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Achterbahnfahrt beim Ölpreis

02.06.2010  |  Eugen Weinberg
Energie

Der WTI-Ölpreis war gestern von einer hohen Volatilität gekennzeichnet. Nachdem der Preis innerhalb weniger Stunden zwischen 72 bis 75 USD je Barrel schwankte, ging er schließlich nahe den Tagestiefständen aus dem Handel. Erneut waren es die Aktien- und Devisenmärkte, welche die Richtung für den Ölmarkt vorgaben. Fundamentale Nachrichten, welche diese Fluktuation erklären können, gab es dagegen nicht. Die Rohöllagerbestände sollen in der vergangenen Woche um 500 Tsd. Barrel gesunken sein.

Die heute Abend und morgen Nachmittag zur Veröffentlichung anstehenden US-Lagerdaten vom API und DOE könnten die Preise damit unterstützen. Dies gilt insbesondere, sollte sich der Rückgang der Lagerbestände in Cushing fortgesetzt haben. Mit dem Beginn der Sommerfahrsaison am vergangenen Wochenende und dem dadurch bedingten Anziehen der Benzinnachfrage dürften die Benzinlagerbestände in den kommenden Wochen weiter zurückgehen, was sich in einer höheren Auslastung der Raffinerien niederschlagen sollte. Dem steht allerdings ein weiter steigendes Angebot an Rohöl gegenüber. Die Förderdisziplin der OPEC ist im Mai bereits unter 50% gefallen. Die Ölexporte Nigerias sollen im Juli vorläufigen Angaben zufolge auf 2,18 Mio. Barrel pro Tag steigen, was ein Anstieg um 12% gegenüber dem Vormonat bedeuten würde.

Nigeria gehört zu den OPEC-Ländern, welche ihre individuelle Förderquote (1,67 Mio. Barrel pro Tag) bereits am stärksten übertreffen. Auch außerhalb der OPEC wird die Produktion weiter ausgeweitet. Aserbaidschan will die Ölproduktion in diesem Jahr um 4,2% auf 52,5 Mio. Tonnen (1,05 Mio. Barrel pro Tag) steigern. Knapp 90% davon sollen in den Export gehen. Von daher sind dem Ölpreis trotz anziehender Nachfrage Grenzen gesetzt.


Edelmetalle

Nachdem der Goldpreis gestern den stärksten Preisanstieg seit dem 25. Mai verbuchen konnte, notiert er am Morgen bei 1.224 USD je Feinunze nahezu unverändert. In Euro ausgedrückt konnte der Goldpreis bis auf 1.010 EUR je Feinunze stiegen und somit fast wieder das Allzeithoch von Mitte Mai erreichen. Gold wird weiterhin als "sicherer Hafen" nachgefragt. Die Goldbestände von SPDR Gold Trust verzeichneten gestern erneut leichte Zuflüsse und erreichten mit 1.268,2 Tonnen einen neuen Rekordwert. Auch die Nachfrage nach Goldmünzen zieht spürbar an. So vermeldete die amerikanische Münzanstalt US Mint mit 190 Tsd. verkauften American Eagle 1-Unzen-Münzen im Mai den höchsten Monatsabsatz seit Januar 1999. Die Goldverkäufe des IWF können den Markt dagegen nicht belasten, was ebenfalls ein positives Zeichen ist.

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Die Goldbestände des IWF sanken im April nach eigenen Angaben um 15,1 Tonnen auf 2.966,5 Tonnen. Im Februar und März hatte der IWF bereits 5,6 Tonnen bzw. 18,5 Tonnen Gold über den Markt veräußert. Damit stehen insgesamt noch 152,1 Tonnen IWF-Gold zum Verkauf. Gleichzeitig gibt der IWF an, dass die russischen Goldreserven um 5 Tonnen auf 668,7 Tonnen gestiegen sind. Die Zentralbanken treten in den letzten Jahren mehr und mehr als Käufer auf, nachdem sie zuvor den Markt mit ihren Verkäufen belastet hatten.


Industriemetalle

Der Abwärtstrend bei Metallen hält vorerst an. Der LME-Nickelpreis fällt heute erstmals seit Februar unter 20000 USD je Tonne. In den letzten Monaten war der Nickelpreis durch eine anziehende Edelstahlnachfrage und anhaltende Streiks in den Produktionsanlagen in Kanada gut unterstützt. Diese führten zu einem Rückgang der LME-Lagerbestände für Nickel um knapp 30 Tsd. Tonnen bzw. 17% seit Mitte Februar. Im Moment jedoch stehen vor allem die Sorgen um das Wachstum in China und die steigende Risikoaversion im Vordergrund. Auch gute Zahlen werden negativ interpretiert, weil sich die Stimmung offensichtlich gedreht hat. So wurde die Nachricht vom chinesischen Autoverband, dass in China im Mai 25% mehr Autos als im Vorjahr zugelassen wurden, negativ aufgenommen, weil im April das Wachstum noch 34% betragen hatte.

Die chinesischen Behörden wollen künftig die Kontrollen in der Minenproduktion von sog. Seltenen Erden wie Yttrium, Lanthan und Scandium weiter verschärfen und die Förderung auf nur wenige staatliche Unternehmen einschränken. Bereits jetzt entfallen auf China rund 97% der weltweiten Produktion dieser Metalle, wobei deren Exporte aus China eingeschränkt sind. Die WTO hat die chinesischen Exporteinschränkungen für viele Rohstoffgruppen hinterfragt. Die EU, die USA und Mexiko haben bei der WTO eine Beschwerde eingereicht, wonach die bestehenden Regeln den chinesischen Unternehmen einen unfairen Vorteil verschaffen.


Agrarrohstoffe

Der Erntefortschrittsbericht des USDA bestätigt, dass 85% der Maisaussaat in den USA bereits aufgegangen sind. Dies liegt deutlich über den 71% des Vorjahres und in etwa auf dem Niveau der vorangegangenen fünf Jahre. Auch bei Sojabohnen kommt die Aussaat schneller voran als im letzten Jahr und ist bereits zu drei Vierteln abgeschlossen. Knapp die Hälfte der Saat ist bereits aufgegangen. Beides entspricht in etwa dem langjährigen Durchschnitt. Auch die Baumwollaussaat liegt mit 79% im Soll. Gleiches gilt für Gerste und Sommerweizen und für das Wachstum des Winterweizens. Bei diesem liegt auch der Qualitätszustand deutlich über dem des Vorjahres: Der Zustand von 65% des Winterweizens wird als gut oder exzellent beschrieben, im Vorjahr waren es nur 45%. Die Maispflanzen sind zu 76% in einem guten oder gar exzellenten Zustand, leicht über dem Vorjahreswert.

Anders als im Vorjahr kommt vom Verlauf der Aussaat und der bisherigen Pflanzenentwicklung bisher also keine Unruhe in den Markt. Vielmehr drückt sie die Preise, insbesondere wenn ein positiver Wetterausblick und ein negatives Gesamtumfeld an den Börsen hinzukommen. So sank der Maispreis gestern auf ein Fünf-Wochen-Tief. Auch Weizen notiert so niedrig wie zuletzt Ende März. Wir erwarten allerdings, dass die Nachfrage insbesondere nach Mais anzieht, was sich ebenso wie kommende Unsicherheiten über den weiteren Entwicklungs- und den späteren Ernteverlauf in höheren Preisen ausdrücken sollte.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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