Rohstoffmärkte vor Zwischenerholung
26.05.2010 | Eugen Weinberg
Energie
Der WTI-Ölpreis konnte sich über Nacht auf 70 USD je Barrel erholen, nachdem gestern Tiefstände von 67 USD je Barrel verzeichnet wurden. Mit dazu beigetragen hat eine späte Erholung der amerikanischen Aktienmärkte. Zudem meldete das American Petroleum Institute am Abend, dass die US-Rohöllagerbestände in Cushing in der vergangenen Woche erstmals seit sieben Wochen zurückgegangen sind, was auf ein Ende des Lageraufbaus hoffen lässt. Darüber hinaus gab es vergangene Woche einen unerwartet deutlichen Rückgang der US-Benzinlagerbestände um 3,2 Mio. Barrel. Dies wurde vom Markt als Indiz dafür angesehen, dass sich die Benzinnachfrage kurz vor Beginn der Sommerfahrsaison zu erholen scheint.
Ein stärker als erwartet gestiegenes US-Verbrauchervertrauen schürte derartige Hoffnungen zusätzlich. Heute veröffentlicht das US-Energieministerium die offiziellen Lagerdaten. Erwartet wird ein moderater Lageraufbau bei Rohöl und Ölprodukten. Wir rechnen mit einer Fortsetzung der Zwischenerholung, nachdem der Preis in den vergangenen Wochen zu schnell und zu stark gefallen ist. Die EIA hat die langfristige Prognose für die weltweite Ölnachfrage um 2,5% nach unten revidiert und erwartet nur noch einen Anstieg auf 103,9 Mio. Barrel pro Tag bis 2030. Bislang ging man von 106,6 Mio. Barrel pro Tag aus. 84% des Nachfrageanstiegs sollen von den Schwellenländern kommen. 40% des bis 2035 erwarteten Produktionsanstiegs sollen aus der Ölförderung der OPEC-Länder stammen, knapp 20% von den Nicht-OPEC-Ländern, der Rest aus unkonventionellen Vorkommen.
Edelmetalle
Der Goldpreis hat sich nach der Korrektur in der vergangenen Woche spürbar erholen können. Diese Entwicklung ist insbesondere in Euro erkennbar. Der Goldpreis liegt bei 983 EUR und damit 5% höher als Ende vergangener Woche. Doch auch in US-Dollar gerechnet kann Gold seither 2,5% zulegen und wieder über der Marke von 1.200 USD je Feinunze steigen. Der Goldpreis wird dabei weiterhin von der starken Investmentnachfrage und der Flucht in den sicheren Hafen getrieben. So vermeldete der weltgrößte Gold ETF, SPDR Gold Trust, gestern erneut Zuflüsse von 30 Tonnen. In den letzten zwei Tagen sind somit 47 Tonnen Gold in diesen Gold-ETF geflossen. Dies ist mehr als die weltweite Minenproduktion einer Woche.
Der World Gold Council rechnet aufgrund der anziehenden Investmentnachfrage damit, dass sich die Goldnachfrage im Jahresverlauf erholen wird. Im ersten Quartal war sie laut WGC-Quartalsbericht um 25% gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen, wobei sich die ETF-Nachfrage für diesen Rückgang hauptverantwortlich zeichnete. Diese lag im ersten Quartal nur bei 3,8 Tonnen, verglichen mit 465 Tonnen im ersten Quartal 2009. Seit Beginn des zweiten Quartals konnte die ETF-Nachfrage bereits wieder auf 107 Tonnen steigen, wobei die letzten Zuflüssen dabei noch nicht berücksichtigt sind. Die Schmucknachfrage stieg im ersten Quartal auf 470 Tonnen, was einem Anstieg um 43% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die Schmucknachfrage in Indien soll sich dabei dem WGC zufolge sogar vervierfacht haben.
Industriemetalle
Die Industriemetalle gaben im gestrigen Handel deutlich nach, können sich aber heute Morgen bereits wieder etwas erholen. Wir denken, dass der Markt zurzeit überverkauft ist und in den kommenden Tagen mit einer weiteren Erholung der Preise zu rechnen ist. In diesem Zusammenhang sei auf den Baltic Dry Index verwiesen, der die Frachtraten für Trocken- und Schüttgut misst und vielen Marktteilnehmern als ein Indikator für die wirtschaftlichen Aktivitäten an den Rohstoffmärkten dient. Dieser stieg gestern auf den höchsten Stand seit November 2009 und liegt aktuell immerhin 40% höher als Mitte April.
Das Nachrichtenbild zur fundamentalen Lage am Nickelmarkt war gemischt: Preisstützend ist die Meldung des größten chinesischen Nickelproduzenten, Jinchuan, sein größtes Werk für 140 Tage aufgrund von Wartungsarbeiten schließen zu müssen. Jinchuan stellte im letzten Jahr mit 130 Tsd. Tonnen Nickel gut die Hälfte der chinesischen Jahresproduktion. Nichtsdestotrotz hält das Unternehmen nach eigenen Aussagen an seinem Produktionsziel von 130 Tsd. Tonnen im laufenden Jahr fest.
Wasser in den Wein gießt dagegen der chinesische Stahlproduzent Baoshan Iron and Steel. Der Leiter der Edelstahlgruppe des Unternehmens sieht nur ein Wachstum der chinesischen Edelstahlnachfrage um 5% im laufenden Jahr. Darüber hinaus will das Unternehmen verstärkt auf Nickel pig iron statt auf raffiniertes Nickel zurückgreifen.
Agrarrohstoffe
In seinem neuen halbjährlichen Zuckerreport prognostiziert das USDA für die kommende Saison 2010/11 einen Überschuss am Zuckermarkt, während in den Vorjahren die aktuelle Produktion hinter dem Verbrauch zurückgeblieben war. Ein gegenüber dem Vorjahr um 12 Mio. Tonnen auf 164 Mio. Tonnen erhöhtes Produktionsvolumen soll auf eine mit 158 Mio. Tonnen so hoch wie nie ausfallende Nachfrage treffen. Die Knappheit an Zucker, die über Monate den Preis getrieben hatte, bevor ihn der Blick auf die neuen Ernten einbrechen ließ, lässt also nach.
Gerade in den größten Produzentenländern Brasilien und Indien, deren letzte schlechte Ernten maßgeblich für die Knappheit waren, wird eine um 4 Mio. Tonnen bzw. 5 Mio. Tonnen höhere Produktion als im Vorjahr erwartet. Für Brasilien bedeutet dies einen Anstieg um 12%, für Indien sogar einen Anstieg um ein Viertel gegenüber dem Vorjahr. Dennoch erwarten wir, dass sich die Preise im dritten und vierten Quartal auf 18 US-Cents je Pfund erholen. Zum einen steigt die Nachfrage nach Ethanol deutlich, zum anderen dürften Importeure ihre abgeschmolzenen Lagerbestände auffüllen.
Zum Ende der Saison 2009/10 im September erwartet die Internationale Zuckerorganisation nämlich, dass die weltweiten Lagerbestände in Relation zum Verbrauch auf den niedrigsten Stand seit 20 Jahren gefallen sein werden. Dazu besteht das Risiko, dass die Ernte in Indien, welche im Oktober beginnt, hinter den Erwartungen zurückbleibt und somit der globale Marktüberschuss geringer ausfällt als erwartet.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der WTI-Ölpreis konnte sich über Nacht auf 70 USD je Barrel erholen, nachdem gestern Tiefstände von 67 USD je Barrel verzeichnet wurden. Mit dazu beigetragen hat eine späte Erholung der amerikanischen Aktienmärkte. Zudem meldete das American Petroleum Institute am Abend, dass die US-Rohöllagerbestände in Cushing in der vergangenen Woche erstmals seit sieben Wochen zurückgegangen sind, was auf ein Ende des Lageraufbaus hoffen lässt. Darüber hinaus gab es vergangene Woche einen unerwartet deutlichen Rückgang der US-Benzinlagerbestände um 3,2 Mio. Barrel. Dies wurde vom Markt als Indiz dafür angesehen, dass sich die Benzinnachfrage kurz vor Beginn der Sommerfahrsaison zu erholen scheint.
Ein stärker als erwartet gestiegenes US-Verbrauchervertrauen schürte derartige Hoffnungen zusätzlich. Heute veröffentlicht das US-Energieministerium die offiziellen Lagerdaten. Erwartet wird ein moderater Lageraufbau bei Rohöl und Ölprodukten. Wir rechnen mit einer Fortsetzung der Zwischenerholung, nachdem der Preis in den vergangenen Wochen zu schnell und zu stark gefallen ist. Die EIA hat die langfristige Prognose für die weltweite Ölnachfrage um 2,5% nach unten revidiert und erwartet nur noch einen Anstieg auf 103,9 Mio. Barrel pro Tag bis 2030. Bislang ging man von 106,6 Mio. Barrel pro Tag aus. 84% des Nachfrageanstiegs sollen von den Schwellenländern kommen. 40% des bis 2035 erwarteten Produktionsanstiegs sollen aus der Ölförderung der OPEC-Länder stammen, knapp 20% von den Nicht-OPEC-Ländern, der Rest aus unkonventionellen Vorkommen.
Edelmetalle
Der Goldpreis hat sich nach der Korrektur in der vergangenen Woche spürbar erholen können. Diese Entwicklung ist insbesondere in Euro erkennbar. Der Goldpreis liegt bei 983 EUR und damit 5% höher als Ende vergangener Woche. Doch auch in US-Dollar gerechnet kann Gold seither 2,5% zulegen und wieder über der Marke von 1.200 USD je Feinunze steigen. Der Goldpreis wird dabei weiterhin von der starken Investmentnachfrage und der Flucht in den sicheren Hafen getrieben. So vermeldete der weltgrößte Gold ETF, SPDR Gold Trust, gestern erneut Zuflüsse von 30 Tonnen. In den letzten zwei Tagen sind somit 47 Tonnen Gold in diesen Gold-ETF geflossen. Dies ist mehr als die weltweite Minenproduktion einer Woche.
Der World Gold Council rechnet aufgrund der anziehenden Investmentnachfrage damit, dass sich die Goldnachfrage im Jahresverlauf erholen wird. Im ersten Quartal war sie laut WGC-Quartalsbericht um 25% gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen, wobei sich die ETF-Nachfrage für diesen Rückgang hauptverantwortlich zeichnete. Diese lag im ersten Quartal nur bei 3,8 Tonnen, verglichen mit 465 Tonnen im ersten Quartal 2009. Seit Beginn des zweiten Quartals konnte die ETF-Nachfrage bereits wieder auf 107 Tonnen steigen, wobei die letzten Zuflüssen dabei noch nicht berücksichtigt sind. Die Schmucknachfrage stieg im ersten Quartal auf 470 Tonnen, was einem Anstieg um 43% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die Schmucknachfrage in Indien soll sich dabei dem WGC zufolge sogar vervierfacht haben.
Industriemetalle
Die Industriemetalle gaben im gestrigen Handel deutlich nach, können sich aber heute Morgen bereits wieder etwas erholen. Wir denken, dass der Markt zurzeit überverkauft ist und in den kommenden Tagen mit einer weiteren Erholung der Preise zu rechnen ist. In diesem Zusammenhang sei auf den Baltic Dry Index verwiesen, der die Frachtraten für Trocken- und Schüttgut misst und vielen Marktteilnehmern als ein Indikator für die wirtschaftlichen Aktivitäten an den Rohstoffmärkten dient. Dieser stieg gestern auf den höchsten Stand seit November 2009 und liegt aktuell immerhin 40% höher als Mitte April.
Das Nachrichtenbild zur fundamentalen Lage am Nickelmarkt war gemischt: Preisstützend ist die Meldung des größten chinesischen Nickelproduzenten, Jinchuan, sein größtes Werk für 140 Tage aufgrund von Wartungsarbeiten schließen zu müssen. Jinchuan stellte im letzten Jahr mit 130 Tsd. Tonnen Nickel gut die Hälfte der chinesischen Jahresproduktion. Nichtsdestotrotz hält das Unternehmen nach eigenen Aussagen an seinem Produktionsziel von 130 Tsd. Tonnen im laufenden Jahr fest.
Wasser in den Wein gießt dagegen der chinesische Stahlproduzent Baoshan Iron and Steel. Der Leiter der Edelstahlgruppe des Unternehmens sieht nur ein Wachstum der chinesischen Edelstahlnachfrage um 5% im laufenden Jahr. Darüber hinaus will das Unternehmen verstärkt auf Nickel pig iron statt auf raffiniertes Nickel zurückgreifen.
Agrarrohstoffe
In seinem neuen halbjährlichen Zuckerreport prognostiziert das USDA für die kommende Saison 2010/11 einen Überschuss am Zuckermarkt, während in den Vorjahren die aktuelle Produktion hinter dem Verbrauch zurückgeblieben war. Ein gegenüber dem Vorjahr um 12 Mio. Tonnen auf 164 Mio. Tonnen erhöhtes Produktionsvolumen soll auf eine mit 158 Mio. Tonnen so hoch wie nie ausfallende Nachfrage treffen. Die Knappheit an Zucker, die über Monate den Preis getrieben hatte, bevor ihn der Blick auf die neuen Ernten einbrechen ließ, lässt also nach.
Gerade in den größten Produzentenländern Brasilien und Indien, deren letzte schlechte Ernten maßgeblich für die Knappheit waren, wird eine um 4 Mio. Tonnen bzw. 5 Mio. Tonnen höhere Produktion als im Vorjahr erwartet. Für Brasilien bedeutet dies einen Anstieg um 12%, für Indien sogar einen Anstieg um ein Viertel gegenüber dem Vorjahr. Dennoch erwarten wir, dass sich die Preise im dritten und vierten Quartal auf 18 US-Cents je Pfund erholen. Zum einen steigt die Nachfrage nach Ethanol deutlich, zum anderen dürften Importeure ihre abgeschmolzenen Lagerbestände auffüllen.
Zum Ende der Saison 2009/10 im September erwartet die Internationale Zuckerorganisation nämlich, dass die weltweiten Lagerbestände in Relation zum Verbrauch auf den niedrigsten Stand seit 20 Jahren gefallen sein werden. Dazu besteht das Risiko, dass die Ernte in Indien, welche im Oktober beginnt, hinter den Erwartungen zurückbleibt und somit der globale Marktüberschuss geringer ausfällt als erwartet.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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