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Steigender Risikoappetit der Anleger unterstützt

02.08.2010  |  Eugen Weinberg
Energie

Am Freitag wiederholte sich das Handelsmuster vom Donnerstag, das man als “einen Schritt zurück, zwei vor“ bezeichnen kann. Buchstäblich ist dabei der WTI-Ölpreis jeweils kurz vor der Eröffnung der US-Aktienmärkte in die Knie gegangen und verlor bis zu 1 USD je Barrel, hat sich aber danach stets recht schnell erholt und um über 2 USD zugelegt. Das Zeitintervall hat dabei weniger mit der Veröffentlichung der Wirtschaftsdaten zu tun als mit der Reaktion der Aktienmärkte. Denn in der jüngsten Vergangenheit waren die Ölpreise so stark wie nie zuvor mit den US-Aktienmärkten korreliert. So waren offensichtlich die Rohstoffanleger zuletzt überrascht, wie robust sich die Aktienmärkte zeigen und wie sie die negativen Wirtschaftsmeldungen wegstecken.

Auch die schwachen BIP-Zahlen am Freitag konnten z.B. die Aktien nur kurzfristig belasten. Die steigende Risikofreude der Anleger kann man anhand der Positionierungsdaten der CFTC zum 27. Juli erkennen. Die Spekulanten haben ihre Netto-Long-Positionen am Ölmarkt an der NYMEX erneut mit knapp 108 Tsd. Kontrakten auf das höchste Niveau seit Mai ausgeweitet. Im April war jedoch mit 187 Tsd. Kontrakten die Stimmung unter den Ölanlegern noch deutlich optimistischer, was mit einem Preisniveau von über 87 USD je Barrel einherging. Insofern kann man einen kurzfristigen Ausbruch aus der Handelspanne zwischen 70 und 80 USD je Barrel nicht ausschließen.

Auch bei Erdgas wurde die Positionierung der Anleger zuletzt optimistischer, wobei diese vor allem ihre bestehenden Leerverkäufe zurückgekauft, aber auch ihre Long-Positionen ausgeweitet haben. Wir glauben, dass sich dieser Trend fortsetzt und dem Gaspreis kurzfristig über die wichtige psychologische Marke von 5 USD/MMBtu verhilft.


Edelmetalle

Gold verzeichnete im Juli mit einem Minus von 4,9% nicht nur den höchsten monatlichen Preisrückgang in diesem Jahr, sondern auch die schlechteste Preisentwicklung unter allen Rohstoffen. Zum Wochenbeginn setzt der Goldpreis allerdings seine jüngste Preiserholung fort und handelt über 1.180 USD je Unze. In Euro gerechnet kann Gold wieder die wichtige Marke von 900 EUR je Feinunze zurückerobern. Der Preisrückgang hat verstärkt physische Käufer angelockt.

Nicht nur die Anleger oder Goldhändler kaufen jetzt Gold. Die russische Zentralbank hat im Juni weitere 6,56 Tonnen Gold aufgekauft und somit seit Februar bislang in diesem Jahr in jedem Monat seine Goldreserven aufgebaut. Gleichzeitig gab der Internationale Währungsfonds (IWF) bekannt, dass seine Goldreserven per Ende Juni um 17,4 auf 2.934 Tonnen gefallen sind. Dieser Abfluss ist Teil des gesamten Verkaufsprogramms des IWF von 403,3 Tonnen.

Im Vorjahr hat der IWF 212 Tonnen Gold an die Zentralbanken von Indien, Sri Lanka und Mauritius verkauft. Die weiteren Verkäufe von rund 66 Tonnen, die auf dem freien Markt und somit im Rahmen des CBGA-Goldabkommens erfolgten, dürften jedoch in diesem Jahr nahezu alle Goldverkäufe seitens des offiziellen Sektors darstellen. Denn die Zentralbanken, dabei insbesondere die der Schwellenländer, stocken ihre Bestände eher auf.


Industriemetalle

Die Metalle starten mit deutlichen Preiszugewinnen in die Handelswoche, nachdem sie bereits zuletzt kräftig zulegten. Kupfer beispielsweise verzeichnet mit über 7.400 USD je Tonne das höchste Preisniveau seit Ende April. Auch die anderen Metalle markieren zum Teil mehrmonatige Höchststände. Der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe (PMI) in China fiel zwar von 52,1 im Juni auf 51,2 im Juli zurück. Allerdings wurde teilweise ein stärkerer Rückgang befürchtet. Im August kann er u.E. sogar unter 50 fallen.

Dies dürfte jedoch einen Tiefpunkt im aktuellen Zyklus markieren, denn China wird jetzt weitere Fiskalmaßnahmen ankündigen, um das Wachstum zu stabilisieren. Der Konjunkturoptimismus gepaart mit guten Unternehmenszahlen führen über den gestiegenen Risikoappetit der Anleger zu steigenden Metallpreisen. Dies sieht man bereits in den am Freitag veröffentlichten CFTC-Daten zur Positionierung der Marktteilnehmer zum 27. Juli. Am Kupfermarkt in New York sind die spekulativen Finanzinvestoren jetzt wieder optimistischer gestimmt und setzen vermehrt auf steigende Preise. Sie haben zuletzt ihre Netto-Long-Positionen auf 14,5 Tsd. Kontrakte mehr als verdoppelt. Dies ist der dritte Wochenanstieg in Folge und stellt zugleich das höchste Niveau seit Anfang Mai dar.

Sollten die Spekulanten wieder verstärkt das Heft in die Hand nehmen, könnte dies kurzfristig zu weiter steigenden Metallpreisen führen. Allerdings gibt es, solange die chinesische Regierung „auf die Bremse tritt“, auf der fundamentalen Seite noch viele Risiken. Vor allem eine weiter nachlassende Dynamik der chinesischen Metallimporte und die stetige Produktionsausweitung könnten die Metallen mittelfristig wieder unter Druck bringen.


Agrarrohstoffe

Nachdem im Juli der Weizenpreis in Chicago den stärksten Monatsanstieg seit mindestens 60 Jahren verzeichnet hat, setzt sich die Aufwärtsbewegung fort. Inzwischen ist der CBOT-Preis mit 6,77 USD je Scheffel auf den höchsten Stand seit September 2008 gestiegen, der Dezember-Future handelt bereits bei über 7 USD. Auch an der Börse in Paris notiert der November-Future mit knapp 200 Euro je Tonne in der Nähe eines 2-Jahreshochs. Das International Grains Council IGC hatte am Freitag eine u.E. eher moderate Revision der Ernten nach unten vorgenommen. Vor allem angesichts der schlimmen ”Jahrhundertdürre“ in Russland, dem drittgrößten Exporteur weltweit, scheinen sich die Märkte auf ein weitaus schlechteres Szenario einzustellen.

Während die russische Weizenernte vom IGC um 7 Mio. Tonnen auf 50 Mio. Tonnen nach unten revidiert wurde, rechnet die Russische Getreide-Union mit nur noch 45 Mio. Tonnen. Dabei werden Exportbeschränkungen Russlands, das offiziell weiterhin 20 Mio. Tonnen Getreide auf den Weltmarkt ausführen will, immer wahrscheinlicher. Auch in Kanada, das im Vorjahr den dritten Rang unter den Weltweizenexporteuren mit Russland teilte, wird laut Kanadas Weizenrat aufgrund des zu nassen Wetters bei der Aussaat im Mai, mit einer um 17% geringeren Getreideernte zu rechnen sein.

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CFTC Daten: Netto-Long Positionen spekulativer Finanzanleger vs. Preis

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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