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Überangebot am Zinnmarkt dürfte sich verringern

15.06.2010  |  Eugen Weinberg
Energie

Der WTI-Ölpreis notiert bei 75 USD je Barrel, ebenso Brent. Der Ölmarkt zeigt sich somit relativ unbeeindruckt von der gestern Abend bekanntgewordenen Ratingabstufung Griechenlands auf "Ramschstatus" durch Moody's. Offensichtlich lässt der negative Markteinfluss derartiger Meldungen nach. Dennoch sollten Nachrichten wie diese einem weiteren Anstieg des Ölpreises entgegenstehen.

Heute Abend nach Handelsschluss veröffentlicht das American Petroleum Institute die US-Lagerdaten für die vergangene Woche. Die Rohölvorräte sollen dabei die dritte Woche in Folge gefallen sein. Dem erwarteten Rückgang um 1,4 Mio. Barrel steht allerdings ein Lageraufbau von 800 Tsd. Barrel bei den Destillaten und von 500 Tsd. Barrel bei Benzin gegenüber. Mithin käme es wie schon in der Woche zuvor lediglich zu einer Verschiebung unter den Lagerkomponenten, zum einen, weil die Raffinerien die Destillatebestände für die nächste Heizsaison auffüllen, zum anderen weil sie in Erwartung einer anziehenden Benzinnachfrage die Benzinproduktion hochfahren. Bislang ist von einer anziehenden Benzinnachfrage in den USA freilich noch nichts zu erkennen.

In den vier Wochen zum 4. Juni lag die Benzinnachfrage laut US-Energieministerium im Durchschnitt 1% niedriger als im Vorjahr. Der US-Erdgaspreis hat gestern erstmals seit fast vier Monaten über der Marke von 5 USD je mmBtu geschlossen. Wie bereits gestern erwähnt, dürfte die Schließung von spekulativen Short-Positionen für den Preisanstieg verantwortlich sein. Dieser Prozess kann durchaus noch anhalten. Denn durch den Preisanstieg drohen nun auch Short-Positionen "unter Wasser" zu geraten, welche Anfang 2010 bei Preisen oberhalb von 5 USD eingegangen worden sind.


Edelmetalle

Gold notiert nach dem gestrigen Rückgang wenig verändert bei 1.220 USD je Feinunze. Die besser als erwartet ausgefallene EU-Industrieproduktion und der daraufhin festere Euro ließen den Goldpreis zwischenzeitlich unter die Marke von 1.000 EUR je Feinunze fallen. Diese Entwicklung sollte sich allerdings als kurzfristig herausstellen. So stufte die Ratingagentur Moody’s das Rating für griechische Anleihen um vier Stufen auf "Ramschstatus" herab. Gleichzeitig bestehen weiterhin Sorgen über den Zustand des spanischen Bankensektors. Gestern wurde ein Papier der San Francisco Fed veröffentlicht, wonach die erste Fed-Zinserhöhung nicht vor Anfang 2012 kommen wird.

Die japanische Notenbank hat heute ein Kreditvergabemechanismus zur Industrieförderung beschlossen, welcher zu einem Festzins von 0,1% bis März 2012 laufen soll. Da auch von der EZB angesichts der Schuldenkrise auf absehbare Zeit keine Zinserhöhung zu erwarten ist, bleibt die Nullzinspolitik der großen Zentralbanken somit möglicherweise noch deutlich länger bestehen als bislang erwartet. Die ultralockere Geldpolitik seitens der Währungshüter schürt zumindest langfristig Inflationssorgen. Zudem bleiben die Opportunitätskosten der Goldhaltung niedrig, was die Nachfrage nach Gold zusätzlich beflügeln sollte.

Platin und Palladium profitieren von der verringerten Risikoaversion, positiven Konjunkturdaten und werden zudem von den steigenden Industriemetallen mitgezogen.


Industriemetalle

Nach einem starken Wochenauftakt mit Preiszugewinnen von bis zu 4% legen die Metallpreise heute Morgen eine Verschnaufpause in ihrer Aufwärtsbewegung ein und geben in der Breite leicht nach. Der weltweit größte Zinnexporteur, Indonesien, berichtet für Mai einen weiteren Rückgang seiner Zinnausfuhren auf 7.333 Tonnen. Gemäß Angaben des indonesischen Handelsministeriums entspricht dies einem Rückgang von 7,5% gegenüber dem Vormonat bzw. 25% im Vergleich zum Vorjahr. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres wurden mit 35.234 Tonnen 16% weniger Zinn als noch vor einem Jahr exportiert. Dies ist in erster Linie auf einen Rückgang der lokalen Zinnproduktion zurückzuführen. Hier machen sich die Bemühungen der indonesischen Regierung bemerkbar, die illegale Produktion in zahlreichen kleinen Zinnminen einzudämmen. Der Zinnmarkt befand sich im letzten Jahr in einem deutlichen Angebotsüberschuss, dieser könnte sich jedoch im laufenden Jahr merklich reduzieren, sollte die Produktion in Indonesien weiter zurückgehen. Der Zinnpreis dürfte davon profitieren.

Die gestern berichteten Rohstofffunde in Afghanistan im Wert von möglicherweise 1 Bio. USD sollten nicht überbewertet werden. Die Erschließung neuer Vorkommen dauert in der Regel mehrere Jahre und wird durch die schwierige Sicherheitslage im Land erschwert. Zudem muss eine lokale Minenindustrie erst noch aufgebaut werden. Es dürften daher noch Jahrzehnte vergehen, bevor Rohstoffe in nennenswerten Größen abgebaut werden können.

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Agrarrohstoffe

Während Mais und Weizen in den letzten fünf Tagen jeweils um etwa 4% im Preis steigen konnten, war der Ansteig bei Sojabohnen nur halb so stark. Bei Mais half, dass die US-Regierung ihre Schätzung für den Maisverbrauch zur Ethanolherstellung zuletzt leicht auf 4,7 Mrd. Scheffel angehoben hat, ein Plus von 3,3% gegenüber dem Vorjahr. Allerdings gaben die Preise nach der gestrigen Veröffentlichung des wöchentlichen USDA-Erntefortschrittsberichts nach, der den guten Zustand der Maispflanzen in den US-Anbaugebieten bestätigte. Der Weizenpreis wurde zuletzt durch Meldungen über eine um 9% niedrigere Sommerweizenfläche in Kanada positiv beeinflusst, ebenso durch die nasse Witterung in wichtigen Anbaugebieten der USA, durch die die Ernte bisher etwas langsamer als im langjährigen Durchschnitt vorankommt.

Der Zustand der US-Weizenpflanzen allerdings ist gegenüber der Vorwoche unverändert gut, weit besser als im Vorjahr. Auch der Zustand der US-Sojabohnenpflanzen ist trotz marginaler Herabstufung gegenüber der Vorwoche deutlich besser als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Die guten Ernteaussichten, die dies zum gegenwärtigen Zeitpunkt impliziert, lässt die Preise auf ihrem Niveau um 9,50 USD je Scheffel verharren und haben dazu geführt, dass die spekulativen Finanzanleger nun erstmals seit Herbst 2006 mehrheitlich auf sinkende Preise setzen, d.h. Netto-Short-Positionen bestehen. Diese starke Fixierung auf die Angebotsseite dürfte unseres Erachtens nicht von Dauer sein.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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