Banken- und Verschuldungskrise im Juni 2010
15.06.2010 | Mack & Weise
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Ohne dass der Knall die auf dem angelsächsischen Auge blinden Ratingagenturen hätte wecken können, durchbrach am 01.06.2010 die staatliche Gesamtverschuldung der USA die 13-Billionen-USD-Schallmauer. Bis 2019 soll es - beim Versuch der US-Regierung den Urknall zu überholen - nach "Plan" sogar noch mindestens 7 Billionen USD neue Schulden geben, so dass die vage Hoffnung bestehen bleibt, dass die ein oder andere Ratingagentur von ungläubigen Spekulanten wachgerüttelt werden könnte.Mit dem von den USA eingeschlagenen Weg der Schuldenbeschleunigung lässt sich aber möglicherweise doch nicht so viel Zeit erkaufen wie geplant, denn die Realität jenseits der Wall Street ist in den USA jedenfalls eine bittere ... eine ganz bittere!
Während unter Barack Obama der Finanzsektor aus Ruinen auferstand, und der Rüstungssektor den höchsten Etat (692,03 Mrd. USD bzw. ~19% des Staatshaushaltes 2010) friedenstiftend verballern darf, überleben 40,16 Mio. Amerikaner nur noch mit staatlicher Hilfe (Lebensmittelmarken). Wer so ums nackte Überleben kämpft, hat natürlich auch andere Sorgen, als pünktlich Kredite abzustottern. Ein Volumen von über 498 Mrd. USD befand sich per Ende 1. Quartal 2010 mit mehr als 30 Tagen im Zahlungsverzug - ohne Berücksichtigung der ebenso rückständigen Immobilienkredite, die sich ihrerseits auf knapp 238 Mrd. USD summieren!
Allein 333.837 im April "zwangsvollstreckte" Ex-Haus Besitzer und etwa 2,5 Mio. Privathaushalte, die sich derzeit im Zwangsvollstreckungsprozess befinden, künden vom geplatzten "american dream". Nicht steigen wollende Häuserpreise (-3,8% per Ende des 1. Quartals 2010) und aufgestaute Zahlungsrückstände lassen nach Berechnungen von Capital Economics keinen Silberstreif am "Zwangsvollstreckungs-Himmel" erkennen, denn bis 2011 könnten weitere ~3 Mio. Amerikaner ihren Traum vom Haus ... platzen sehen.
Auch lassen äußerst fragwürdige Statistiktricks, z. B. bei der Ermittlung der dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehenden Erwerbsfähigen (Mai: 83,1 Mio. Erwachsene (!), +2,05 Mio. binnen eines Jahres) die Arbeitslosenquote seit Monaten bei 9,7% (14,97 Mio. Arbeitslose) medienwirksam als stabil erscheinen, während sich diese tatsächliche im Bereich von etwa 22% bewegt. Dementsprechend fiel der Anteil der Löhne und Gehälter am verfügbaren Einkommen zum Ende des 1. Quartals 2010 auf nur noch 41,9% (2000: 47,6%), während der Anteil staatlicher Sozialtransfers auf inzwischen 17,9% (2000: 12,1%) anstieg.
Doch "bad news" sind "good news" und so ermittelt das Conference Board im Mai den dritten Monat in Folge einen Anstieg beim Verbrauchervertrauen. Als Arbeitsloser hat man ja offensichtlich auch viel mehr Zeit, um in Ruhe shoppen zu gehen ... und zwar mit dem Geld, das man nicht hat!
Die Masse an Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger überforderte inzwischen bereits 33 bundesstaatlich organisierte Sicherungssysteme, so dass jüngst auch Warren Buffet mit Blick auf die Defizite der US-Bundesstaaten vor einem "schrecklichen Problem" warnte.
So "bezahlt" Kalifornien, immerhin mit einem BIP von 1,84 Billionen USD (2008) größte Einzel-Volkswirtschaft der USA oder achtgrößte der Welt, seit 2009 seine Angestellten oder Lieferanten nicht nur mit Dollars, sondern verstärkt mit Schuldscheinen (I.O.U.), was - aufgepasst liebe PIIGS - die Ratingagentur Moody´s kürzlich mit einer ... Heraufstufung der Kreditwürdigkeit des Landes von Baa1 auf A1 belohnte!
Auch die noch ohne I.O.U. agierende fünftgrößte Volkswirtschaft der USA, der hochverschuldete Bundesstaat Illinois, gilt unter seinen Lieferanten inzwischen als so pleite, dass z.B. die Gefängnisbehörde des Staates Munition und sonstiges Material nur noch gegen Vorkasse geliefert bekommt. Selbst die Parlamentarier des Landes sehen sich wegen ausstehender Mieten für ihre Senats- oder Abgeordnetenbüros inzwischen mit Räumungsklagen konfrontiert, und dürften diese Lage als reale Katastrophe empfinden!
Selbige spielt sich auch außerhalb der Wall Street-Wahrnehmung bei den amerikanischen US-Regionalbanken ab. Bevorzugt an den Wochenenden stellen immer mehr dieser Institute - per 4.6.2010 waren es bereits 81 - ihre eigene Pleite fest. Kein Problem, denn im Land der unbegrenzten Möglichkeiten garantiert die US-Einlagenversicherung FDIC Guthaben von 5,462 Billionen USD (250.000 USD je Konto) seit 3 Quartalen mit ihrer ... eigenen Pleite: -20,717 Mrd. USD! Während aber die FDIC "nur" 775 Problembanken zum 31.03.2010 entdecken konnte, glaubt hingegen Harvard Professorin Elizabeth Warren, "dass bis zu 3.000 mittelgroße Banken [knapp 40% der US-Banken] aufgrund gefährlicher Konzentrationen von Gewerbeimmobilienkrediten ... in ihrer Existenz bedroht sind."
Zusammen mit den erwarteten Verlusten der systemrelevanten Groß- und Investmentbanken, die durch die US-Regierung verstaatlicht oder garantiert wurden, fällt die Gesamtrechnung für die Banken-Vollkasko-Versicherung, die in den nächsten Jahren fällig werden könnte, entsprechend desaströs aus: 23,7 Billionen USD! Think big!
Fast, aber auch nur fast spielt es dann eigentlich schon keine Rolle mehr, dass aus den für 2009 von John Williams (Shadow Government Statistics) ermittelten impliziten ~62 Billionen USD Schulden - als Resultat der Finanzierungslücke in den sozialen Sicherungssystemen - bald zu großen Teilen explizite Schulden werden (müssen), weil die Generation der Baby-Boomer (~79 Mio.) jetzt anfängt, in Rente zu gehen.
Langsam realisiert US-Notenbank-Chef Ben Bernanke nun die Folgen seiner mit Ehrungen überhäuften Entscheidungen, glaubt er doch, dass "die Vereinigten Staaten bald einer Staatsschuldenkrise ähnlich derjenigen in Griechenland ausgesetzt sein könnten." Spätestens wenn er seine Drohung vom 25.02.2010 wahr macht und sich weigert, die weitere Staatsverschuldung zu finanzieren, werden auch die heutigen "Euro-Flüchtlinge" bemerken, dass die USA in den letzten Jahren, wie es US-Nobelpreisträger Paul Krugman bereits 2008 formulierte, zu einer "Bananen-Republik mit Atomwaffen" verkommen sind!
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