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Rohstoffmärkte weiterhin richtungslos

23.08.2010  |  Eugen Weinberg
Energie

Nach dem massiven Preisrückgang in den letzten Tagen, als der WTI-Ölpreis auf knapp 73 USD je Barrel fiel, haben wir eigentlich mit einer kurzfristigen technischen Erholung gerechnet. Diese bleibt jedoch vorerst aus. Offensichtlich überwiegen derzeit die technisch bedingten Verkäufe und die Sorge der Marktteilnehmer um die Weltkonjunktur. Dies spiegelt sich auch im Rückgang des Optimismus wider, wobei die Netto-Long-Positionen der Anleger bei WTI-Rohöl an der NYMEX zum Stichtag 17. August um 20 Tsd. Kontrakte auf 108,9 Tsd. Kontrakte zurückgingen. Diese Sorge ist insofern berechtigt, weil in China, das den Großteil des Nachfrageanstiegs in diesem Jahr ausmachen sollte, sich die Nachfrage zuletzt nicht nur verlangsamt hat, sondern offensichtlich sogar zurückging. Laut Berechnungen von Platts ist die "implizierte" chinesische Nachfrage im Juli im Vergleich zum Juni um 5,6% auf 8,47 Mio. Barrel täglich gefallen.

Damit war die Nachfrage im Juli lediglich 2,7% höher als im Vorjahr. Dies ist angesichts eines 13%-igen Nachfrageanstiegs im ersten Halbjahr sehr enttäuschend. Zwar "macht eine Schwalbe noch keinen Sommer" und ein Rückgang vom Rekordwert im Juni kann teilweise durch einen Lagerabbau und Wartungsarbeiten bei Raffinerien erklärt werden. Allerdings dürften zum Rückgang vor allem die restriktiven Regierungsmaßnahmen geführt haben. Das heißt aber auch, dass in den nächsten Monaten der Nachfrageanstieg in China weiterhin enttäuschen wird. Dies unterstützt unsere skeptische Haltung zum Ölpreis, wobei wir nach wie vor mit einem Preisrückgang auf rund 70 USD je Barrel zum Jahresende rechnen. Kurzfristig kann eine technische Reaktion nach oben nicht ausgeschlossen werden.


Edelmetalle

Der Goldpreis startet weitgehend unverändert mit rund 1.230 USD je Feinunze in die neue Handelswoche. Gemäß den CFTC-Daten haben die Spekulanten am Goldmarkt ihre Netto-Long-Positionen in der Woche zum 17. August die vierte Woche in Folge ausgeweitet. Der Anstieg fiel mit 18,6 Tsd. Kontrakten bzw. 11,7% in der betrachteten Periode deutlicher aus als zuvor. Die Netto-Long-Positionen in Höhe von 177 Tsd. Kontrakten stellen zugleich den höchsten Wert seit Anfang Juli dar. Dies zeigt, dass die Finanzinvestoren zuletzt zum Goldpreisanstieg maßgeblich beigetragen haben.

In der Berichtswoche bis zum letzten Dienstag konnte er um 4% zulegen. Neben dem aktuell hohen Interesse von der Anleger- und Investorenseite dürfte der Goldpreis auch von der physischen Nachfrageseite her in den nächsten Wochen gut unterstützt bleiben. Morgen beginnt mit "Raksha Bandhan" die Feiertagssaison in Indien, in der traditionell viel Gold verschenkt wird. Diese geht bis in den Oktober hinein und sollte sich unter anderem in steigenden Goldimporten widerspiegeln.

Auch unterstützen weiterhin die Zentralbankkäufe den Goldpreis. Laut Informationen der Zentralbank hat Russland im Juli seine Goldreserven um mehr als 15 Tonnen auf knapp 725 Tonnen aufgestockt. Auch wenn die Erhöhung der Bestände dabei aus der heimischen Produktion erfolgt sein dürfte, trägt das fehlende Angebot zur Verknappung am Weltmarkt bei.


Industriemetalle

Nach teilweise deutlichen Preisverlusten letzte Woche starten die Metalle erneut schwächer in die neue Woche. In den letzten Tagen hatten sich die Rohstoffpreise auf eine globale Wirtschaftsabkühlung eingestellt. Die spekulativ orientierten Marktteilnehmer haben laut CFTC in der Woche zum 17. August am Kupfermarkt ihre Netto-Long-Positionen leicht um 7,5% auf 19,3 Tsd. Kontrakte reduziert. Damit liegen sie allerdings nur knapp unter dem in der Vorwoche verzeichneten 15-Wochenhoch. Da der Preisrückgang bei den Metallen jedoch nach dem Stichtag der Datenerfassung erfolgte, dürften die Netto-Long-Positionen seitdem weiter abgebaut worden sein. Die nach wie vor relativ hohen Positionen bergen zudem die Gefahr neuerlicher Preiskorrekturen, sollte sich die Stimmung am Markt weiter eintrüben.

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Laut dem International Aluminium Institute IAI ist die Weltaluminiumproduktion außerhalb Chinas in den ersten sieben Monaten des Jahres im Vergleich zum Vorjahr um 1,9% auf durchschnittlich 65,8 Tsd. Tonnen täglich gestiegen. Allerdings hat sich im gleichen Zeitraum die Aluminiumproduktion in China sogar um über 46% auf durchschnittlich 45,8 Tsd. Tonnen pro Tag erhöht. Damit war China für 41% des weltweiten Outputs an Aluminium verantwortlich und hat sich dabei zum Netto-Exporteur von Aluminium entwickelt. Wie die chinesische Zollbehörde mitteilte, haben sich die Exporte im Juli im Vergleich zum Vorjahr mehr als versiebenfacht, wobei Netto-Exporte von 12,4 Tsd. Tonnen verzeichnet wurden. China trägt somit maßgeblich zum hohen Angebotsüberschuss am globalen Aluminiummarkt bei. Wir erwarten kurzfristig einen Preisrückgang unter 2.000 USD je Tonne, den wir jedoch als eine langfristige Kaufgelegenheit erachten. Denn die hohen Produktionskosten werden künftig die Produktionsausweitung in China bremsen. Bereits im Juni ging deshalb die Produktion dort um knapp 4% zurück.


Agrarrohstoffe

Der Preis für Arabica-Kaffee steht noch immer im Bann der zunächst noch anhaltenden Knappheit an qualitativ hochwertigen Bohnen. Die Notierung für den nächstfälligen September-Kontrakt an der ICE ist am Freitag auf 1,81 USD je Pfund geklettert, der inzwischen bereits stärker gehandelte Dezember-Kontrakt stieg sogar auf 1,85 USD je Pfund. Höhere Preise wurden zuletzt im August 1997 gesehen. Unterstützt wird die Preisentwicklung vor allem von der Aktivität spekulativer Finanzanleger, die ihre Netto-Long-Positionen in der Woche zum 17. August nochmals um knapp 4 Tsd. Kontrakte auf gut 39 Tsd. Kontrakte bzw. das höchste Niveau seit Winter 2007/08 ausgebaut haben. Wir sind nach wie vor überzeugt, dass der Anstieg nicht nahhaltig ist und sich die Lage im vierten Quartal entspannen wird.

Der Preis für Rohzucker hat wieder die Marke von 20 US-Cents je Pfund erklommen bzw. das höchste Niveau seit Anfang März. Zuletzt hatte die Mitteilung, dass wegen der "zunehmenden Knappheit" die USA ihre Importe aus dem nächsten Fiskaljahr vorziehen, für Auftrieb gesorgt.


CFTC Daten: Netto-Long Positionen spekulativer Finanzanleger vs. Preis

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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