Gold und Silber auf Höhenflug
08.09.2010 | Eugen Weinberg
Energie
Der WTI-Ölpreis ist gestern weiter unter Druck geraten. Zeitweilig kostete WTI nur noch 72,6 USD je Barrel. Ausschlaggebend hierfür waren eine gestiegene Risikoaversion, ein festerer US-Dollar und die schwachen US-Fundamentaldaten. Der Preisaufschlag von Brent hat sich mittlerweile auf mehr als drei US-Dollar ausgeweitet. Der WTI-Preis dürfte sich in den kommenden Tagen weiter dem unteren Ende der Handelsspanne von 70-80 USD annähern und sich schlechter entwickeln als Brent. Zwar wird für die heute nach Handelsschluss zu veröffentlichenden API-Daten ein Lagerabbau bei Rohöl um 600 Tsd. Barrel erwartet, weil die Importe zurückgehen sollen.
Dies ändert jedoch wenig daran, dass sich die Lagerbestände in den USA auf einem rekordhohen Niveau befinden. Mit dem Ende der Sommerfahrsaison und der bevorstehenden nachfrageschwachen Zeit bis zum Beginn der Heizsaison in zwei Monaten dürften die Lagerbestände in den kommenden Wochen kaum zurückgehen. Die US-Energiebehörde EIA könnte der schwachen Fundamentalsituation in den USA Rechnung tragen und ihre Prognose für die US-Ölnachfrage in ihrem heutigen Monatsbericht nach unten revidieren.
Im August-Bericht sprach die EIA noch davon, dass unter den OECD-Ländern nur die USA einen nennenswerten Zuwachs der Ölnachfrage von 150 Tsd. Barrel pro Tag in diesem und im nächsten Jahr verzeichnen würden. Angesichts der bis zuletzt gestiegenen Lagerbestände und der weitgehend enttäuschend verlaufenen Sommerfahrsaison dürfte dies zu optimistisch sein. Zwar kann es anderswo zu Aufwärtsrevisionen kommen. Insgesamt überwiegt aber das Risiko, dass auch die Prognose für die weltweite Ölnachfrage nach unten revidiert wird. Bislang geht die EIA dank der Nachfrage in den Schwellenländern für 2010 von einem Nachfrageanstieg um 1,6 Mio. Barrel pro Tag aus.
Edelmetalle
Der Goldpreis handelt aktuell bei 1.260 USD je Feinunze und somit nur noch fünf USD vom im Juni erreichten Rekordhoch entfernt. Dass der Goldpreis trotz eines festeren US-Dollar weiter steigen konnte, ist als Zeichen relativer Stärke zu werten. Entsprechend kann auch der Goldpreis in Euro kräftig zulegen. Dieser notiert am Morgen nur noch knapp unter der Marke von 1.000 EUR je Feinunze. Es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis diese überwunden wird und Gold in USD gerechnet neue Rekordhochs markiert. Neue Sorgen über das europäische Bankensystem lassen Investoren wieder verstärkt Zuflucht in den sicheren Hafen Gold suchen. Die Gold-ETFs verzeichneten gestern Zuflüsse von knapp 4 Tonnen, wobei sich diese auf die kleineren ETFs konzentrierten. Die Nähe zum Rekordhoch dürfte weitere Anleger anlocken.
Der Silberpreis ist gestern erstmals seit März 2008 über die Marke von 20 USD je Feinunze gestiegen. Silber erfreut sich derzeit eines starken Anlegerinteresses. Gestern flossen erneut knapp 15 Tonnen in die Silber-ETFs. Aufgrund der hohen industriellen Verwendung, welche bei Silber noch immer mehr als 50% der Gesamtnachfrage ausmacht, profitiert Silber zudem von den schnell wachsenden Volkswirtschaften der Schwellenländer. Wir bleiben daher für die Preisaussichten von Silber positiv gestimmt.
Industriemetalle
Die Folgen der Produktionsstilllegungen in China wegen der Energie¬sparmaßnahmen nach Fünfjahresplan werden unseres Erachtens am Markt unterschätzt. Denn um die Ziele des Fünfjahresplans 2005-2010 zu erfüllen, muss der Energieverbrauch im Lande bis zum Jahresende noch um 4,5% gesenkt werden. Auch danach dürften die Einsparungen beibehalten oder sogar verschärft werden. Das hätte gravierende Folgen insbesondere für die metallischen Rohstoffe, deren Herstellung sehr energieintensiv ist. Dazu gehören die LME-Industriemetalle und Stahl. China ist bei den meisten Metallen der weltgrößte Produzent. So entfielen auf China im Juni dieses Jahres laut WBMS knapp 42% der Weltproduktion an raffiniertem Aluminium, bei Kupfer waren es 18%, bei Nickel 27%, bei Zink 41%, bei Blei sogar 45%.
Auch bei Stahl war China im Sommer laut IISI für 45% der Weltproduktion verantwortlich. Sollten die Sparmaßnahmen rasch implementiert werden, wird somit ein bedeutender Teil der Weltproduktion wegfallen. Um die Ziele zu erreichen, wird es jedoch nicht ausreichen, "nur" 5% der Kapazitäten bei Metallen zu schließen, auch dürften die Metallhütten vermutlich die Einsparungen für einige andere Industriezweige kompensieren. Außerdem führt eine geringere Energiezufuhr, wie das Beispiel Südafrika vor ein paar Jahren zeigte, zu einem noch stärkeren Produktionsrückgang. Wir glauben also, dass die Schließungen der Produktionsanlagen die Metallpreise trotz schwächerer Konjunktur mittelfristig gut unterstützen werden.
Agrarrohstoffe
Der Preisanstieg bei Baumwolle scheint derzeit nicht zu stoppen. Gestern legte der meistgehandelte Dezember-Kontrakt auf über 91 US-Cents je Pfund zu. Damit ist Baumwolle so teuer wie seit 15 Jahren nicht mehr. Beim weltgrößten Baumwollproduzenten und -importeur China könnte die Ernte aufgrund niedriger Temperaturen und zu viel Regen zum zweiten Mal in Folge schrumpfen. Dies würde höhere Importe notwendig machen. Die Produktion in Pakistan, das bisher nach China, Indien und den USA der viertgrößte Produzent war, ist durch die Fluten dezimiert.
Die Lagerbestände an Baumwolle an der Börse in New York sind inzwischen auf den niedrigsten Stand seit acht Jahren gesunken. Von daher überrascht nicht, dass auch das Interesse der Finanzanleger zunimmt. Die spekulativen Netto-Long-Positionen erreichten Ende August mit knapp 72 Tsd. Kontrakten ein Rekordniveau. Erst mit dem Beginn der US-Ernte im Oktober dürfte sich die Angebotslage entspannen und der Preis etwas zurückkommen. Die USA sollen in diesem Jahr etwa 50% mehr Baumwolle ernten als im Vorjahr, nachdem die Anbauflächen erheblich ausgedehnt wurden. Das Exportpotenzial wird weiterhin positiv eingeschätzt.
Der Erntefortschrittsbericht des US-Landwirtschaftsministeriums bezeichnet die Qualität der diesjährigen US-Baumwollernte mit 60% als gut oder exzellent und damit besser als im Vorjahr. Sollte auch die US-Ernte etwa in Folge von zu viel Feuchtigkeit oder Wirbelstürmen beschädigt werden, kann der Baumwollpreis in Richtung 100 US-Cents steigen.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der WTI-Ölpreis ist gestern weiter unter Druck geraten. Zeitweilig kostete WTI nur noch 72,6 USD je Barrel. Ausschlaggebend hierfür waren eine gestiegene Risikoaversion, ein festerer US-Dollar und die schwachen US-Fundamentaldaten. Der Preisaufschlag von Brent hat sich mittlerweile auf mehr als drei US-Dollar ausgeweitet. Der WTI-Preis dürfte sich in den kommenden Tagen weiter dem unteren Ende der Handelsspanne von 70-80 USD annähern und sich schlechter entwickeln als Brent. Zwar wird für die heute nach Handelsschluss zu veröffentlichenden API-Daten ein Lagerabbau bei Rohöl um 600 Tsd. Barrel erwartet, weil die Importe zurückgehen sollen.
Dies ändert jedoch wenig daran, dass sich die Lagerbestände in den USA auf einem rekordhohen Niveau befinden. Mit dem Ende der Sommerfahrsaison und der bevorstehenden nachfrageschwachen Zeit bis zum Beginn der Heizsaison in zwei Monaten dürften die Lagerbestände in den kommenden Wochen kaum zurückgehen. Die US-Energiebehörde EIA könnte der schwachen Fundamentalsituation in den USA Rechnung tragen und ihre Prognose für die US-Ölnachfrage in ihrem heutigen Monatsbericht nach unten revidieren.
Im August-Bericht sprach die EIA noch davon, dass unter den OECD-Ländern nur die USA einen nennenswerten Zuwachs der Ölnachfrage von 150 Tsd. Barrel pro Tag in diesem und im nächsten Jahr verzeichnen würden. Angesichts der bis zuletzt gestiegenen Lagerbestände und der weitgehend enttäuschend verlaufenen Sommerfahrsaison dürfte dies zu optimistisch sein. Zwar kann es anderswo zu Aufwärtsrevisionen kommen. Insgesamt überwiegt aber das Risiko, dass auch die Prognose für die weltweite Ölnachfrage nach unten revidiert wird. Bislang geht die EIA dank der Nachfrage in den Schwellenländern für 2010 von einem Nachfrageanstieg um 1,6 Mio. Barrel pro Tag aus.
Edelmetalle
Der Goldpreis handelt aktuell bei 1.260 USD je Feinunze und somit nur noch fünf USD vom im Juni erreichten Rekordhoch entfernt. Dass der Goldpreis trotz eines festeren US-Dollar weiter steigen konnte, ist als Zeichen relativer Stärke zu werten. Entsprechend kann auch der Goldpreis in Euro kräftig zulegen. Dieser notiert am Morgen nur noch knapp unter der Marke von 1.000 EUR je Feinunze. Es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis diese überwunden wird und Gold in USD gerechnet neue Rekordhochs markiert. Neue Sorgen über das europäische Bankensystem lassen Investoren wieder verstärkt Zuflucht in den sicheren Hafen Gold suchen. Die Gold-ETFs verzeichneten gestern Zuflüsse von knapp 4 Tonnen, wobei sich diese auf die kleineren ETFs konzentrierten. Die Nähe zum Rekordhoch dürfte weitere Anleger anlocken.
Der Silberpreis ist gestern erstmals seit März 2008 über die Marke von 20 USD je Feinunze gestiegen. Silber erfreut sich derzeit eines starken Anlegerinteresses. Gestern flossen erneut knapp 15 Tonnen in die Silber-ETFs. Aufgrund der hohen industriellen Verwendung, welche bei Silber noch immer mehr als 50% der Gesamtnachfrage ausmacht, profitiert Silber zudem von den schnell wachsenden Volkswirtschaften der Schwellenländer. Wir bleiben daher für die Preisaussichten von Silber positiv gestimmt.
Industriemetalle
Die Folgen der Produktionsstilllegungen in China wegen der Energie¬sparmaßnahmen nach Fünfjahresplan werden unseres Erachtens am Markt unterschätzt. Denn um die Ziele des Fünfjahresplans 2005-2010 zu erfüllen, muss der Energieverbrauch im Lande bis zum Jahresende noch um 4,5% gesenkt werden. Auch danach dürften die Einsparungen beibehalten oder sogar verschärft werden. Das hätte gravierende Folgen insbesondere für die metallischen Rohstoffe, deren Herstellung sehr energieintensiv ist. Dazu gehören die LME-Industriemetalle und Stahl. China ist bei den meisten Metallen der weltgrößte Produzent. So entfielen auf China im Juni dieses Jahres laut WBMS knapp 42% der Weltproduktion an raffiniertem Aluminium, bei Kupfer waren es 18%, bei Nickel 27%, bei Zink 41%, bei Blei sogar 45%.
Auch bei Stahl war China im Sommer laut IISI für 45% der Weltproduktion verantwortlich. Sollten die Sparmaßnahmen rasch implementiert werden, wird somit ein bedeutender Teil der Weltproduktion wegfallen. Um die Ziele zu erreichen, wird es jedoch nicht ausreichen, "nur" 5% der Kapazitäten bei Metallen zu schließen, auch dürften die Metallhütten vermutlich die Einsparungen für einige andere Industriezweige kompensieren. Außerdem führt eine geringere Energiezufuhr, wie das Beispiel Südafrika vor ein paar Jahren zeigte, zu einem noch stärkeren Produktionsrückgang. Wir glauben also, dass die Schließungen der Produktionsanlagen die Metallpreise trotz schwächerer Konjunktur mittelfristig gut unterstützen werden.
Agrarrohstoffe
Der Preisanstieg bei Baumwolle scheint derzeit nicht zu stoppen. Gestern legte der meistgehandelte Dezember-Kontrakt auf über 91 US-Cents je Pfund zu. Damit ist Baumwolle so teuer wie seit 15 Jahren nicht mehr. Beim weltgrößten Baumwollproduzenten und -importeur China könnte die Ernte aufgrund niedriger Temperaturen und zu viel Regen zum zweiten Mal in Folge schrumpfen. Dies würde höhere Importe notwendig machen. Die Produktion in Pakistan, das bisher nach China, Indien und den USA der viertgrößte Produzent war, ist durch die Fluten dezimiert.
Die Lagerbestände an Baumwolle an der Börse in New York sind inzwischen auf den niedrigsten Stand seit acht Jahren gesunken. Von daher überrascht nicht, dass auch das Interesse der Finanzanleger zunimmt. Die spekulativen Netto-Long-Positionen erreichten Ende August mit knapp 72 Tsd. Kontrakten ein Rekordniveau. Erst mit dem Beginn der US-Ernte im Oktober dürfte sich die Angebotslage entspannen und der Preis etwas zurückkommen. Die USA sollen in diesem Jahr etwa 50% mehr Baumwolle ernten als im Vorjahr, nachdem die Anbauflächen erheblich ausgedehnt wurden. Das Exportpotenzial wird weiterhin positiv eingeschätzt.
Der Erntefortschrittsbericht des US-Landwirtschaftsministeriums bezeichnet die Qualität der diesjährigen US-Baumwollernte mit 60% als gut oder exzellent und damit besser als im Vorjahr. Sollte auch die US-Ernte etwa in Folge von zu viel Feuchtigkeit oder Wirbelstürmen beschädigt werden, kann der Baumwollpreis in Richtung 100 US-Cents steigen.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.