Ausverkauf an den Rohstoffmärkten
02.07.2010 | Eugen Weinberg
Energie
Der WTI-Ölpreis gab gestern zwischenzeitlich mehr als 4,5% nach und wurde im Tief nur noch knapp über der Marke von 72 USD je Barrel gehandelt, dem niedrigsten Stand seit drei Wochen. Brent-Öl notierte zeitweise bei 71,5 USD je Barrel. Schlechter als erwartet ausgefallene US-Konjunkturdaten vergrößerten die Sorgen über die wirtschaftliche Erholung und führten zu massivem Abgabedruck an den Rohstoffmärkten. Dies könnte sich heute fortsetzen, sollten die US-Arbeitsmarktdaten am Nachmittag ebenfalls hinter den Erwartungen zurückbleiben.
Auch der deutlich schwächere US-Dollar scheint den Rückgang der Ölpreise derzeit nicht aufhalten zu können. Ein Test des unteren Endes der seit einem Monat gültigen Handelsspanne von 70-80 USD ist daher wahrscheinlich. Die OPEC weitet ihr Ölangebot unterdessen weiter aus. Oil Movements zufolge steigen die OPEC-Öllieferungen in den vier Wochen zum 17. Juli um 190 Tsd. auf 23,64 Mio. Barrel pro Tag. Der im Juni gemeldete Produktionsrückgang war somit nicht die Wende hin zu einer strikteren Förderpolitik.
Der US-Erdgaspreis konnte gestern gegen den Trend fallender Energiepreise um 5% auf 4,85 USD je mmBtu zulegen. Der Preisanstieg ist auf die Schließung von Short-Positionen zurückzuführen, nachdem die US-Lagerdaten in der vergangenen Woche einen geringer als erwarteten Lageraufbau von 60 Mrd. Kubikfuß anzeigten. Damit blieb der Lageraufbau deutlich hinter dem 5-Jahresdurchschnitt von 82 Mrd. Kubikfuß zurück. Der Lagerüberhang verringerte sich auf 12%. Zudem stützt die Prognose warmer Temperaturen, wodurch der Gasbedarf in den kommenden Tagen zunehmen dürfte.
Edelmetalle
Die Edelmetalle standen gestern unter starkem Abgabedruck. Gold verzeichnete mit 3,5% den stärksten prozentualen Tagesrückgang seit Anfang Februar und schloss knapp unter der psychologisch wichtigen Marke von 1.200 USD je Feinunze. Dieses Niveau ist offensichtlich von ersten Anlegern als Kaufgelegenheit erachtet worden. Am Morgen konnte sich der Goldpreis wieder auf 1.210 USD erholen. Der Goldpreis in Euro verzeichnete gestern noch stärkere Verluste und gab in der Spitze um knapp 6% bzw. 60 Euro auf 956 Euro nach, weil der Euro gegenüber dem US-Dollar deutlich zulegen konnte. Der besser als erwartet augefallene 3-Monatstender hat den Euro ebenso unterstützt wie die positive Resonanz auf die gestern ausgeführten spanischen Anleiheemission.
Die Sorgen bezüglich der Schuldenkrise in den Periphärieländern der Eurozone haben sich somit vorerst verringert, wodurch die Nachfrage nach Gold als "sicherer Hafen" gefallen ist. Entsprechend vermeldete der weltgrößte Gold ETF, SPDR Gold Trust, zum ersten Mal seit Anfang Juni Abflüsse von 1,2 Tonnen. Regierungsangaben zufolge beträgt die Goldproduktion in China im bisherigen Geschäftsjahr 127 Tonnen und somit 5,9% mehr als im Vorjahr. Wenn sich die Tendenz der vergangenen Monate fortsetzt, könnte China dieses Jahr mehr als 300 Tonnen produzieren, nach knapp über 290 Tonnen im Vorjahr.
Industriemetalle
Die Metallpreise können sich zum Ausklang der Woche von den Verlusten der Vortage etwas erholen. Im Vergleich zu den anderen Rohstoffklassen behaupteten sich die Metalle gestern zudem verhältnismäßig gut. Dies dürfte allerdings daran liegen, dass diese bereits in den Tagen zuvor hohe Preisverluste verkraften mussten. Sollten die heute zur Veröffentlichung anstehenden Konjunkturdaten abermals enttäuschen, könnten die Preise erneut unter Druck geraten. BHP Billiton hat gegenüber asiatischen Kupferschmelzen deutliche Rückgänge bei den Schmelz- und Verarbeitungsgebühren für Kupfer (s.g. TC/RC) durchsetzen können. Mit 39 USD je Tonne für das Schmelzen und 3,9 US-Cents je Pfund für die Verarbeitung entspricht dies dem niedrigsten Niveau seit 1973. Niedrige Gebühren sprechen für ein knappes Angebot an Kupferkonzentrat, was tendenziell den Kupferpreis unterstützen sollte.
Die australische Regierung hat sich mit den Minenunternehmen auf die Einführung der umstrittenen Rohstoffsteuer geeinigt und kommt den Unternehmen deutlich entgegen. Im Gegensatz zu den ursprünglichen Plänen gilt die Steuer nur für Eisenerz und Kohle und beträgt "nur" noch 30%. Auch das Niveau, ab dem die Steuer greift, wird angehoben. Damit haben sich die Minenunternehmen gegenüber der Regierung klar durchgesetzt. Die auf Eis gelegten Projekte dürften nun fortgeführt werden, so dass die Angebotssituation von dieser Seite her nicht beeinträchtigt werden sollte.
Agrarrohstoffe
Die Preise für Agrarrohstoffe und Genussmittel konnten sich gestern gegen den allgemeinen Abwärtstrend bei Energieträgern und Metallen sehr gut halten und in der Breite zulegen. Im Gegensatz zu den Industrierohstoffen erweisen sich die landwirtschaftlichen Produkte als weniger konjunktuabhängig. Deshalb konnten sie auch von der Schwäche des US-Dollar profitieren. Der Anstieg der Mais-Futures wegen der überraschenden USDA-Lager- und Flächendaten am Mittwoch setzte sich fort und zog auch die anderen Getreidesorten mit nach oben. Der US-Weizenpreis kann sogar überproportional um 4% steigen. Dabei dürften Short-Eindeckungen und Sorgen bezüglich der Ernteerträge in Europa aufgrund der derzeitigen Hitzewelle zum Preisanstieg beigetragen haben.
Ein zu schnelles Reifen der Weizenpflanzen könnte sowohl die Menge als auch die Qualität der Ernte beträchtlich reduzieren. Noch größer sind die Risiken in Russland: Nach der Vorjahresernte von 97 Mio. Tonnen Getreide rechnete man zunächst mit einem Anstieg auf über 100 Mio. Tonnen in diesem Jahr. Nun dürften sich selbst die reduzierten Schätzungen von 90 Mio. Tonnen als zu optimistisch erweisen und der Ertrag eher bei 82-86 Mio. Tonnen liegen. Die Ernte könnte sogar nur 80 Mio. Tonnen betragen, wenn die Dürre im Zentralrussland anhält. Dies würde die Ausfuhren eines der größten Getreideexporteure massiv reduzieren. In der Folge des geringeren Angebots könnte die Nachfrage nach US-Weizen steigen.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der WTI-Ölpreis gab gestern zwischenzeitlich mehr als 4,5% nach und wurde im Tief nur noch knapp über der Marke von 72 USD je Barrel gehandelt, dem niedrigsten Stand seit drei Wochen. Brent-Öl notierte zeitweise bei 71,5 USD je Barrel. Schlechter als erwartet ausgefallene US-Konjunkturdaten vergrößerten die Sorgen über die wirtschaftliche Erholung und führten zu massivem Abgabedruck an den Rohstoffmärkten. Dies könnte sich heute fortsetzen, sollten die US-Arbeitsmarktdaten am Nachmittag ebenfalls hinter den Erwartungen zurückbleiben.
Auch der deutlich schwächere US-Dollar scheint den Rückgang der Ölpreise derzeit nicht aufhalten zu können. Ein Test des unteren Endes der seit einem Monat gültigen Handelsspanne von 70-80 USD ist daher wahrscheinlich. Die OPEC weitet ihr Ölangebot unterdessen weiter aus. Oil Movements zufolge steigen die OPEC-Öllieferungen in den vier Wochen zum 17. Juli um 190 Tsd. auf 23,64 Mio. Barrel pro Tag. Der im Juni gemeldete Produktionsrückgang war somit nicht die Wende hin zu einer strikteren Förderpolitik.
Der US-Erdgaspreis konnte gestern gegen den Trend fallender Energiepreise um 5% auf 4,85 USD je mmBtu zulegen. Der Preisanstieg ist auf die Schließung von Short-Positionen zurückzuführen, nachdem die US-Lagerdaten in der vergangenen Woche einen geringer als erwarteten Lageraufbau von 60 Mrd. Kubikfuß anzeigten. Damit blieb der Lageraufbau deutlich hinter dem 5-Jahresdurchschnitt von 82 Mrd. Kubikfuß zurück. Der Lagerüberhang verringerte sich auf 12%. Zudem stützt die Prognose warmer Temperaturen, wodurch der Gasbedarf in den kommenden Tagen zunehmen dürfte.
Edelmetalle
Die Edelmetalle standen gestern unter starkem Abgabedruck. Gold verzeichnete mit 3,5% den stärksten prozentualen Tagesrückgang seit Anfang Februar und schloss knapp unter der psychologisch wichtigen Marke von 1.200 USD je Feinunze. Dieses Niveau ist offensichtlich von ersten Anlegern als Kaufgelegenheit erachtet worden. Am Morgen konnte sich der Goldpreis wieder auf 1.210 USD erholen. Der Goldpreis in Euro verzeichnete gestern noch stärkere Verluste und gab in der Spitze um knapp 6% bzw. 60 Euro auf 956 Euro nach, weil der Euro gegenüber dem US-Dollar deutlich zulegen konnte. Der besser als erwartet augefallene 3-Monatstender hat den Euro ebenso unterstützt wie die positive Resonanz auf die gestern ausgeführten spanischen Anleiheemission.
Die Sorgen bezüglich der Schuldenkrise in den Periphärieländern der Eurozone haben sich somit vorerst verringert, wodurch die Nachfrage nach Gold als "sicherer Hafen" gefallen ist. Entsprechend vermeldete der weltgrößte Gold ETF, SPDR Gold Trust, zum ersten Mal seit Anfang Juni Abflüsse von 1,2 Tonnen. Regierungsangaben zufolge beträgt die Goldproduktion in China im bisherigen Geschäftsjahr 127 Tonnen und somit 5,9% mehr als im Vorjahr. Wenn sich die Tendenz der vergangenen Monate fortsetzt, könnte China dieses Jahr mehr als 300 Tonnen produzieren, nach knapp über 290 Tonnen im Vorjahr.
Industriemetalle
Die Metallpreise können sich zum Ausklang der Woche von den Verlusten der Vortage etwas erholen. Im Vergleich zu den anderen Rohstoffklassen behaupteten sich die Metalle gestern zudem verhältnismäßig gut. Dies dürfte allerdings daran liegen, dass diese bereits in den Tagen zuvor hohe Preisverluste verkraften mussten. Sollten die heute zur Veröffentlichung anstehenden Konjunkturdaten abermals enttäuschen, könnten die Preise erneut unter Druck geraten. BHP Billiton hat gegenüber asiatischen Kupferschmelzen deutliche Rückgänge bei den Schmelz- und Verarbeitungsgebühren für Kupfer (s.g. TC/RC) durchsetzen können. Mit 39 USD je Tonne für das Schmelzen und 3,9 US-Cents je Pfund für die Verarbeitung entspricht dies dem niedrigsten Niveau seit 1973. Niedrige Gebühren sprechen für ein knappes Angebot an Kupferkonzentrat, was tendenziell den Kupferpreis unterstützen sollte.
Die australische Regierung hat sich mit den Minenunternehmen auf die Einführung der umstrittenen Rohstoffsteuer geeinigt und kommt den Unternehmen deutlich entgegen. Im Gegensatz zu den ursprünglichen Plänen gilt die Steuer nur für Eisenerz und Kohle und beträgt "nur" noch 30%. Auch das Niveau, ab dem die Steuer greift, wird angehoben. Damit haben sich die Minenunternehmen gegenüber der Regierung klar durchgesetzt. Die auf Eis gelegten Projekte dürften nun fortgeführt werden, so dass die Angebotssituation von dieser Seite her nicht beeinträchtigt werden sollte.
Agrarrohstoffe
Die Preise für Agrarrohstoffe und Genussmittel konnten sich gestern gegen den allgemeinen Abwärtstrend bei Energieträgern und Metallen sehr gut halten und in der Breite zulegen. Im Gegensatz zu den Industrierohstoffen erweisen sich die landwirtschaftlichen Produkte als weniger konjunktuabhängig. Deshalb konnten sie auch von der Schwäche des US-Dollar profitieren. Der Anstieg der Mais-Futures wegen der überraschenden USDA-Lager- und Flächendaten am Mittwoch setzte sich fort und zog auch die anderen Getreidesorten mit nach oben. Der US-Weizenpreis kann sogar überproportional um 4% steigen. Dabei dürften Short-Eindeckungen und Sorgen bezüglich der Ernteerträge in Europa aufgrund der derzeitigen Hitzewelle zum Preisanstieg beigetragen haben.
Ein zu schnelles Reifen der Weizenpflanzen könnte sowohl die Menge als auch die Qualität der Ernte beträchtlich reduzieren. Noch größer sind die Risiken in Russland: Nach der Vorjahresernte von 97 Mio. Tonnen Getreide rechnete man zunächst mit einem Anstieg auf über 100 Mio. Tonnen in diesem Jahr. Nun dürften sich selbst die reduzierten Schätzungen von 90 Mio. Tonnen als zu optimistisch erweisen und der Ertrag eher bei 82-86 Mio. Tonnen liegen. Die Ernte könnte sogar nur 80 Mio. Tonnen betragen, wenn die Dürre im Zentralrussland anhält. Dies würde die Ausfuhren eines der größten Getreideexporteure massiv reduzieren. In der Folge des geringeren Angebots könnte die Nachfrage nach US-Weizen steigen.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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