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Schwache US-Daten bringen Rohstoffe unter Druck

25.08.2010  |  Eugen Weinberg
Energie

Der WTI-Ölpreis handelt am Morgen leicht erholt bei 72 USD je Barrel, nachdem gestern zwischenzeitlich bei 71,3 USD der niedrigste Stand seit Anfang Juli verzeichnet wurde. Enttäuschende Daten zum US-Immobilienmarkt verstärkten die Sorgen vor einem erneuten Abrutschen der US-Wirtschaft in die Rezession, führten zu kräftigen Verlusten an den Aktienmärkten und setzten damit den Ölpreis unter Druck. Ein noch stärkerer Preisrückgang wurde durch einen schwächeren US-Dollar verhindert.

Die gestern nach Handelsschluss vom American Petroleum Institute veröffentlichten Lagerdaten zeigten zudem einen Rückgang der US-Rohöllagerbestände in der vergangenen Woche um 1,8 Mio. Barrel, was zum leichten Preisanstieg über Nacht beigetragen haben dürfte. Diese Daten sind allerdings mit Vorsicht zu genießen. Denn zum wiederholten Male kann der vom API gemeldete Lagerabbau nicht mit gefallenen Importen oder einer gestiegenen Raffinerieauslastung erklärt werden. Im Gegenteil, die Importe sind deutlich gestiegen und die Raffinerieauslastung ging um einen halben Prozentpunkt zurück. Rückschlüsse auf die offiziellen Lagerdaten des US-Energieministeriums heute Nachmittag sind daher kaum möglich. Erwartet wird ein Anstieg der Rohöllagerbestände um 300 Tsd. Barrel. Die Benzinvorräte sollen zwar um 450 Tsd. Barrel zurückgehen. Bei den Destillaten wird dafür ein Lageraufbau um 1 Mio. Barrel erwartet. Von daher könnten die gesamten US-Vorräte an Rohöl und Ölprodukten das in der Woche zuvor verzeichnete Rekordhoch nochmals übertreffen. Das Erholungspotenzial für den Ölpreis ist daher begrenzt.


Edelmetalle

Der Goldpreis konnte gestern im Zuge einer gestiegenen Risikoaversion unter den Finanzmarktteilnehmern wieder leicht zulegen und notiert heute Morgen über 1.230 USD je Feinunze. In Euro gerechnet steigt Gold auf ein 8-Wochenhoch von 975 EUR je Feinunze. Dabei ließ sich der Preis auch nicht durch leichte Abflüsse aus dem weltweit größten Gold-ETF, SPDR Gold Trust, beeindrucken. Dieser meldete gestern zum ersten Mal seit Monatsbeginn einen Rückgang seiner Bestände um 1,5 Tonnen. In seinem vierteljährlichen Report zum globalen Goldmarkt berichtet der World Gold Council (WGC) für das zweite Quartal einen Anstieg der Nachfrage im Vergleich zum Vorjahr von 36% auf 1.050 Tonnen.

Treiber dieses Anstiegs war abermals die Investmentnachfrage. So verzeichneten die Gold-ETFs mit gut 291 Tonnen die zweithöchsten, jemals registrierten Zuflüsse. Die Nachfrage nach Goldmünzen und -barren verdoppelte sich auf über 534 Tonnen. Die Zentralbanken waren mit 7,7 Tonnen das fünfte Quartal in Folge Netto-Käufer von Gold. Einzig die Schmucknachfrage fiel gegenüber Vorjahr leicht auf 409 Tonnen, was in erster Linie den hohen Goldpreisen während des zweiten Quartals geschuldet sein dürfte. Allerdings hat sich dabei die indische Goldnachfrage im ersten Halbjahr auf insgesamt 365 Tonnen nahezu verdoppelt. Indische Händler nutzten zuletzt jegliche Schwäche zu Käufen aus. Solange die Unsicherheit an den Märkten besteht und das Vertrauen der Anleger in die wirtschaftliche Erholung schwindet, dürfte die Goldnachfrage weiter hoch bleiben. Davon sollte der Goldpreis profitieren.


Industriemetalle

Belastet von schwachen US-Konjunkturdaten - die US-Hausverkäufe fielen im Juli auf den tiefsten Stand seit Beginn der Datenerfassung - gaben die Rohstoffpreise gestern in der Breite nach. Besonders betroffen waren neben den Energieträgern die Metallmärkte. Diese verzeichneten Verluste von bis zu 3%. Zink und Blei fielen jeweils unter die Marke von 2.000 USD je Tonne. Kupfer markierte ein 4-Wochentief, hält sich aber weiterhin über der psychologisch wichtigen Marke von 7.000 USD je Tonne. Die Veröffentlichung weiterer potenziell enttäuschender US-Konjunkturdaten, wie z.B. die Neubauverkäufe oder der Auftragseingang langlebiger Wirtschaftsgüter, könnten den Verkaufsdruck auf die Metalle noch erhöhen.

Auf der anderen Seite ziehen die niedrigeren Preise bereits wieder vereinzelt Käufer an. Im Rahmen der Präsentation seiner Gesamtjahreszahlen hat sich der weltweit größte Bergbaukonzern, BHP Billiton, zurückhaltend zu den kurzfristigen Aussichten für die Rohstoffpreise geäußert. Das Unternehmen sieht eine schwächere Nachfrage bei solchen Rohstoffen, wo die Nachfrage durch hohe Lagerbestände befriedigt werden kann. Mittel- bis langfristig behält BHP Billiton seinen optimistischen Ausblick bei und geht, getrieben von den Schwellenländern, von deutlich höheren Preisen aus.


Agrarrohstoffe

Die Kaffee-Preise sowohl für Arabica als auch für Robusta sind gestern massiv um 8% gefallen. Wir haben zuletzt mehrmals darauf hingewiesen, dass der Preisanstieg bei Kaffee zuvor hauptsächlich spekulativer Natur gewesen ist. Diese Rechnung scheint nun nicht aufzugehen. Bei Arabica lag das Hauptaugenmerk des Marktes zuvor auf Kolumbien, einem der wichtigsten Exporteure des hochwertigen Kaffees, und den nassen Bedingungen dort. Allerdings scheinen diese Befürchtungen grundlos. Denn das Land wird im nächsten Erntejahr ab Oktober womöglich eine der besten Ernten seit Jahren einfahren. So erwartet Neumann Kaffee Gruppe (NKG), dass Kolumbien im Erntejahr 2010/11 10,5 Mio. Sack Kaffee a 60 Kilo einfahren wird nach 7,8 Mio. Sack in diesem und 8,7 Mio. Sack im letzten Erntejahr 2008/09. Auch hat man bei Robusta offensichtlich die Rechnung ohne den Wirt gemacht.

Vietnam, der weltgrößte Robusta-Produzent, vermeldete gestern einen massiven Exportanstieg. Die Ausfuhren, die noch zu Jahresbeginn weiter unter den Vorjahresniveaus geblieben sind, haben zuletzt massiv zugenommen. Im Juli und August wurden unseren Berechnungen zufolge insgesamt 181 Tsd. Tonnen exportiert, 62% mehr als in der Vorjahresperiode. Normalerweise sind die Exporte aus Vietnam vom Sommer bis in den November, wenn die Ernte dort anfängt, relativ schwach. Aber offensichtlich bieten die gegenwärtig sehr hohen Kaffeepreise und die Schwäche der vietnamesischen Währung, die gerade gegenüber Dollar erneut abgewertet wurde, genug Anreize, um die Lagerbestände auf dem Weltmarkt anzubieten.

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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