tag aus. Die OPEC rechnet lediglich mit einem Nachfrageanstieg von 900 Tsd. Barrel pro Tag. Bei der Nachfrageprognose der OPEC bestehen Aufwärtsrisiken, bedenkt man, dass die Ölnachfrage Chinas bislang ungebrochen ist.

Aktuellen Daten der chinesischen Zollbehörde zufolge hat China im April einen Rekordbetrag von 21,2 Mio. Tonnen (5,15 Mio. Barrel pro Tag) Rohöl importiert und damit 31% mehr als im Vorjahr. Grund für den Importsog ist eine höhere Nachfrage der Raffinerien, nachdem Wartungsarbeiten abgeschlossen sind und sich die Profitabilität infolge der Anhebung der Kraftstoffpreise im April verbessert hat. Die Rohölverarbeitung stieg daraufhin im April um 17,1% gegenüber dem Vorjahr auf 8,37 Mio. Barrel pro Tag. Im Mai soll sie nur geringfügig darunter liegen. Die höhere Raffinerieauslastung war in den vergangenen Monaten aber nur zum Teil auf eine gestiegene inländische Nachfrage zurückzuführen. China hat im ersten Quartal netto 1,4 Mio. Tonnen Benzin und 760 Tsd. Tonnen Diesel exportiert und damit zum globalen Überangebot bei den Ölprodukten beigetragen.

Das American Petroleum Institute veröffentlicht heute Abend nach Handelsschluss die Lagerdaten für die vergangene Woche. Der starke Anstieg der WTI-Terminkurve spricht für einen weiteren Lageraufbau, zumal der Ölteppich im Golf von Mexiko bislang nicht zu Beeinträchtigungen der Transportwege geführt hat.

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Edelmetalle

Die Euphorie über das EU-Hilfspaket ist schnell wieder verflogen. Sorgen über die Finanzstabilität der Eurozone haben wieder die Oberhand an den Märkten. Zwar ist das Hilfspaket geeignet, die Finanzierungskosten für die Peripherieländer zu senken, dabei wird allerdings Schaden für den Euro in Kauf genommen. Insbesondere die Politik der EZB, Staatsanleihen von Ländern mit fiskalischen Problemen zu kaufen, wird von vielen Marktteilnehmern als Tabubruch angesehen. Der Euro verliert daher gegenüber dem US-Dollar wieder deutlich an Wert. Trotz des erstarkten US-Dollar kann Gold zulegen und auf knapp 1.210 USD je Feinunze steigen. In Euro ausgedrückt verteuert sich das Edelmetall auf rund 950 EUR je Feinunze und nähert sich damit wieder dem am Freitag verzeichneten Rekordhoch.

Gold behält weiter seine Attraktivität als sicherer Hafen, was sich auch in erneuten Zuflüssen in den SPDR Gold Trust widerspiegelt. Der Bestand des weltgrößten Gold-ETF stieg gestern um weitere 3,6 Tonnen auf über 1.192 Tonnen. Gold dürfte weiter gefragt und der Preis damit gut unterstützt bleiben. Sowohl in USD als auch in EUR sollten in Kürze neue Rekordniveaus erreicht werden.


Industriemetalle

Nach der gestrigen Euphorie scheint an den Metallmärkten schnell wieder Ernüchterung einzukehren. Im Zuge einer erneut gestiegenen Risikoaversion aufgrund schwacher asiatischer Aktienmärkte und des erstarkten US-Dollar geben die Metalle heute Morgen einen Teil ihrer Gewinne bereits wieder ab. China hat eine Vielzahl von Konjunkturdaten veröffentlicht. Besonders zu erwähnen ist die Kreditvergabe, die im April mit 774 Mrd. Yuan deutlich höher als erwartet ausgefallen ist. Bislang sind somit kaum Anzeichen einer Abschwächung der chinesischen Wirtschaft erkennbar. Die Regierung muss daher weitere monetäre Maßnahmen einführen, um einer Überhitzung der Wirtschaft entgegenzuwirken.

Dass dies notwendig ist, zeigt ein Blick auf die Importe im April. Die Einfuhren von Kupfer erhöhten sich im Vorjahresvergleich nochmals um 9% auf 436,3 Tsd. Tonnen. Die Dynamik dürfte im weiteren Jahresverlauf allerdings nachlassen, da zunächst die hohen lokalen Lagerbestände abgebaut werden sollten. Gleichzeitig steigt die Metallproduktion. Bis auf Blei hat sich die Produktion aller Metalle sowohl im Vorjahresvergleich als auch gegenüber dem Vormonat teilweise deutlich erhöht.

Besonders stark zeigte sich die Kupferproduktion, die gegenüber Vorjahr um 152% auf 380 Tsd. Tonnen gestiegen ist. China produziert damit weiter deutlich über dem eigenen Bedarf, was zu anhaltend hohen Lagerbeständen und Angebotsüberschüssen an den globalen Metallmärkten führen sollte. Aus fundamentaler Sicht ist die Lage an den Metallmärkten daher weiter entspannt und die Preise dürften unter Druck bleiben.


Agrarrohstoffe

Die Aussaat von Mais und Sojabohnen in den USA liegt dank günstiger Witterungsbedingungen weiterhin deutlich vor dem Plan. Laut US-Landwirtschaftsministerium waren Ende vergangener Woche bereits 81% der Maisaussaat abgeschlossen. Der 5-Jahresdurchschnitt für diese Berichtswoche liegt bei 62%. Bei Sojabohnen sind 30% der Saat im Boden, verglichen mit 19% im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Dies spricht für erneut rekordhohe Ernten in diesem Jahr.

Das USDA wird morgen erstmals Prognosen für das Erntejahr 2010/11 bekanntgeben. Auch in China wird in diesem Jahr mit einer steigenden Mais- und Sojabohnenproduktion gerechnet. Bei Mais soll das Produktionsvolumen laut Verwaltung der nationalen Getreidereserve Chinas um 4,4% auf 165 Mio. Tonnen steigen. Auch bei Sojabohnen wird mit einem Produktionsanstieg um 3,4% auf 15 Mio. Tonnen gerechnet. Bei Mais ist China bislang autark und tritt daher auf dem Weltmarkt nicht in Erscheinung. Anders ist die Situation bei Sojabohnen. Das Chinesische Nationale Getreide- und Ölinformationszentrum rechnet für Mai mit einem Importvolumen von mehr als 5 Mio. Tonnen und für Juni mit Rekordeinfuhren von 6 Mio. Tonnen. Im gesamten Erntejahr sollen die Einfuhren von Sojabohnen auf 46 Mio. Tonnen steigen, was ebenfalls einem Rekordwert entspricht.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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