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Überverkaufte Situation lockt die Schnäppchenjäger

26.08.2010  |  Eugen Weinberg
Energie

Der WTI-Ölpreis ist gestern erstmals seit Anfang Juni unter die Marke von 71 USD je Barrel gefallen, kann sich seither aber dank freundlicher Aktienmärkte sowie eines nachgebenden US-Dollar wieder auf 73 USD erholen. Der gestrige Preisrückgang wurde ausgelöst durch abermals enttäuschende US-Konjunkturdaten und den Lagerbericht des US-Energieministeriums. Die US-Rohöllagerbestände stiegen in der vergangenen Woche um 4,1 Mio. Barrel und damit deutlich stärker als erwartet. Der Lageraufbau erklärt sich mit gestiegenen Importen und einer deutlich geringeren Raffinerieauslastung. Der Anstieg der Lagerbestände bei Benzin und Destillaten lag mit 2,2 Mio. bzw. 1,8 Mio. Barrel ebenfalls deutlich über den Erwartungen. Die gesamten Lagerbestände an Rohöl und Ölprodukten stiegen auf ein neues Rekordhoch von 1,14 Mrd. Barrel. Angesichts dieser Nachrichten fällt der Rückgang der Rohöllagerbestände in Cushing um 779.000 Barrel kaum ins Gewicht.

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Der US-Erdgaspreis ist gestern erstmals seit Ende Mai unter die Marke von 4 USD je mmBtu gefallen und hat dabei zeitweise mit 3,83 USD den tiefsten Stand seit knapp fünf Monaten erreicht. Durch die anhaltend schwachen US-Konjunkturdaten schwindet die Hoffnung auf eine Erholung der industriellen Nachfrage. Gleichzeitig haben sich die Prognosen einer sehr aktiven Hurrikansaison bislang nicht erfüllt. Wir erachten den Erdgaspreis dennoch als deutlich zu niedrig. Die heute vom US-Energieministerium zu veröffentlichenden Lagerdaten dürften einen erneut unterdurchschnittlichen Lageraufbau von 38 Mrd. Kubikfuß zeigen. Der Lagerüberhang dürfte damit weiter abgebaut worden sein. Dieser betrug Mitte August nur noch 7%, nachdem er im Mai noch bei 19% gelegen hatte.


Edelmetalle

Gold konnte gestern mit über 1.240 USD bzw. mehr als 980 EUR je Feinunze die höchsten Niveaus seit Anfang Juli erreichen. Zum einen ließen erneut sehr schwache US-Konjunkturdaten das Vertrauen der Anleger in die Erholung der Wirtschaft weiter schwinden. Zum anderen führte die jüngste Herabstufung des Kreditratings von Irland durch die Ratingagentur Standard & Poor’s dazu, dass die Schuldenkrise in den Euro-Peripherieländen wieder erhöhte Aufmerksamkeit erhalten hat. Dies spiegelt sich zugleich in steigenden Risikoaufschlägen (CDS Spreads) für diese Länder wider. Gold dürfte im Zuge der neuerlichen Unsicherheiten nachgefragt bleiben, so dass der Preisanstieg gut unterstützt sein sollte.

Silber zeigte sich in den letzten beiden Tagen ebenfalls sehr stark und stieg insgesamt um mehr als 5% auf über 19 USD je Feinunze, den höchsten Stand seit Ende Juni. Der Gold-Silber-Koeffizient ist im Zuge dessen auf 65 gesunken, bleibt aber weiterhin deutlich über dem langjährigen Durchschnitt. Der Anstieg des Silberpreises dürfte maßgeblich auf Zuflüsse in Silber-ETFs zurückzuführen sein. Der weltweit größte Silber-ETF, iShares Silver Trust, berichtete vorgestern zum ersten Mal seit sechs Wochen über Zuflüsse von 24 Tonnen. Auch der Fondsanbieter ETF Securities meldet deutliche Zuflüsse. Trotz des jüngsten Preisanstiegs sehen wir bei Silber im Vergleich zu Gold nach wie vor Aufholpotenzial.


Industriemetalle

Die Rohstoffpreise im Allgemeinen und die Metalle im Speziellen kamen gestern im Zuge erneut sehr schwacher US-Konjunkturdaten deutlich unter Druck. Sowohl der Auftragseingang langlebiger Wirtschaftsgüter als auch die Neubauverkäufe enttäuschten auf ganzer Linie. Über Nacht konnten sich die Metallpreise aufgrund eines schwächeren US-Dollars und freundlicher Aktienmärkte etwas erholen. Diese, zum Teil technisch bedingte Gegenbewegung nach den Verlusten der vergangenen Wochen, sollte unserer Meinung nach allerdings eher kurzfristiger Natur sein. So hat beispielsweise der Baltic Dry Index, der die Frachtraten für Schüttguttransporte misst und als Vorlaufindikator angesehen wird, gestern seinen 14 Tage andauernden Aufwärtstrend beendet.

Gemäß Angaben des größten chinesischen Kupferproduzenten, Jiangxi Copper Co., könnten in China viele Schmelzhütten aufgrund historisch niedriger Schmelz- und Verarbeitungsgebühren (sog. TC/RCs) ihre Produktion zurückfahren. In Asien wurden zuletzt viele neue Schmelzkapazitäten in Betrieb genommen, die um ein aktuell relativ knappes Angebot an Kupferkonzentrat konkurrieren. Da die TC/RCs einen Großteil der Gewinne der Schmelzereien ausmachen, können viele Schmelzereien nicht mehr kostendeckend produzieren. Dies würde jedoch zugleich den Kupfermarkt einengen und dürfte zu steigenden Kupferpreisen führen.


Agrarrohstoffe

Trotz anhaltender Risiken hinsichtlich der Getreideernte haben die allgemeine Schwäche der Rohstoffe, eine Verschlechterung des charttechnischen Bildes und Gewinnmitnahmen die Weizenpreise zuletzt stark unter Druck gesetzt. Von der Spitze am 6. August haben die Weizenpreise mittlerweile über 20% abgegeben. Gestern dürfte der Preisrückgang der Dezember-Futures an der CBOT unter 7 USD je Scheffel den Abverkauf ausgelöst haben. Auch wenn wir damit rechnen, dass die Weizenpreise zum Jahresende auf 6 USD je Scheffel fallen werden, erscheint eine kurzfristige Reaktion nach oben wahrscheinlich. Dafür dürften die robuste Nachfrage und die anhaltenden Abwärtsrevisionen für die Ernte sorgen.

So erwartet Toepfer International, dass die Weizenernte in Deutschland in diesem Jahr auf lediglich 23,4 Mio. Tonnen von 25,2 Mio. Tonnen im Vorjahr fallen wird. Die anhaltenden Regenfälle dürften außerdem die Qualität massiv verschlechtern, womit ein großer Teil der Ernte nur noch als Futter und nicht mehr als Mahlweizen verwendet werden kann. Russland hat per 25. August 41,5 Mio. Tonnen Getreide geerntet. Zum selben Zeitpunkt des Vorjahres waren es 60,5 Mio. Tonnen. Auch sind Abwärtsrevisionen in Kanada und den USA wahrscheinlich, da die anhaltende Nässe in den Prärien die Einbringung der Sommerweizenernte erschwert. Die Nachfrage zeigt sich dagegen wenig preiselastisch. Die letzten Gebotsrunden der nordafrikanischen und asiatischen Länder verliefen sehr erfolgreich und man war für eine gute Qualität sogar bereit, hohe Aufschläge gegenüber den Börsenpreisen zu zahlen.


DOE Daten: US-Lagerbestände Rohöl, Ölprodukte und Erdgas

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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