Widersprüchliche Daten am Ölmarkt
11.08.2010 | Eugen Weinberg
Energie
Der WTI-Ölpreis handelt am Morgen unter der Marke von 80 USD je Barrel, nachdem bereits gestern dieses Niveau erstmals seit Anfang August wieder unterschritten wurde. Der Preisrückgang erfolgte trotz eigentlich unterstützender Nachrichten. So hat die US-Energiebehörde EIA die Prognose für die weltweite Ölnachfrage in diesem und im nächsten Jahr nochmals leicht nach oben revidiert. Sie erwartet nun einen Nachfrageanstieg um 1,6 Mio. Barrel pro Tag im Jahr 2010 und um 1,5 Mio. Barrel pro Tag im Jahr 2011. China trägt dabei mehr als ein Drittel zum jeweiligen Nachfrageanstieg bei.
Unterstützt wird diese Einschätzung durch die Prognose des Verbandes der chinesischen Petroleum- und Chemieindustrie, wonach die augenscheinliche Ölnachfrage in China in diesem Jahr 11% steigen soll. Der Nachfrageanstieg wird zumindest in diesem Jahr durch eine Ausweitung der Ölproduktion kompensiert. Die OPEC-Produktion soll 2010 um 1 Mio. Barrel pro Tag steigen, die Produktion außerhalb der OPEC um 720 Tsd. Barrel pro Tag. Im nächsten Jahr könnte es hingegen zu einer Einengung des Marktes kommen, da bei den Nicht-OPEC-Ländern von der EIA ein Produktionsrückgang um 160 Tsd. Barrel pro Tag erwartet wird. Der Bedarf an OPEC-Öl liegt somit knapp 600 Tsd. Barrel pro Tag höher als der von der EIA für 2011 unterstellte Anstieg der OPEC-Produktion um 1,2 Mio. Barrel pro Tag. Somit könnte es im kommenden Jahr zum lange erwarteten Abbau der nach wie vor hohen Rohöllagerbestände kommen.
Daran ändert auch der gestern vom API für die vergangene Woche berichtete Rückgang der US-Rohöllagerbestände um 2,2 Mio. Barrel nichts. Dieser Lagerabbau wirft zudem Fragen auf, weil angesichts deutlich gestiegener Rohölimporte und einer gesunkenen Raffinerieauslastung ein kräftiger Anstieg der Lagerbestände zu erwarten gewesen wäre. Licht ins Dunkel könnten vielleicht die am Nachmittag zu veröffentlichenden offiziellen Lagerdaten des US-Energieministeriums bringen. Die Internationale Energieagentur hat ihre Prognosen für die weltweite Ölnachfrage in diesem und im nächsten Jahr ebenfalls leicht nach oben revidiert und erwartet nun Nachfrageanstiege um 1,8 Mio. bzw. 1,3 Mio. Barrel pro Tag.
Edelmetalle
Gold zeigt sich trotz des festen US-Dollars relativ robust und handelt weiter um die Marke von 1.200 USD je Feinunze. In Euro gerechnet kann der Goldpreis sogar auf fast 920 EUR je Feinunze zulegen. Die US-Notenbank Fed hat gestern die Leitzinsen unverändert auf dem außerordentlich niedrigen Niveau von 0-0,25% beibehalten. Niedrige Zinsen führen zu relativ niedrigen Kosten für die Goldhaltung, so dass Goldanlagen für Investoren attraktiv bleiben.
Entgegen manchen Erwartungen hat die Fed keine aggressiven zusätzlichen Maßnahmen beschlossen. Allerdings sollen die Erlöse aus dem umfangreichen Portfolio hypothekengesicherter Anleihen in längerfristige Staatsanleihen reinvestiert werden. Diese expansive geldpolitische Maßnahme sollte mittel- bis langfristig tendenziell den US-Dollar belasten und wiederum dem Goldpreis Unterstützung geben. Wir gehen daher mittel- bis langfristig weiter von einem steigenden Goldpreis aus.
Industriemetalle
Die Metalle verzeichneten gestern im Zuge schwacher globaler Aktienmärkte und eines festen US-Dollars teilweise deutliche Preisverluste. Nach anfänglicher Erholung zu Handelsbeginn drehen die Preise heute erneut ins Minus. China hat in den frühen Morgenstunden eine Reihe von Konjunkturdaten veröffentlicht, die auf den ersten Blick weitgehend den Erwartungen entsprachen. Auf den zweiten Blick allerdings sind deutliche Bremsspuren erkennbar, die von den Maßnahmen der chinesischen Regierung zur Abkühlung der lokalen Wirtschaft herrühren. So zeigten sich beispielsweise die Neukreditvergabe, die Hausbaubeginne und die Industrieproduktion im Juli im Vergleich zum Vormonat deutlich schwächer.
Dies hat gleichzeitig Auswirkungen auf die Metallproduktion. Mit Ausnahme von Blei und Nickel war im Juli die Produktion aller Metalle leicht rückläufig. Die Kupferproduktion ist beispielsweise vom Rekordhoch im Juni um 5,7% auf 398 Tsd. Tonnen gesunken. Auch die Aluminiumproduktion ging leicht zurück, bleibt mit 1,35 Mio. Tonnen allerdings weiter auf hohem Niveau. Die Produktionsrückgänge sind teilweise jedoch auf saisonale Wartungsarbeiten zurückzuführen, so dass in den kommenden Monaten wieder mit Steigerungsraten gerechnet werden kann. Eine niedrigere Produktionsleistung kann zudem problemlos von Lagervorräten aufgefangen werden. Negative Auswirkungen auf die Metallpreise dürften eher kurzfristiger Natur sein.
Agrarrohstoffe
Der Rohzuckerpreis ist gestern um 4,7% auf 18,5 US-Cents je Pund gestiegen. Seit Anfang Juni hat der Preis um 33% zulegen können. Die Nachrichten verdichten sich, dass der Angebotsüberschuss im kommenden Erntejahr geringer ausfallen könnte als die bislang von der Internationalen Zuckerorganisation und vom Zuckerbroker Czarnikow erwarteten 2,5 Mio. Tonnen. Thailand dürfte im kommenden Erntejahr nur noch 3,5-3,7 Mio. Tonnen Zucker für den Export zur Verfügung stellen, so wenig wie seit dem Jahr 2006 nicht mehr.
In den vergangenen Jahren hatte der derzeit nach Brasilien zweitgrößte Zuckerexporteur pro Jahr um die 5 Mio. Tonnen Zucker exportiert. Laut dem thailändischen Industrieminister dürften mindestens 2,3 Mio. Tonnen der im November beginnenden Ernte für den heimischen Bedarf zurückgehalten werden. Dies entspricht der für dieses Jahr festgelegten Quote, welche sich aber bereits als zu niedrig erwies. Die genannten Zahlen deuten auch darauf hin, dass die thailändische Regierung lediglich ein Produktionsvolumen von 6 Mio. Tonnen erwartet. Dies wäre ein Rückgang um 1 Mio. Tonnen im Vergleich zum Vorjahr und der niedrigste Wert seit dem Erntejahr 2005/06.
Wir hatten bereits gestern darauf hingewiesen, dass der Importbedarf Europas aufgrund der schlechteren Zuckerrübenernten höher ausfallen könnte. Dies und der teilweise Ausfall des Angebots eines der wichtigsten Exportländer spricht für weiter steigende Zuckerpreise.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der WTI-Ölpreis handelt am Morgen unter der Marke von 80 USD je Barrel, nachdem bereits gestern dieses Niveau erstmals seit Anfang August wieder unterschritten wurde. Der Preisrückgang erfolgte trotz eigentlich unterstützender Nachrichten. So hat die US-Energiebehörde EIA die Prognose für die weltweite Ölnachfrage in diesem und im nächsten Jahr nochmals leicht nach oben revidiert. Sie erwartet nun einen Nachfrageanstieg um 1,6 Mio. Barrel pro Tag im Jahr 2010 und um 1,5 Mio. Barrel pro Tag im Jahr 2011. China trägt dabei mehr als ein Drittel zum jeweiligen Nachfrageanstieg bei.
Unterstützt wird diese Einschätzung durch die Prognose des Verbandes der chinesischen Petroleum- und Chemieindustrie, wonach die augenscheinliche Ölnachfrage in China in diesem Jahr 11% steigen soll. Der Nachfrageanstieg wird zumindest in diesem Jahr durch eine Ausweitung der Ölproduktion kompensiert. Die OPEC-Produktion soll 2010 um 1 Mio. Barrel pro Tag steigen, die Produktion außerhalb der OPEC um 720 Tsd. Barrel pro Tag. Im nächsten Jahr könnte es hingegen zu einer Einengung des Marktes kommen, da bei den Nicht-OPEC-Ländern von der EIA ein Produktionsrückgang um 160 Tsd. Barrel pro Tag erwartet wird. Der Bedarf an OPEC-Öl liegt somit knapp 600 Tsd. Barrel pro Tag höher als der von der EIA für 2011 unterstellte Anstieg der OPEC-Produktion um 1,2 Mio. Barrel pro Tag. Somit könnte es im kommenden Jahr zum lange erwarteten Abbau der nach wie vor hohen Rohöllagerbestände kommen.
Daran ändert auch der gestern vom API für die vergangene Woche berichtete Rückgang der US-Rohöllagerbestände um 2,2 Mio. Barrel nichts. Dieser Lagerabbau wirft zudem Fragen auf, weil angesichts deutlich gestiegener Rohölimporte und einer gesunkenen Raffinerieauslastung ein kräftiger Anstieg der Lagerbestände zu erwarten gewesen wäre. Licht ins Dunkel könnten vielleicht die am Nachmittag zu veröffentlichenden offiziellen Lagerdaten des US-Energieministeriums bringen. Die Internationale Energieagentur hat ihre Prognosen für die weltweite Ölnachfrage in diesem und im nächsten Jahr ebenfalls leicht nach oben revidiert und erwartet nun Nachfrageanstiege um 1,8 Mio. bzw. 1,3 Mio. Barrel pro Tag.
Edelmetalle
Gold zeigt sich trotz des festen US-Dollars relativ robust und handelt weiter um die Marke von 1.200 USD je Feinunze. In Euro gerechnet kann der Goldpreis sogar auf fast 920 EUR je Feinunze zulegen. Die US-Notenbank Fed hat gestern die Leitzinsen unverändert auf dem außerordentlich niedrigen Niveau von 0-0,25% beibehalten. Niedrige Zinsen führen zu relativ niedrigen Kosten für die Goldhaltung, so dass Goldanlagen für Investoren attraktiv bleiben.
Entgegen manchen Erwartungen hat die Fed keine aggressiven zusätzlichen Maßnahmen beschlossen. Allerdings sollen die Erlöse aus dem umfangreichen Portfolio hypothekengesicherter Anleihen in längerfristige Staatsanleihen reinvestiert werden. Diese expansive geldpolitische Maßnahme sollte mittel- bis langfristig tendenziell den US-Dollar belasten und wiederum dem Goldpreis Unterstützung geben. Wir gehen daher mittel- bis langfristig weiter von einem steigenden Goldpreis aus.
Industriemetalle
Die Metalle verzeichneten gestern im Zuge schwacher globaler Aktienmärkte und eines festen US-Dollars teilweise deutliche Preisverluste. Nach anfänglicher Erholung zu Handelsbeginn drehen die Preise heute erneut ins Minus. China hat in den frühen Morgenstunden eine Reihe von Konjunkturdaten veröffentlicht, die auf den ersten Blick weitgehend den Erwartungen entsprachen. Auf den zweiten Blick allerdings sind deutliche Bremsspuren erkennbar, die von den Maßnahmen der chinesischen Regierung zur Abkühlung der lokalen Wirtschaft herrühren. So zeigten sich beispielsweise die Neukreditvergabe, die Hausbaubeginne und die Industrieproduktion im Juli im Vergleich zum Vormonat deutlich schwächer.
Dies hat gleichzeitig Auswirkungen auf die Metallproduktion. Mit Ausnahme von Blei und Nickel war im Juli die Produktion aller Metalle leicht rückläufig. Die Kupferproduktion ist beispielsweise vom Rekordhoch im Juni um 5,7% auf 398 Tsd. Tonnen gesunken. Auch die Aluminiumproduktion ging leicht zurück, bleibt mit 1,35 Mio. Tonnen allerdings weiter auf hohem Niveau. Die Produktionsrückgänge sind teilweise jedoch auf saisonale Wartungsarbeiten zurückzuführen, so dass in den kommenden Monaten wieder mit Steigerungsraten gerechnet werden kann. Eine niedrigere Produktionsleistung kann zudem problemlos von Lagervorräten aufgefangen werden. Negative Auswirkungen auf die Metallpreise dürften eher kurzfristiger Natur sein.
Agrarrohstoffe
Der Rohzuckerpreis ist gestern um 4,7% auf 18,5 US-Cents je Pund gestiegen. Seit Anfang Juni hat der Preis um 33% zulegen können. Die Nachrichten verdichten sich, dass der Angebotsüberschuss im kommenden Erntejahr geringer ausfallen könnte als die bislang von der Internationalen Zuckerorganisation und vom Zuckerbroker Czarnikow erwarteten 2,5 Mio. Tonnen. Thailand dürfte im kommenden Erntejahr nur noch 3,5-3,7 Mio. Tonnen Zucker für den Export zur Verfügung stellen, so wenig wie seit dem Jahr 2006 nicht mehr.
In den vergangenen Jahren hatte der derzeit nach Brasilien zweitgrößte Zuckerexporteur pro Jahr um die 5 Mio. Tonnen Zucker exportiert. Laut dem thailändischen Industrieminister dürften mindestens 2,3 Mio. Tonnen der im November beginnenden Ernte für den heimischen Bedarf zurückgehalten werden. Dies entspricht der für dieses Jahr festgelegten Quote, welche sich aber bereits als zu niedrig erwies. Die genannten Zahlen deuten auch darauf hin, dass die thailändische Regierung lediglich ein Produktionsvolumen von 6 Mio. Tonnen erwartet. Dies wäre ein Rückgang um 1 Mio. Tonnen im Vergleich zum Vorjahr und der niedrigste Wert seit dem Erntejahr 2005/06.
Wir hatten bereits gestern darauf hingewiesen, dass der Importbedarf Europas aufgrund der schlechteren Zuckerrübenernten höher ausfallen könnte. Dies und der teilweise Ausfall des Angebots eines der wichtigsten Exportländer spricht für weiter steigende Zuckerpreise.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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