Gold als Fels in der Brandung
30.06.2010 | Eugen Weinberg
Energie
Gestern kam es im Zuge schwacher Aktienmärkte, einem schlechter als erwartet ausgefallenen US-Verbrauchervertrauen und einer deutlich gestiegenen Risikoaversion zu einem Ausverkauf an den Rohstoffmärkten. Der WTI-Ölpreis gab im Zuge dessen im Tagesverlauf 3% auf 76 USD je Barrel nach, wobei er zwischenzeitlich sogar bis auf 75,3 USD je Barrel gefallen war.
Unterstützung erhält der Ölpreis von den gestern nach Handelsschluss veröffentlichten US-Lagerdaten. Das American Petroleum Institute berichtete erstmals seit drei Wochen wieder einen Lagerabbau bei Rohöl, welcher mit 3,4 Mio. Barrel deutlich stärker ausfiel als erwartet. Grund hierfür waren rückläufige Importe, die sich nach dem starken Anstieg in der Vorwoche normalisiert haben.
Auch die Lagerbestände in Cushing fielen mit 1,9 Mio. Barrel deutlich. Negativ anzumerken sind allerdings der Rückgang der Raffinerieauslastung und der Anstieg der Destillatebestände um knapp 4 Mio. Barrel. Heute Nachmittag veröffentlicht das US-Energieministerium die offiziellen Daten. Diese könnten den Preisrückgang bremsen, sollten sie ebenfalls einen deutlichen Lagerabbau ausweisen.
Einer Reuters-Umfrage zufolge sinkt das OPEC-Angebot im Juni um 190 Tsd. auf 29,1 Mio. Barrel pro Tag. Die Quotenerfüllung verbesserte sich um vier Prozentpunkte auf 55%. Hauptgrund hierfür sind niedrigere Lieferungen Nigerias infolge eines Lecks in einer Ölleitung. Der Produktionsrückgang kann daher nicht als Indiz einer besseren Förderdisziplin gewertet werden. Die an die Quoten gebundenen OPEC-Länder fördern zudem noch immer 1,9 Mio. Barrel pro Tag mehr als vorgesehen.
Edelmetalle
Der Goldpreis konnte sich gestern dem Ausverkauf an den Rohstoffmärkten weitgehend entziehen und nahezu unverändert knapp über der Marke von 1.240 USD je Feinunze schließen. Einem deutlichen Preisanstieg stand ein erneut fester US-Dollar entgegen. Die merklich gestiegene Risikoaversion unter den Marktteilnehmern im Zuge schwacher Aktien- und Rohstoffmärkte spiegelt sich in neuen Zuflüssen in den SPDR Gold Trust wider. Der weltweit größte börsennotierte Goldfonds hat gestern seine Bestände um mehr als 4 Tonnen auf einen abermaligen Rekordwert von über 1.320 Tonnen ausgebaut.
Für Nervosität unter den Marktteilnehmern könnte der morgen auslaufende 1-Jahres-Tender der EZB in Höhe von 442 Mrd. Euro sorgen. Die Möglichkeit dieser langfristigen günstigen Refinanzierung wird damit beendet. Gold dürfte daher als "sicherer Hafen" zunächst gefragt bleiben. Dem entgegen steht allerdings eine saisonal bedingte schwache Goldnachfrage aus Indien, dem weltweit größten Goldimporteur.
Die Bombay Bullion Association (BBA) schätzt, dass die Goldimporte im Juni 75% unter Vorjahr liegen könnten. Dies ist neben dem Ende der Hochzeitssaison auch auf das höhere Preisniveau zurückzuführen. In den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres wurden 131 Tonnen Gold importiert, ein Plus von 30% gegenüber Vorjahr. Mit einem erneuten Anziehen der Goldeinfuhren ist laut BBA erst wieder ab August zu rechnen.
Industriemetalle
Die Metallpreise können sich heute Morgen zunächst etwas erholen. Gestern kam es im Zuge schwacher Aktienmärkte, schlechter als erwartet ausgefallener US-Konjunkturdaten und einer deutlich gestiegenen Risikoaversion zu einem Ausverkauf bei den Metallen. Nickel, Zink und Blei mussten allesamt Verluste von über 7% verkraften. Aber auch die anderen Industriemetalle verzeichneten hohe Preisrückgänge. Die Risikoaversion scheint wieder die Oberhand gewonnen zu haben.
Da die asiatischen Aktienmärkte erneut im Minus notieren, könnte es zu wiederholtem Druck auf die Rohstoffpreise im Allgemeinen und die Industriemetalle im Speziellen kommen. Neben den schwachen Aktienmärkten mahnt bereits seit einiger Zeit ein weiterer Vorlaufindikator zur Vorsicht und vor übertriebenem Optimismus. Der Baltic Dry Index, der die Frachtraten für Trockenguttransporte auf 22 Frachtrouten misst, ist seit mehr als vier Wochen ununterbrochen auf den niedrigsten Stand seit Anfang Oktober gefallen. Von seinem Zwischenhoch Ende Mai hat dieser mittlerweile rund 42% verloren.
Vor allem ein Rückgang der Volumina bei Eisenerz und Kohle zwischen Brasilien und China hat zu dieser Entwicklung beigetragen. Dies spiegelt zugleich ein Nachlassen der Importdynamik in China wider. Diese dürfte aufgrund der eingeführten Maßnahmen zur Abkühlung der lokalen Wirtschaft weiter zurückgehen und so den Baltic Dry Index anhaltend belasten.
Agrarrohstoffe
Das durch fallende Aktienmärkte und einen stärkeren US-Dollar geprägte Umfeld belastete gestern die Preise für Agrarrohstoffe. Der Preis für Mais gab auf 3,25 USD je Scheffel nach. So niedrig war der Preis zuletzt im letzten September, als er sogar kurzfristig die Marke von 3 USD je Scheffel erreichte. Heute erscheint der USDA-Bericht zu den tatsächlich bebauten Flächen in den USA. Bei Mais dürfte der Markt bereits eine gegenüber der bisherigen Schätzung des USDA (88,8 Mio. Morgen) größere Fläche eingepreist haben.
Überraschungen in die eine oder andere Richtung könnten die Preise jedoch kurzfristig stark reagieren lassen. Die Einschätzung des für China zuständigen Mitglieds des US Soja-Exportrates, wonach der Import Chinas in der Saison 2010/11 52 Mio. Tonnen (Schätzung USDA: 49 Mio. Tonnen nach 47 Mio. in 2009/10) betragen könnte, erfreut den Markt, da die USA die größte Quelle für Sojaimporte Chinas sind. Gestern hatten besonders die verschlechterten Aussichten für die chinesische Wirtschaftsentwicklung die Getreide- und Sojapreise zusätzlich belastet.
Eine Ausnahme bildete gestern Zucker, dessen Preis um 2,3% stieg. Eine weitere Herabstufung des bisherigen Monsunverlaufs hält die Sorgen um das zu erwartende indische Zuckerangebot im Markt. Während lange ein durchschnittlicher Monsun prognostiziert wurde, lag der bisherige Niederschlag seit Beginn der Monsunsaison Anfang Juni um 15% unter dem Durchschnitt.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Gestern kam es im Zuge schwacher Aktienmärkte, einem schlechter als erwartet ausgefallenen US-Verbrauchervertrauen und einer deutlich gestiegenen Risikoaversion zu einem Ausverkauf an den Rohstoffmärkten. Der WTI-Ölpreis gab im Zuge dessen im Tagesverlauf 3% auf 76 USD je Barrel nach, wobei er zwischenzeitlich sogar bis auf 75,3 USD je Barrel gefallen war.
Unterstützung erhält der Ölpreis von den gestern nach Handelsschluss veröffentlichten US-Lagerdaten. Das American Petroleum Institute berichtete erstmals seit drei Wochen wieder einen Lagerabbau bei Rohöl, welcher mit 3,4 Mio. Barrel deutlich stärker ausfiel als erwartet. Grund hierfür waren rückläufige Importe, die sich nach dem starken Anstieg in der Vorwoche normalisiert haben.
Auch die Lagerbestände in Cushing fielen mit 1,9 Mio. Barrel deutlich. Negativ anzumerken sind allerdings der Rückgang der Raffinerieauslastung und der Anstieg der Destillatebestände um knapp 4 Mio. Barrel. Heute Nachmittag veröffentlicht das US-Energieministerium die offiziellen Daten. Diese könnten den Preisrückgang bremsen, sollten sie ebenfalls einen deutlichen Lagerabbau ausweisen.
Einer Reuters-Umfrage zufolge sinkt das OPEC-Angebot im Juni um 190 Tsd. auf 29,1 Mio. Barrel pro Tag. Die Quotenerfüllung verbesserte sich um vier Prozentpunkte auf 55%. Hauptgrund hierfür sind niedrigere Lieferungen Nigerias infolge eines Lecks in einer Ölleitung. Der Produktionsrückgang kann daher nicht als Indiz einer besseren Förderdisziplin gewertet werden. Die an die Quoten gebundenen OPEC-Länder fördern zudem noch immer 1,9 Mio. Barrel pro Tag mehr als vorgesehen.
Edelmetalle
Der Goldpreis konnte sich gestern dem Ausverkauf an den Rohstoffmärkten weitgehend entziehen und nahezu unverändert knapp über der Marke von 1.240 USD je Feinunze schließen. Einem deutlichen Preisanstieg stand ein erneut fester US-Dollar entgegen. Die merklich gestiegene Risikoaversion unter den Marktteilnehmern im Zuge schwacher Aktien- und Rohstoffmärkte spiegelt sich in neuen Zuflüssen in den SPDR Gold Trust wider. Der weltweit größte börsennotierte Goldfonds hat gestern seine Bestände um mehr als 4 Tonnen auf einen abermaligen Rekordwert von über 1.320 Tonnen ausgebaut.
Für Nervosität unter den Marktteilnehmern könnte der morgen auslaufende 1-Jahres-Tender der EZB in Höhe von 442 Mrd. Euro sorgen. Die Möglichkeit dieser langfristigen günstigen Refinanzierung wird damit beendet. Gold dürfte daher als "sicherer Hafen" zunächst gefragt bleiben. Dem entgegen steht allerdings eine saisonal bedingte schwache Goldnachfrage aus Indien, dem weltweit größten Goldimporteur.
Die Bombay Bullion Association (BBA) schätzt, dass die Goldimporte im Juni 75% unter Vorjahr liegen könnten. Dies ist neben dem Ende der Hochzeitssaison auch auf das höhere Preisniveau zurückzuführen. In den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres wurden 131 Tonnen Gold importiert, ein Plus von 30% gegenüber Vorjahr. Mit einem erneuten Anziehen der Goldeinfuhren ist laut BBA erst wieder ab August zu rechnen.
Industriemetalle
Die Metallpreise können sich heute Morgen zunächst etwas erholen. Gestern kam es im Zuge schwacher Aktienmärkte, schlechter als erwartet ausgefallener US-Konjunkturdaten und einer deutlich gestiegenen Risikoaversion zu einem Ausverkauf bei den Metallen. Nickel, Zink und Blei mussten allesamt Verluste von über 7% verkraften. Aber auch die anderen Industriemetalle verzeichneten hohe Preisrückgänge. Die Risikoaversion scheint wieder die Oberhand gewonnen zu haben.
Da die asiatischen Aktienmärkte erneut im Minus notieren, könnte es zu wiederholtem Druck auf die Rohstoffpreise im Allgemeinen und die Industriemetalle im Speziellen kommen. Neben den schwachen Aktienmärkten mahnt bereits seit einiger Zeit ein weiterer Vorlaufindikator zur Vorsicht und vor übertriebenem Optimismus. Der Baltic Dry Index, der die Frachtraten für Trockenguttransporte auf 22 Frachtrouten misst, ist seit mehr als vier Wochen ununterbrochen auf den niedrigsten Stand seit Anfang Oktober gefallen. Von seinem Zwischenhoch Ende Mai hat dieser mittlerweile rund 42% verloren.
Vor allem ein Rückgang der Volumina bei Eisenerz und Kohle zwischen Brasilien und China hat zu dieser Entwicklung beigetragen. Dies spiegelt zugleich ein Nachlassen der Importdynamik in China wider. Diese dürfte aufgrund der eingeführten Maßnahmen zur Abkühlung der lokalen Wirtschaft weiter zurückgehen und so den Baltic Dry Index anhaltend belasten.
Agrarrohstoffe
Das durch fallende Aktienmärkte und einen stärkeren US-Dollar geprägte Umfeld belastete gestern die Preise für Agrarrohstoffe. Der Preis für Mais gab auf 3,25 USD je Scheffel nach. So niedrig war der Preis zuletzt im letzten September, als er sogar kurzfristig die Marke von 3 USD je Scheffel erreichte. Heute erscheint der USDA-Bericht zu den tatsächlich bebauten Flächen in den USA. Bei Mais dürfte der Markt bereits eine gegenüber der bisherigen Schätzung des USDA (88,8 Mio. Morgen) größere Fläche eingepreist haben.
Überraschungen in die eine oder andere Richtung könnten die Preise jedoch kurzfristig stark reagieren lassen. Die Einschätzung des für China zuständigen Mitglieds des US Soja-Exportrates, wonach der Import Chinas in der Saison 2010/11 52 Mio. Tonnen (Schätzung USDA: 49 Mio. Tonnen nach 47 Mio. in 2009/10) betragen könnte, erfreut den Markt, da die USA die größte Quelle für Sojaimporte Chinas sind. Gestern hatten besonders die verschlechterten Aussichten für die chinesische Wirtschaftsentwicklung die Getreide- und Sojapreise zusätzlich belastet.
Eine Ausnahme bildete gestern Zucker, dessen Preis um 2,3% stieg. Eine weitere Herabstufung des bisherigen Monsunverlaufs hält die Sorgen um das zu erwartende indische Zuckerangebot im Markt. Während lange ein durchschnittlicher Monsun prognostiziert wurde, lag der bisherige Niederschlag seit Beginn der Monsunsaison Anfang Juni um 15% unter dem Durchschnitt.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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