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WTI kann Preislücke zu Brent schließen

28.05.2010  |  Eugen Weinberg
Energie

Der WTI-Ölpreis konnte dank steigender Aktienmärkte auf 75,5 USD je Barrel zulegen. Der Anstieg um mehr als 8% in den vergangenen zwei Tagen war der stärkste seit mehr als neun Monaten. Erstmals seit Mitte April wurde WTI zeitweise wieder mit einem Aufschlag gegenüber Brent gehandelt. Dafür gibt es eine Reihe von Erklärungen. So bestehen Sorgen, dass die Schuldenkrise in der Eurozone die Ölnachfrage in Europa dämpfen wird. Im Gegensatz dazu deuten die jüngsten Daten darauf hin, dass die Nachfrage in den USA rechtzeitig zu Beginn der Sommerfahrsaison anzieht. Zudem hat die US-Regierung als Reaktion auf die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko 33 Tiefseeprobebohrungen für sechs Monate ausgesetzt.

API und DOE berichteten in dieser Woche von fallenden Lagerbeständen in Cushing. Dem steht allerdings die Schätzung von Genscape entgegen, wonach die Lagerbestände in Cushing in der Woche bis Dienstag um weitere 478 Tsd. auf einen Rekordwert von 39,9 Mio. Barrel gestiegen sind. Bislang gibt es keine Anzeichen dafür, dass die OPEC angesichts des Preisverfalls der vergangenen Wochen ihre Produktion drosselt. Einer Bloomberg-Umfrage zufolge stieg die Produktion der quotengebundenen OPEC-Länder im Mai auf ein 17-Monatshoch von 27,04 Mio. Barrel pro Tag. Die Quotenerfüllung sank auf nur noch 48%.

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Die US-Erdgaslagerbestände sind in der vergangenen Woche um 104 Mrd. Kubikfuß gestiegen und damit stärker als erwartet. Der Lagerüberang beträgt derzeit 16,3%. Dennoch konnte der US-Erdgaspreis um 3,4% auf 4,30 USD je mmBtu steigen. Für Unterstützung sorgte die Prognose der US-Regierung, dass die diesjährige Hurrikansaison die schwerste seit fünf Jahren werden könnte. Damals hatten die Hurrikans Katrina und Rita die Öl- und Gasverversorgung im Golf von Mexiko zeitweise lahmgelegt.


Edelmetalle

Gold konnte vom positiven Trend der Aktien- und der Rohstoffmärkte nicht profitieren. Denn Gold verhält sich zurzeit wie ein Angstindikator, wobei die Angst aus den Märkten weicht. Besonders sichtbar ist dies beim Goldpreis in Euro, welcher nur noch bei 978 EUR je Feinunze handelt und damit seit gestern rund 20 Euro verloren hat. Der Goldpreis in US-Dollar kann sich dank der zuletzt schwächeren US-Währung noch über der psychologisch wichtigen Marke von 1.200 USD je Feinunze halten. Sollte diese unterschritten werden, dürfte dies Gewinnmitnahmen seitens kurzfristig orientierter Anleger auslösen und eine stärkere Korrektur zur Folge haben.

Die Gold-ETFs haben in den letzten zwei Tagen nur noch marginale Zuflüsse gemeldet. Die Aktienmärkte erholen sich, der US-Dollar tendiert schwächer und die Preise für die Industrierohstoffe steigen. Wir rechnen damit, dass sich der Markt weiter beruhigen wird und räumen deshalb den restlichen Edelmetallen wie Silber, Platin oder Palaldium größeres Potenzial ein. Insbesondere die Platinmetalle dürften im Hinblick auf die Fußball-WM in Südafrika in den nächsten Tagen in den Fokus rücken.


Industriemetalle

Im Zuge der steigenden Risikoneigung an den Märkten haben die Metalle stark zugelegt. Besonders stark konnte der Kupferpreis profitieren, der mittlerweile wieder um 7.000 USD je Tonne notiert, nachdem vor einer Woche noch ein mehrmonatiges Tief bei rund 6.400 USD markiert wurde. Auch wenn wir kurzfristig verhalten positiv zum Kupferpreis gestimmt sind, sehen wir mittelfristig Abwärtsrisiken. Der weltgrößte Kupferproduzent, Codelco aus Chile, der knapp 10% der weltweiten Produktion stellt, konnte im 1.Quartal seine Produktion im Vergleich zum Vorjahr um über 3% auf 402 Tsd. Tonnen steigern. Würde man über 22 Tsd. Tonnen Kupfer hinzu zählen, die wegen des Erdbebens im Februar und der Knappheit an Schwefelsäure verloren gingen, würde das Produktionsplus mit knapp 9% sogar noch deutlich höher ausfallen.

Wir rechnen damit, dass die Produktionsausweitung in Chile zu einem erneuten Überschuss am Kupfermarkt in diesem Jahr führen wird. Kurzfristige Unterstützung erhält der Kupferpreis auch von der Lagerbestandsstatistik. Im LME-Lagersystem sind die Bestände vom Hoch im Februar um knapp 15% auf 476,7 Tsd. Tonnen gefallen; an der SHFE in Shanghai fielen sie seit Monatsbeginn bereits um 17% auf gegenwärtig 157,7 Tsd. Tonnen.

Nach Einschätzung des chinesischen Aluminiumkonzerns Chalco könnte der von der Regierung angekündigte Strompreisanstieg ca.6% der chinesischen Produktionskapazitäten bzw. 1 Million Tonnen gefährden. Der weltgrößte Aluminiumproduzent, Rusal aus Russland, schätzt, dass dies die Produktionskosten um rund 100 USD je Tonne steigen lässt. Bereits bei den gegenwärtigen Preisen von unter 15.000 RMB bzw. 2200 USD je Tonne in China erleiden laut CBI China die dortigen Aluminiumproduzenten durchschnittlich rund 1.000 RMB bzw. knapp 150 USD Verlust pro Tonne. Die hohen Produktionskosten dürften dafür sorgen, dass die Aluminiumpreise trotz der gegenwärtigen Überproduktion gut unterstützt bleiben dürften.


Agrarrohstoffe

Der festere US-Dollar hat dämpfende Auswirkungen auf die US-Agrarexporte. Die US-Weizenexporte lagen in der vergangenen Woche laut US-Landwirtschaftsministerium 27% niedriger als im Durchschnitt der vergangenen vier Wochen. Europa kann dagegen dank des schwächeren Euro an Exportanteilen gewinnen. Die EU hat in dieser Woche Exportlizenzen für 484 Tsd. Tonnen Weizen erteilt, 52% mehr als im Durchschnitt der vergangenen vier Wochen. Diese Entwicklung dürfte die europäischen Weizenpreise im Vergleich zum Weizenpreis an der CBOT unterstützen.

Rückläufige US-Exporte gab es auch bei Mais, wo die die Ausfuhren 22% niedriger lagen als der 4-Wochendurchschnitt und bei Sojabohnen mit einem Rückgang um 38%. Die Käufe Chinas, welche aufgrund der USD-Anbindung der chinesichen Währung nicht von der USD-Aufwertung betroffen sind, dürften die US-Ausfuhren von Mais und Sojabohnen allerdings weiterhin stützen. Laut USDA haben die USA in der vergangenen Woche 241 Tsd. Tonnen Mais und 60 Tsd. Tonnen Sojaohnen nach China exportiert.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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