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Deutscher Alleingang setzt Rohstoffe unter Druck

19.05.2010  |  Eugen Weinberg
Energie

Der überraschende Alleingang der deutschen Finanzaufsicht, ungedeckte Leerverkäufe auf europäische Staatsanleihen zu verbieten, führte zu einem kräftigen Anstieg des US-Dollar und setzte die Rohstoffpreise unter Druck. Der WTI-Ölpreis fiel daraufhin in der Nacht auf ein 7 ½ Monatstief von 68 USD je Barrel. Das American Petroleum Institute berichtete zudem am Abend von einem Anstieg der US-Lagerbestände in Cushing um weitere 914 Tsd. Barrel auf ein Rekordniveau von knapp 38 Mio. Barrel.

Heute veröffentlicht das US-Energieministerium die offiziellen Lagerdaten. Sollte es auch hier zu einem Lageraufbau in Cushing gekommen sein, dürfte dies den nächstfälligen WTI-Terminkontrakt weiter nach unten drücken. Die Preisdifferenz zwischen den beiden nächstfälligen Kontrakten hat sich bereits auf 3,5 US-Dollar ausgeweitet. Angesichts des scharfen Ölpreisrückgangs um mehr als 20% in den vergangenen zwei Wochen bringt Angola eine außerplanmäßige OPEC-Sitzung ins Spiel.

Rufe nach preisstützenden Maßnahmen sind unglaubwürdig, solange die OPEC-Mitglieder weiterhin 2 Mio. Barrel mehr Rohöl produzieren als laut Quoten vorgesehen. Da der Ölpreis derzeit vor allem finanzmarktgetrieben ist und nicht durch Angebot und Nachfrage, sind die Einflussmöglichkeiten der OPEC ohnehin begrenzt. Zudem liegt der OPEC-Preis aktuell mit 73 USD je Barrel noch innerhalb der Spanne von 70-80 USD, welche von den OPEC-Mitgliedern als notwendig erachtet wird, um fortlaufend in neue Projekte zu investieren.

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Der US-Erdgaspreis ist gestern zunächst auf 4,5 USD je mmBtu gestiegen, dann aber auf 4,3 USD zurückgefallen. Wir führen dies auf die Aktivität von Leerverkäufern zurück. Noch immer besteht bei Erdgas ein großer Überhang von Shortpositionen, was den Erdgaspreis für starke Schwankungen anfällig macht.


Edelmetalle

Die Tage und Wochen, an denen der Goldpreis von einem fallenden Euro profitieren konnte, scheinen zunächst vorüber. Der Goldpreis ist zunächst daran gescheitert, ein neues Rekordhoch in Euro zu erreichen und ist daraufhin wieder unter die Marke von 1.000 EUR je Feinunze zurückgefallen. Dies ist angesichts der erneut starken Verluste des Euro bemerkenswert. Auch in US-Dollar ausgedrückt verliert der Goldpreis deutlich und liegt bei 1.215 USD knapp 1% im Minus. Diese Preisentwicklung deutet auf eine Abkühlung der Goldnachfrage hin, nachdem Gold in den letzten Wochen von den Investoren nach oben getrieben wurde.

Der weltgrößte Gold ETF, SPDR Gold Trust, verzeichnete am Dienstag zum ersten Mal seit Tagen keine weiteren Zuflüsse mehr. All dies könnte die kurzfristig orientierten Anleger dazu veranlassen, Gewinne mitzunehmen. Die Anzahl der offenen Terminkontrakte an der COMEX lag am Dienstag auf einem Allzeithoch von 603.000 Kontrakten. Silber vollzieht die Preisentwickung von Gold nach und liegt mit 18,7 USD je Feinunze ebenfalls im Minus. Der Gold-Silber-Koeffizient stieg daraufhin auf 65. Silber ist damit relativ zu Gold weiterhin günstig, was mittelfristig für steigende Preise spricht.


Industriemetalle

Nach der gestrigen Verschnaufpause sind die Industriemetalle heute wieder stark unter Druck. Ausschlaggebend dafür sind das neue Vierjahrestief bei EUR-USD von 1,22. und die schwachen Aktienmärkte in den USA und Europa. Dabei verlieren die Metalle trotz der gravierenden fundamentalen Unterschiede in der Versorgungssituation nahezu gleichermaßen an Wert. Aus technischer Sicht ist zurzeit für Aluminium die Marke von 2.000 USD je Tonne von Bedeutung. Nach dem gestrigen Anstieg um 36,6 Tsd. Tonnen berichtet die LME heute einen Anstieg der Aluminiumbestände um weitere 38,6 Tsd. Tonnen, die stärkste Lagerzunahme seit zwei Monaten. Während jedoch die LME-Lagerbestände seit Juli 2009 um 4,5 Mio. Tonnen verharren, steigen diese in China kontinuierlich an.

Die Aluminiumbestände in China haben sich laut CBI seit Jahresbeginn auf mittlerweile über 1,1 Mio. Tonnen verdoppelt. Auch wenn dies von massiven Produktionsüberschüssen zeugt, sollten die Aluminiumpreise u.E. nicht mehr weiter dramatisch unter Druck kommen. Denn bereits aktuell verzeichnen über die Hälfte der Aluminiumschmelzen in China, dem mit Abstand größten Aluminiumproduzenten der Welt, Verluste. Außerdem hat am 13. Mai die chinesische Entwicklungs- und Reformkommission den Stromverkauf zu vergünstigten Preisen an die Großverbraucher gestoppt. Die höheren Strompreise gepaart mit durch Knappheit bedingten höheren Preisen für Tonerde dürften den Kostendruck weiter erhöhen. Wir erachten das Abwärtspotenzial bei Aluminium als begrenzt.


Agrarrohstoffe

Der Preis für Rohzucker konnte sich gestern um gut 6,5% auf 14,8 US-Cents je Pfund erholen, nachdem die Preise zuvor auf Niveaus wie zuletzt vor einem Jahr gefallen waren. Auslöser waren Meldungen, dass die Unruhen in Thailand nun auch die Zuckerlieferungen beeinträchtigen. Thailand ist nach Brasilien der zweitgrößte Exporteur von Zucker. Dies kann weiter für Unsicherheit am Markt sorgen. Unterstützt wurde die Erholung auch von Meldungen über Zuckerbestellungen Pakistans und Gerüchte über bevorstehende Käufe Chinas. Doch die Fundamentalfaktoren lassen keine großen Preissteigerungen erwarten.

Zum einen hat die Internationale Zuckerorganisation (ISO) ihre Prognose für das Defizit am Zuckermarkt in der bis September laufenden Saison von 9,4 Mio. Tonnen auf 8,5 Mio. Tonnen reduziert. Zudem meldet Indien, dessen magere Ernte wegen des schwachen Monsuns einer der Hauptgründe für die Enge am Markt darstellte, dass die Anbaufläche für Zuckerrohr um 7,5% ausgeweitet wurde. Hoffnungen auf ein Plus von über 30% in der bevorstehenden Ernte könnten allerdings enttäuscht werden, sollte auch der diesjährige Monsun nicht so positiv ausfallen wie erwartet. Dann dürfte sich auch die Erwartung des indischen Landwirtschaftsministers nicht bewahrheiten, dass Indien wieder zu einem Nettoexporteur von Zucker werden könnte. Die ISO erwartet für die kommende Saison mittlerweile einen globalen Marktüberschuss von 2,5 Mio. Tonnen, nachdem auch die Ernte im brasilianischen Hauptanbaugebiet Center-South stark ausfallen dürfte.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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