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Auftakt zum Crash

06.09.2010  |  Clif Droke
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Droke: Finden Sie es verwunderlich, dass es in den frühen Phasen der Kreditkrise kaum Finanzexperten gab, die die zunehmenden Probleme wahrnahmen?

Dohmen: Mir kam es in der Tat sehr komisch vor, dass nur so wenige Leute darauf achteten. Es war ja gar nicht so schwierig. Im Jahr 2007 habe ich in unserem Wellington Letter immer wieder über all die sprichwörtlichen Kanarienvögel geschrieben. Ich hatte sogar eine Rubrik im Newsletter, die die "neuen Kanarienvögel in der Grube" beschrieb. Die April-Ausgabe von 2007 trug die Überschrift "The Perfect Financial Storm" und hier wurden alle Gründe für einen solchen aufgelistet. Nun war es so, dass sich die Situation der Subprime-Hypotheken gerade deutlich zu verschlechtern begann.

Ich wusste, dass die Subprime-Hypotheken von den Wall-Street-Firmen als CDO verpackt und auf der ganzen Welt verkauft wurden. Und da sie sich die Ratings der großen Rating-Agenturen im Grunde kauften, konnten Sie ein bisschen Müll hier und etwas Anderes da zusammenpacken und von den Agenturen dafür ein AAA-Rating bekommen. Was einfach nur erstaunlich ist, wenn man bedenkt, dass es nur vier US-Unternehmen gibt, die stark genug sind, um in den USA eine AAA-Bewertung für ihre Anleihen zu bekommen. Es war absolut unglaublich.

Dann fand ich heraus, dass die Rating-Agenturen mathematische Modelle benutzten, um eine solche AAA-Bewertung zu rechtfertigten und dass in diesen mathematischen Formeln sinkende Immobilienpreise überhaupt nicht vorgesehen waren. Ich war völlig schockiert und überrascht. Wie konnte man diesen gewaltigen, absoluten Spekulativwahn am Immobilienmarkt vor Augen haben und nicht daran denken, dass es eine Krise geben wird? Und zu dieser Zeit sagte ich dann auch, dass die Immobilienpreise wieder zurück auf die Stände von 2002 fallen würden. Sprich: Die gesamte, durch Überschusskredit verursachte Spekulativblase würde zerstört werden und wir würden wieder auf Normal kommen.

Hier in Nevada zum Beispiel stiegen die Immobilienpreise um 32 % und im nächsten Jahr waren es 33%. Und man fing an, zu glauben, dass all das normal und tragfähig sei. Und das war es nicht. Normalerweise hätte man zufrieden sein können, wären die Immobilien über die Jahre hinweg mit 5% pro Jahr gestiegen, wenn überhaupt so viel.


Droke: Es scheint ganz so, als hätten die zuständigen geldpolitischen Entscheidungsträger sogar bis zur sprichwörtlich letzten Minute mit einem Eingriff gewartet. Hätten die Fed und das US-Finanzministerium in den Jahren 2007 und 2008 irgendetwas tun können, um die Auswirkungen der Kreditkrise abzuschwächen?

Dohmen: Die Aufsichtbehörden arbeiteten mit der Wall Street zusammen und stimmten sich mit ihr ab. Das war kein Versagen des Kapitalismus, hier versagten die Aufsichtsbehörden und teilweise war es auch kriminell. Die Wall-Street-Firmen, die großen, mussten sich bis 2004 an eine 12:1-Kapitalmarge halten. Der Chef der SEC, ehemals Gründer einer sehr großen Wall-Street-Firma, der die Möglichkeit hatte, all diese Wall-Street-Leute zusammenzubringen, entschied mit diesen, die erlaubten Kapitalhebel auf, ich glaube, 34:1 anzuheben. Das war einfach unglaublich.

Ich weiß noch, dass ich damals sagte: "Wenn die spekulativen Investments dieser Firmen nur um 3% zurückgehen, so ist deren gesamtes Eigenkapital vernichtet." Ich fragte mich, wie man das nur zulassen konnte. Diese Leute luden einen Zusammenbruch ja förmlich ein. Zugelassen wurde es, weil je höher der Hebel, desto höher die potentiellen Gewinne. Und ich glaube, sie hatten die Theorie: Wenn etwas schief geht, wird der Steuerzahler die Verluste tragen. Sie bekommen die Gewinne und der Steuerzahler die Verluste. Und genau das passierte auch.

Solche Dinge passierten auch noch in anderen Bereichen des Immobilienmarktes. Fannie Mae und Freddie Mac sahen sich quasi gezwungen, Hypotheken an Leute zu vergeben, die keine Arbeit, kein Einkommen und kein Eigenkapital hatten. Trotzdem bekamen sie Hypotheken, denn die Kongressabgeordneten meinten, es wäre unbedingt notwendig. Man kennt die Namen dieser Kongressangeordneten. Dahinter stand also wirklich zuviel Staat, exzessive Spekulation und fehlende logische Kalkulation. Auch heute noch! Wenn man sich anschaut, dass die Federal Housing Administration Hypothekenkredite zu einer Anzahlung von nur 3% vergibt - 3% Anzahlung! Nicht wurde aus der letzten Episode gelernt. Und deswegen ist die Krise auch nicht vorbei. Wir sind erst in der Mitte angekommen. 50 Prozent kommen noch.


Droke: Können Sie einige der besonders bedenklichen Signale nennen, die es damals in den Monaten vor dem Einsetzen des 2008er-Bärenmarktes gegeben hatte?

Dohmen: Ich will nur ergänzen, dass das Hoch des fünfjährigen Bullenmarktes im Oktober 2007 erreicht wurde. Als dann klar wurde, dass die Bilanzierung nach Marktbewertung Anfang November 2007 kommen sollte, stiegen alle großen Jungs im Oktober 2007 aus. Der Bärenmarkt begann also mit der Mark-to-Market-Regelung. Der Bärenmarkt endete im März 2009. Die Mark-to-Market-Regelung wurde im April 2009 Jahres schließlich geändert, aber schon im März 2009 meinte der US-Kongress gegenüber der FASB, die diese Regeln macht: "Besser, ihr ändert die Regel, oder wir tun das für Euch." Im März [2009] wurde das bekannt und das führte damals zum Bärenmarkt-Tief. Wall Street ist wirklich ein Spiel, und wenn man weiß, wie es läuft, kann damit Geld machen, so wie sie.


Droke: Denken Sie, dass die Abschaffung des Uptick-Gesetzes im Juli 2007 eine Rolle im Aktienmarktcrash von 2008 gespielt hat?

Dohmen: Das denke ich in der Tat. Als sie beschlossen wurde, sagte ich, irgendwas sei da in Vorbereitung, um Leerverkäufe für die ganz großen Trading-Operation zu ermöglichen, ohne zuvor auf Kursverbesserungen warten müssen. Ich denke nicht, dass irgendetwas in den Finanzmärkten durch Zufall passiert. Ich denke, auch das war Teil davon. Warum sollte man auch ganz plötzlich das Uptick-Gesetz aussetzen, das ja seit 1933 in Kraft gewesen ist und gute Dienste geleistet hatte?




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