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Lebensversicherungen - Fels in der Brandung oder drohender Kollaps?

09.09.2010  |  Frank Amann
- Seite 2 -
Für das hier implizierte Problem, den drohenden Ausfall von Schuldnern und damit einhergehend der von diesen emittierten Anleihen, können die Lebensversicherungsgesellschaften jedoch kaum über Gebühr kritisiert werden, denn dies ist ein generelles Problem unseres heutigen Geld- und Finanzsystems, sowie gesetzlicher Vorgaben, denen die LV´s in ihrer Anlagepolitik unterstehen. Es soll hier lediglich klargestellt werden, daß die Versicherer bei dieser Problematik "mittendrin statt nur dabei" sind und nicht - wie sie manchmal glauben machen wollen, in einer Art Finanz-Parallelwelt leben und agieren.

Auch dafür, daß die Kapitalmarktzinsen - und damit wären wir schon beim Problem Nr. 2 - nun schon seit Jahren auf äußerst niedrigem Niveau verharren, können die Versicherungsgesellschaften wenig. Man könnte angesichts der (noch) relativ hohen Verzinsung der Versichertengelder allerdings den Eindruck bekommen, die Lebensversicherungen hätten einen Weg gefunden, durch irgendwelche "alchemistische" Anstrengungen ihren hausinternen Zins höher zu schrauben, als es der Kapitalmarkt eigentlich hergäbe und sie einigermaßen bequem in der Lage seien, ihre Garantien zu erfüllen und darüber hinaus sogar noch Überschüsse zu produzieren.

Es ist wichtig zu verstehen, daß Lebensversicherungen als Kapitalsammelstellen genauso von allgemeinen Gefahren (niedrige Zinsen, Inflation, Staatspleiten usw.) betroffen sind, wie jeder direkte Investor, ein Fonds- oder ein Bankanleger. Aufgrund ihrer speziellen Konstruktion gibt es jedoch noch zusätzliche Probleme, die in der öffentlichen Diskussion eine relativ geringe Rolle spielen, aber in der Kombination mit den vorgenannten "allgemeinen Gefahren" den Niedergang der Lebensversicherungsbranche, wie wir sie heute kennen, durchaus wahrscheinlich werden läßt.

Es ist vergleichbar mit einer Schiffskreuzfahrt: Die Mannschaft, der Kapitän und die Passagiere beschäftigen sich überwiegend mit den allgemeinen Gefahren (Wetter, Seegang usw.), der Zustand des Schiffes an sich (Haltbarkeit, Wartungszustand usw.) interessiert jedoch kaum. Wir werden uns nachfolgend mit dem Zustand des "Schiffes" (also der Lebensversicherungsbranche) beschäftigen, und bei genauer Betrachtung scheint da nicht nur eine Schraube locker zu sitzen!


Es sind insgesamt 6 Faktoren, die das Mehrfach-Dilemma der LV-Gesellschaften begründen:

1.) Der Vertrieb

Wie bereits erwähnt war einer der Erfolgsfaktoren für die einstige Wachstumsbranche ein attraktives Entlohnungssystem für die Vermittler. Der Umstand, daß die komplette Provision für die ganze Vertragslaufzeit "auf einen Schlag" ausgezahlt wurde (sogenannte "Zillmerung") und nicht sukzessive über die Jahre und Jahrzehnte der Vertragslaufzeit verteilt, sorgte für eine stets motivierte Vermittlerschaft; mit keinem anderen (Standard-) Finanzprodukt war mit so wenig Aufwand so viel Umsatz zu erzielen.

Ob "Allfinanz"-, Einfirmen- oder sonstige Vertreter, viele dieser Zeitgenossen lebten im wesentlichen von der Lebensversicherungsvermittlung, auch wenn in den Firmenbroschüren der Eindruck erweckt wurde, die Lebensversicherung sei nur ein Produkt unter vielen. Doch seit ein paar Jahren macht ein "Gespenst" die Runde, das einfach nicht mehr verschwinden will:

Der Verbraucherschutz!

Im Rahmen von EU-Richtlinien und einem damit einhergehend Strauß an Einzelgesetzen, Vorschriften und der daraus resultierenden laufenden Rechtsprechung wurde/wird die einstige Provisions"insel der Glückseligen" aus vielen Ecken attackiert. Es wird immer schwieriger, die hohen Provisionszahlungen zu Beginn der Vertragslaufzeit (die natürlich dem Konto des Versicherungsnehmers "schlecht"-geschrieben werden) zu "verstecken". Der Vermittler kommt also immer mehr in Erklärungsnot, warum selbst für kleinere Sparverträge durchaus 4-stellige Provisionen im voraus zu bezahlen sind.

Andererseits, noch gelingt es der Branche, das Rad immer mal wieder zurückzudrehen. Als die sogenannte Riester-Rente eingeführt wurde, ging damit die Vorschrift einher, daß Provisionen nur auf 10 Jahre verteilt ausgezahlt werden können. Nachdem das Produkt dann wie Sauerbier in den Regalen lag, entschied sich der Gesetzgeber die Verteilung auf 5 Jahre zu verkürzen. Erst danach startete die Riester-Rente durch...

Jede Branche, die ein Produkt hervorbringt, das in seiner Qualität bestenfalls mäßig ist, braucht einen hochmotivierten Vertrieb, um seine Verkaufszahlen auf Vordermann zu bringen und Wachstum zu erzielen. Stottert der Motivationsmotor, so wird das Produkt zum Ladenhüter und verschwindet irgendwann vom Markt.


2.) Transparenz und Image

Obwohl die Lebensversicherung im Großen und Ganzen noch als sicherer Hafen betrachtet wird, so hat ihr Image in den letzten Jahren doch ziemlich gelitten. Aus den früher nur vereinzelt erhobenen Vorwürfen der Intransparenz kam es in den letzten Jahren zu diversen Gerichtsentscheidungen, die insbesondere die schlechte Wertentwicklung in den ersten Jahren (die logischerweise vor allem mit Punkt 1 zu tun hat) monierten.

Der "Mauschel"-Spielraum der Versicherungsgesellschaften wurde durch diese Entscheidungen zwar nicht vollständig eliminiert, aber zumindest deutlich eingeschränkt. In jedem Fall haben laufende Berichterstattungen über das zähe Ringen der Gesellschaften, ihre Kalkulation doch soweit wie nur irgend möglich unter Verschluß zu halten, nicht gerade vertrauensbildend gewirkt. Ähnlich wie Vampire das Tageslicht scheuen Lebensversicherungen Transparenz über alle Maßen, Das hat sich zwischenzeitlich auch bis zum Verbraucher herumgesprochen.




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