Wachstumssorgen in China belasten die Märkte
01.06.2010 | Eugen Weinberg
Energie
Der WTI-Ölpreis fällt am Morgen über einen US-Dollar unter die Marke von 73 USD je Barrel. Der deutlich festere US-Dollar sorgt für starken Gegenwind. Zudem führt der stärker als erwartet ausgefallene Rückgang des chinesischen Einkaufsmanagerindex zu Besorgnis, dass sich die Wachstumsdynamik und damit auch die Ölnachfrage im Reich der Mitte abschwächen könnte. Die ungebremste Ölnachfrage Chinas und auch Indiens war die tragende Säule des Wachstums der weltweiten Ölnachfrage in den vergangenen Monaten. Bis jetzt ist keine Abschwächung der Ölnachfrage in diesen beiden Ländern festzustellen.
Nachdem schon die chinesischen Ölimporte im April auf 21,2 Mio. Tonnen gestiegen sind und damit fast den Rekordwert von Dezember 2009 erreichten, meldet auch Indien im April einen Anstieg seiner Rohölimporte um 6,6% auf 11,7 Mio. Tonnen. Auf eine starke Nachfrage in Asien deuten auch die russischen Ölexporte hin. Die russischen Öllieferungen aus dem pazifischen Hafen Kozmino sollen im Juni um 3,3% gegenüber dem Vormonat auf 45 Tsd. Tonnen (315 Tsd. Barrel) pro Tag steigen. Dagegen sollen die Exporte aus vier Häfen an der Ostsee und dem Schwarzen Meer um 1,2% auf 2,61 Mio. Barrel pro Tag zurückgehen.
Ein Rückgang des ISM-Index in den USA könnte am Nachmittag für weiteren Abgabedruck sorgen. Mit dem vergangenen Wochenende hat in den USA die Sommerfahrsaison begonnen. Der Fokus dürfte sich daher verstärkt auf die Benzinvorräte richten. Diese befinden sich trotz eines leichten Rückgangs in den vergangenen Wochen noch immer auf einem hohen Niveau. Aufgrund des gestrigen US-Feiertages werden die US-Lagerdaten mit einem Tag Verzögerung veröffentlicht.
Edelmetalle
Der Preis für eine Feinunze Gold notiert am Morgen bei 1.224 USD leicht im Plus. In Euro ausgedrückt konnte der Goldpreis wieder die psychologisch wichtige Marke von 1.000 EUR überschreiten. Gestützt wird Gold weiterhin von der Schuldenkrise im Euroraum. So vermeldete die EZB gestern, dass europäischen Banken in den nächsten 18 Monaten zusätzliche Abschreibungen bis zu einer Höhe von 200 Mrd. Euro drohen. Das ungewisse Ausmaß und der weitere Verlauf der Krise erhöhen die Nachfrage nach Gold als "sicherer Hafen". Allerdings haben sich die Netto-Long Positionen der spekulativen Finanzanleger zuletzt etwas reduziert und auch die Bestände in dem weltgrößten Gold ETF, SPDR Gold Trust, sind in den letzten Tagen nicht mehr weiter gestiegen.
Der Palladiumpreis fällt am Morgen auf 455 USD und liegt somit knapp 3% im Minus. Mit einem Minus von 14,5% verzeichnete Palladium im Mai den stärksten monatlichen Rückgang seit September 2008. Spekulative Finanzanleger haben ihre Netto-Long-Positionen in den zwei Wochen bis zum 25. Mai um knapp 4 Tsd. auf 12.308 Kontrakte reduziert; dem niedrigsten Stand seit Anfang Februar. Das entspricht einer Menge von knapp 400 Tsd. Unzen und ist für den relativ kleinen Palladiummarkt eine preisbeinflussende Entwicklung. Die Palladium-ETFs verzeichneten im selben Zeitraum lediglich Zuflüsse von 50 Tsd. Unzen.
Industriemetalle
Der Handel an den Metallmärkten dürfte in den nächsten Tagen vor allem von Nachrichten aus China bestimmt werden. Der leichte Rückgang des chinesischen Einkaufsmanagerindex im Mai von 55,7 auf 53,9 war zwar etwas stärker als erwartet, zeigt allerdings weiterhin eine wirtschaftliche Expansion an. Die Notwendigkeit einer weiteren geldpolitischen Straffung besteht daher fort. Die Wirtschaftsdynamik dürfte sich im restlichen Jahr verlangsamen, was die Märkte bereits jetzt vorwegnehmen. Auch bleibt das Risiko einer Überhitzung im Immobiliensektor in China, was sowohl den Privat- als auch den Bankensektor belasten würde. Der Rückgang der Metallpreise in China belastet heute auch den LME-Handel, wobei die Preise für Kupfer, Nickel, Blei und Zink um 3-4% fallen.
Der im Zuge der steigenden Risikoaversion erstarkte US-Dollar belastet zusätzlich. Die von uns erwartete vorübergehende technische Erholung nach den starken Verlusten zwischen Mitte April und Mitte Mai scheint schon wieder zu Ende zu sein. Allerdings bleibt die Liquiditätssituation weiterhin sehr günstig, was die Märkte vor weiteren starken Verlusten schützen sollte. Auch bleiben die Langfristinvestoren dem Rohstoffsektor treu. Heute berichtet die FT, dass der zweitgrößte US-Pensionsfonds CalSTRS überlegt, in Rohstoffe anzulegen. Wir sind der Auffassung, dass das "long-only" Engagement langfristig orientierter institutioneller Anleger in den letzten Jahren zu einem Anstieg der Rohstoffpreise maßgeblich beigetragen hat.
Agrarrohstoffe
Der Preis für europäischen Weizen an der Pariser Börse, der seit März spürbar zulegen konnte, gab in den letzten 10 Tagen um 4% nach und notiert im Novemberkontrakt nun bei 141 EUR je Tonne. Während in den Vorwochen zu trockene Witterung in weiten Teilen Mitteleuropas die Furcht vor Beeinträchtigungen des Pflanzenwachstums schürte, führten die Regenfälle der letzten Tage zu einer Entspannung. Hinzu kommt, dass der Export von EU-Weizen zwar von der Euroschwäche profitiert, aber dennoch starker Konkurrenz, insbesondere aus der Schwarzmeerregion, ausgesetzt ist. Dies belegte gerade wieder die Tatsache, dass Ägypten bei seiner jüngsten Bestellung Russland den Zuschlag gab. Ägypten ist auf dem stark fragmentierten Weltmarkt für Weizen der größte Importeur.
Bei Zucker belasten immer neue hohe Produktionsschätzungen die Preise weiter. So hat nun auch der große Zuckerhändler Kingsman seine Prognose für den in 2010/11 (in diesem Fall ab April) zu erwartenden Marktüberschuss von 4 auf knapp 5,2 Mio. Tonnen angehoben. Die indische Ernte wird dabei auf 24 Mio. Tonnen nach 18,5 Mio. Tonnen im Vorjahr geschätzt. Diese Einschätzung deckt sich mit der des indischen Landwirtschaftsministers und des Vorsitzenden der indischen Zuckermühlenvereinigung. Damit könnte Indien im kommenden Jahr erstmals seit drei Jahren wieder zu einem Netto-Exporteur werden.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der WTI-Ölpreis fällt am Morgen über einen US-Dollar unter die Marke von 73 USD je Barrel. Der deutlich festere US-Dollar sorgt für starken Gegenwind. Zudem führt der stärker als erwartet ausgefallene Rückgang des chinesischen Einkaufsmanagerindex zu Besorgnis, dass sich die Wachstumsdynamik und damit auch die Ölnachfrage im Reich der Mitte abschwächen könnte. Die ungebremste Ölnachfrage Chinas und auch Indiens war die tragende Säule des Wachstums der weltweiten Ölnachfrage in den vergangenen Monaten. Bis jetzt ist keine Abschwächung der Ölnachfrage in diesen beiden Ländern festzustellen.
Nachdem schon die chinesischen Ölimporte im April auf 21,2 Mio. Tonnen gestiegen sind und damit fast den Rekordwert von Dezember 2009 erreichten, meldet auch Indien im April einen Anstieg seiner Rohölimporte um 6,6% auf 11,7 Mio. Tonnen. Auf eine starke Nachfrage in Asien deuten auch die russischen Ölexporte hin. Die russischen Öllieferungen aus dem pazifischen Hafen Kozmino sollen im Juni um 3,3% gegenüber dem Vormonat auf 45 Tsd. Tonnen (315 Tsd. Barrel) pro Tag steigen. Dagegen sollen die Exporte aus vier Häfen an der Ostsee und dem Schwarzen Meer um 1,2% auf 2,61 Mio. Barrel pro Tag zurückgehen.
Ein Rückgang des ISM-Index in den USA könnte am Nachmittag für weiteren Abgabedruck sorgen. Mit dem vergangenen Wochenende hat in den USA die Sommerfahrsaison begonnen. Der Fokus dürfte sich daher verstärkt auf die Benzinvorräte richten. Diese befinden sich trotz eines leichten Rückgangs in den vergangenen Wochen noch immer auf einem hohen Niveau. Aufgrund des gestrigen US-Feiertages werden die US-Lagerdaten mit einem Tag Verzögerung veröffentlicht.
Edelmetalle
Der Preis für eine Feinunze Gold notiert am Morgen bei 1.224 USD leicht im Plus. In Euro ausgedrückt konnte der Goldpreis wieder die psychologisch wichtige Marke von 1.000 EUR überschreiten. Gestützt wird Gold weiterhin von der Schuldenkrise im Euroraum. So vermeldete die EZB gestern, dass europäischen Banken in den nächsten 18 Monaten zusätzliche Abschreibungen bis zu einer Höhe von 200 Mrd. Euro drohen. Das ungewisse Ausmaß und der weitere Verlauf der Krise erhöhen die Nachfrage nach Gold als "sicherer Hafen". Allerdings haben sich die Netto-Long Positionen der spekulativen Finanzanleger zuletzt etwas reduziert und auch die Bestände in dem weltgrößten Gold ETF, SPDR Gold Trust, sind in den letzten Tagen nicht mehr weiter gestiegen.
Der Palladiumpreis fällt am Morgen auf 455 USD und liegt somit knapp 3% im Minus. Mit einem Minus von 14,5% verzeichnete Palladium im Mai den stärksten monatlichen Rückgang seit September 2008. Spekulative Finanzanleger haben ihre Netto-Long-Positionen in den zwei Wochen bis zum 25. Mai um knapp 4 Tsd. auf 12.308 Kontrakte reduziert; dem niedrigsten Stand seit Anfang Februar. Das entspricht einer Menge von knapp 400 Tsd. Unzen und ist für den relativ kleinen Palladiummarkt eine preisbeinflussende Entwicklung. Die Palladium-ETFs verzeichneten im selben Zeitraum lediglich Zuflüsse von 50 Tsd. Unzen.
Industriemetalle
Der Handel an den Metallmärkten dürfte in den nächsten Tagen vor allem von Nachrichten aus China bestimmt werden. Der leichte Rückgang des chinesischen Einkaufsmanagerindex im Mai von 55,7 auf 53,9 war zwar etwas stärker als erwartet, zeigt allerdings weiterhin eine wirtschaftliche Expansion an. Die Notwendigkeit einer weiteren geldpolitischen Straffung besteht daher fort. Die Wirtschaftsdynamik dürfte sich im restlichen Jahr verlangsamen, was die Märkte bereits jetzt vorwegnehmen. Auch bleibt das Risiko einer Überhitzung im Immobiliensektor in China, was sowohl den Privat- als auch den Bankensektor belasten würde. Der Rückgang der Metallpreise in China belastet heute auch den LME-Handel, wobei die Preise für Kupfer, Nickel, Blei und Zink um 3-4% fallen.
Der im Zuge der steigenden Risikoaversion erstarkte US-Dollar belastet zusätzlich. Die von uns erwartete vorübergehende technische Erholung nach den starken Verlusten zwischen Mitte April und Mitte Mai scheint schon wieder zu Ende zu sein. Allerdings bleibt die Liquiditätssituation weiterhin sehr günstig, was die Märkte vor weiteren starken Verlusten schützen sollte. Auch bleiben die Langfristinvestoren dem Rohstoffsektor treu. Heute berichtet die FT, dass der zweitgrößte US-Pensionsfonds CalSTRS überlegt, in Rohstoffe anzulegen. Wir sind der Auffassung, dass das "long-only" Engagement langfristig orientierter institutioneller Anleger in den letzten Jahren zu einem Anstieg der Rohstoffpreise maßgeblich beigetragen hat.
Agrarrohstoffe
Der Preis für europäischen Weizen an der Pariser Börse, der seit März spürbar zulegen konnte, gab in den letzten 10 Tagen um 4% nach und notiert im Novemberkontrakt nun bei 141 EUR je Tonne. Während in den Vorwochen zu trockene Witterung in weiten Teilen Mitteleuropas die Furcht vor Beeinträchtigungen des Pflanzenwachstums schürte, führten die Regenfälle der letzten Tage zu einer Entspannung. Hinzu kommt, dass der Export von EU-Weizen zwar von der Euroschwäche profitiert, aber dennoch starker Konkurrenz, insbesondere aus der Schwarzmeerregion, ausgesetzt ist. Dies belegte gerade wieder die Tatsache, dass Ägypten bei seiner jüngsten Bestellung Russland den Zuschlag gab. Ägypten ist auf dem stark fragmentierten Weltmarkt für Weizen der größte Importeur.
Bei Zucker belasten immer neue hohe Produktionsschätzungen die Preise weiter. So hat nun auch der große Zuckerhändler Kingsman seine Prognose für den in 2010/11 (in diesem Fall ab April) zu erwartenden Marktüberschuss von 4 auf knapp 5,2 Mio. Tonnen angehoben. Die indische Ernte wird dabei auf 24 Mio. Tonnen nach 18,5 Mio. Tonnen im Vorjahr geschätzt. Diese Einschätzung deckt sich mit der des indischen Landwirtschaftsministers und des Vorsitzenden der indischen Zuckermühlenvereinigung. Damit könnte Indien im kommenden Jahr erstmals seit drei Jahren wieder zu einem Netto-Exporteur werden.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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