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The Unreal Estate

17.12.2002  |  Uwe Warmbein
Das Wort Real Estate bezeichnet im amerikanischen Sprachgebrauch 'Immobilien' im Allgemeinen. Seinen Ursprung dürfte diese Bezeichnung in der wörtlichen Übersetzung haben. Estate bedeutet 'Gut' - also 'Wirkliches Gut'.

Diese Bedeutung wird auch die Triebkraft vieler Investoren sein, die nach den Enttäuschungen am Aktienmarkt sich anderen Anlageformen zuwenden. In den Köpfen gilt eine Immobilie noch etwas, ist es doch ein wirkliches Gut - zum Anfassen und nicht so flüchtig wie der Wert einer Aktie. Dass der Immobilienmarkt ebenso dem sogenannten Schweinezyklus unterworfen ist, geht in der Erfahrungswelt vieler Menschen völlig unter, existiert doch das diffuse Gefühl, dass Immobilien früher immer billiger waren und - da Grund und Boden nicht vermehrbar ist - auch über die Jahre an Wert zunehmen werden.

Dieser Erfahrungshintergrund ist eng gekoppelt mit den Lebenserfahrungen eines jeden Einzelnen. Sieht man sich einmal die Entwicklung der amerikanischen Immobilienpreise an, möchte man meinen - na klar, es ist ja auch so.

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'Ich habe in meinem Leben diese Erfahrung gemacht - also ist es auch ein Naturgesetz.' Natürlich ist dies kein Naturgesetz. Wie jede Ware entwickelt sich auch der Aktienmarkt im Wechsel von Angebot und Nachfrage.

Der Aktienmarkt ist gekippt, weil niemand mehr die Mondpreise bei Aktien bezahlen wollte und die Verkäuferseite größer war als die Käuferseite. So - und genau so - wird es sich am Immobilienmarkt abspielen. Ein normales Einfamilienhaus kostet mittlerweile 220.000$ (im Durchschnitt wohlgemerkt). Kommt noch das Grundstück hinzu, dann kann man sich leicht ausrechnen, dass viele Käufer bis an den Rand des finanziell Möglichen gehen.

Finanzierungsinstitute wittern in solchen Boom-Zeiten das große Geschäft und so manche Immobilie ist mit Sicherheit nicht solide finanziert. Da drückt man schon mal ein Auge zu bei der Bonität des Kunden, es winkt ja eine stattliche Provision. Da wird dann locker in den Wirtschaftlichkeits-berechnungen die durchschnittliche Steigerungsrate der Immobilienpreise der letzten 30 Jahre in die Zukunft hochgerechnet und der naive Käufer glaubt es nur zu gerne, will er doch unbedingt eigene vier Wände besitzen. Das aufzubringende Eigenkapital wird so niedrig wie möglich angesetzt, denn die Zinsen sind ja niedrig wie schon lange nicht mehr. In der Regel wählt man bei Immobilienfinanzierungen eine Zinsfestschreibung von 10 Jahren bei einer Laufzeit des Kredits von 25-30 Jahren. Somit sind die Zins- und Tilgungsraten einigermaßen erträglich.

Die wenigsten Wirtschaftlichkeitsberechnungen einer Immobilie enthalten Angaben über den 10-Jahreszeitraum hinaus. Dann läuft nämlich die Zinsbindung aus und der Hausbesitzer muss mit der Bank neu verhandeln. Maßgeblich ist dann aber der zur dieser Zeit existierende Zinssatz.

Da die Hypothekenzinsen seit längerer Zeit auf historischen Tiefständen stehen, ist es wahrscheinlich, dass bei Anschlussfinanzierungen ein höherer Zins bezahlt werden muss als ursprünglich. War die Finanzierung ausgeknautscht' oder hat ein Familienmitglied mittlerweile den Arbeitsplatz verloren, ist das Häuschen dann nicht mehr zu halten. Es kommt per Versteigerung auf den Markt.

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Eine andere beliebte Art der Finanzierung neben dem Annuitätendarlehen (Zins+Tilgung) ist die Variante mit Tilgungsaussetzung. Der Hausbesitzer zahlt während der Laufzeit des Kredites lediglich die Zinsen an die Bank. Die Tilgung der Kreditsumme erfolgt am Laufzeitende des Kreditvertrages mittels einer Lebensversicherung. Diese Lebensversicherung muss natürlich auch monatlich bedient werden, rechnet sich aber in vielen Fällen günstiger, weil die Versicherungen mit einer sogenannten Ablaufleistung rechnen. Diese Ablaufleistung wird jedoch von keiner Versicherungsgesellschaft garantiert.

Beispiel: Kreditsumme ist gleich 200.000$. Dann benötigt der Käufer nur eine Lebensversicherung von z.B. 150.000$, weil die Versicherungsgesellschafft mit der Zeit Erträge erwirtschaftet, die dann als zusätzliche Ablaufleistung hinzugerechnet werden und man hat dann seine 200.000$, um den Kredit am Fälligkeitstermin abzulösen.

Während der letzten Boom-Phase der Aktienmärkte entstand eine weitere Art der Finanzierung. Die Fondsgebundene Lebensversicherung. Die eingezahlten Beträge wurden in einen Investmentfonds gesteckt, in der Hoffnung, dass sich die Ablaufleistung noch mehr erhöht und somit sich das für die Immobilienfinanzierung eingesetzte Kapital noch weiter reduzieren lässt.




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