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Anleger bestimmen weiterhin das Geschehen

30.07.2010  |  Eugen Weinberg
Energie

Mit der freundlichen Eröffnung an der Wall Street stieg der WTI-Ölpreis binnen nur einer Stunde um 2 USD je Barrel. Neben den steigenden Aktiennotierungen haben der schwache US-Dollar, das anhaltend hohe Interesse der Privatanleger, der mysteriöse Vorfall in der Straße von Hormus und die Auflösung von Stopp-Losses dazu beigetragen. Zum einen wechselten bereits zur Eröffnung binnen weniger Minuten über 2 Millionen Anteile des größten Öl-ETFs, US Oil Fund, die Besitzer. Zum anderen bleibt ungeklärt, was den Supertanker der Firma Mitsui an der Küste Omans beschädigt hat. Man geht mittlerweile von einem Angriff oder einer Kollision mit einem U-Boot oder einer Seemine aus. Ein Anschlag in der Meeresenge, durch die 40% der globalen seewärtigen Ölexporte transportiert werden, hätte gravierende Folgen für den Ölpreis. Wichtig für den massiven Preisanstieg dürfte aber auch der Durchbruch des gleitenden 200-Tages-Durchschnitts bei 77,8 USD je Barrel gewesen sein, der zu neuen Käufen bzw. Rückkäufen der ausstehenden Shorts führte.

Die US-Erdgaslagerbestände sind in der Vorwoche um 28 Mrd. Kubikfuß gestiegen und damit deutlich weniger als im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Die Lagerbestände liegen damit bereits 3,1% unter dem Niveau des Vorjahres, wobei sich der Angebotsüberhang weiter verringerte. Der Trend eines unterdurchschnittlichen Lageraufbaus könnte sich in den kommenden Wochen fortsetzen. Zum einen wird in weiten Teilen der USA bis in den August hinein mit anhaltend hohen Temperaturen gerechnet (siehe Grafik des Tages), wodurch der Energiebedarf für Klimaanlagen steigt. Zudem kann es aufgrund von Tropenstürmen jederzeit zu neuerlichen Produktionsausfällen im Golf von Mexiko kommen. Der US-Erdgaspreis sollte daher seinen Aufwärtstrend der vergangenen Tage fortsetzen und recht schnell die Marke von 5 USD je mmBtu in Angriff nehmen. Ein erneuter Rückgang des Ölpreises könnte dabei helfen, weil wir weiterhin von einer hohen Anzahl an „Long Öl/Short Gas“ Geschäften ausgehen, die dadurch womöglich zurückgeführt werden.

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Edelmetalle

Der Goldpreis hat sich gegenwärtig zwischen 1.160 USD und 1.170 USD je Feinunze stabilisiert. Allerdings scheint etwas unter der Oberfläche zu schlummern, was womöglich auf den Scheideweg bei Gold hindeutet. Zum einen wurde am Mittwoch an der COMEX das Rekordhandelsvolumen von 424.316 Kontrakten verzeichnet. Zum anderen berichtet neben dem SPDR Gold Trust auch ETF Securities die höchsten Abflüsse aus ihren Edelmetall-ETFs seit März. Dies deutet auf Umschichtungen aus Goldanlagen, getrieben durch den steigenden Risikoappetit der Anleger hin, die den Goldpreis belasten dürften.

Palladium entwickelte sich zuletzt besser als die restlichen Edelmetalle und verzeichnete allein gestern einen Preisanstieg von 4,5%. Beflügelt wurde der Preis neben den positiven fundamentalen Ausssichten und dem fehlenden Verkaufsdruck der russischen Gokhran durch das sich deutlich verbessernde technische Bild, nachdem die 200-Tage-Linie gehalten hat und zuletzt wichtige charttechnische Marken auf dem Weg nach oben überwunden wurden.


Industriemetalle

Die Industriemetalle profitieren weiter vom anhaltend hohen Risikoappetit der Marktteilnehmer und konnten gestern in der Breite zulegen. Kupfer markierte mit knapp 7.300 USD je Tonne ein 3-Monatshoch, während Aluminium, Zink und Blei auf die höchsten Niveaus seit Mitte Mai stiegen. Heute Morgen halten sie sich weitgehend auf diesen Niveaus. Die verstärkte Aktivität der Investoren dürfte sich auch in der heutigen CFTC-Statistik widerspiegeln. Unterstützung erhalten die Metallpreise auch vom Baltic Dry Index, dem Frachtratenindex für die Bulkware wie Kohle oder Eisenerz. Nach seinem Einbruch um 60% zwischen Ende Mai und Mitte Juli ist dieser seitdem an 10 aufeinanderfolgenden Handelstagen ununterbrochen um insgesamt 14% gestiegen.

Für neue Impulse an den Metallmärkten werden die Wirtschaftsdaten sorgen. Heute Nachmittag stehen das BIP, der Einkaufsmanagerindex und das Konsumenten-vertrauen in den USA zur Veröffentlichung an. Die über Nacht berichteten Wirtschaftsdaten aus Japan fielen bereits schwach aus, wobei die Industrieproduktion und der Einkaufsmanagerindex PMI fielen. Der Aktienindex Nikkei 225 verlor heute bereits 1,6%. Auch die Rohstoffmärkte dürfte die Schwäche der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft belasten. Im Vorjahr stellte Japan bei Aluminium 4%, bei Kupfer 5% und bei Nickel sogar 11% der Weltnachfrage. Die besondere Aufmerksamkeit des Rohstoffmarktes dürfte jedoch der chinesische Einkaufsmanagerindex PMI für das verarbeitende Gewerbe auf sich lenken, der am Wochenende veröffentlicht wird.


Agrarrohstoffe

Der International Grains Council (IGC) hat seine Prognose für die weltweite Weizenproduktion im Erntejahr 2010/11 um 13 Mio. auf 651 Mio. Tonnen reduziert. Diese Abwärtsrevision stellt angesichts der jüngsten Meldungen über zu erwartende Ernteausfälle in Europa und Zentralasien keine Überraschung dar. Da gleichzeitig auch die Schätzung für den weltweiten Weizenverbrauch um 3 Mio. Tonnen gesenkt wurde, rechnet der IGC nun mit einem Angebotsdefizit von 4 Mio. Tonnen. Die weltweiten Lagerbestände zum Ende des Erntejahres sollen auf 192 Mio. Tonnen fallen und damit 9 Mio. Tonnen niedriger liegen als bislang prognostiziert. Keine nennenswerten Änderungen gab es dagegen bei Mais. Hier wurde die Prognose für die weltweite Produktion lediglich um 1 Mio. auf 823 Mio. Tonnen nach unten revidiert, so dass bei einer unveränderten Nachfrageschätzung von 830 Mio. Tonnen ein marginal höheres Marktdefizit zu Buche steht.

Das sich abzeichnende geringere Angebot an europäischem Weizen scheint die Nachfrage nach US-Weizen zu stimulieren. Laut US-Landwirtschaftsministerium sind in der vergangenen Woche 919 Tsd. Tonnen US-Weizen verkauft worden. Das war mehr als doppelt so viel wie im Durchschnitt der vergangenen vier Wochen. Somit profitiert auch der US-Weizenpreis von der Angebotsverknappung in anderen Weizenanbauregionen.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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