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Silber überstrahlt Gold

14.09.2010  |  Eugen Weinberg
Energie

Der WTI-Ölpreis handelt am Morgen wenig verändert bei 77 USD je Barrel, nachdem gestern ein Ausbruchversuch bei 78 USD zunächst gescheitert ist. Da wir uns am oberen Ende der seit Monaten bestehenden Handelsspanne bewegen, wird die Luft für einen weiteren Preisanstieg dünner. Katalysator für einen erneuten Anstiegsversuch könnten die US-Lagerdaten sein, welche heute Abend nach Handelsschluss (API) bzw. morgen Nachmittag (DOE) veröffentlicht werden. Erwartet wird ein deutlicher Rückgang der Rohölvorräte aufgrund niedrigerer Rohölimporte infolge der Schließung der größten Ölpipeline, welche täglich 670 Tsd. Barrel Rohöl aus Kanada in die USA liefert. Allerdings scheint die Markterwartung eines Lagerabbaus um 2,3 Mio. Barrel überzogen, bedenkt man, dass die Schließung der Ölleitung erst am Donnerstag erfolgte und somit nur zwei Tage in die Berichtswoche fallen.

Heute feiert die OPEC den 50. Jahrestag ihrer Gründung. Die OPEC stellt ca. 40% der weltweiten Ölproduktion und besitzt gut drei Viertel der nachgewiesenen Reserven. Gleichzeitig verfügen nur die OPEC-Mitglieder über nennenswerte freie Produktionskapazitäten. Die OPEC ist damit der mit Abstand wichtigste Spieler auf dem Ölmarkt, sofern die Mitglieder an einem Strang ziehen. Das ist das größte Dilemma des Kartells. Die 2008 beschlossenen Förderkürzungen werden nur noch zur Hälfte umgesetzt, was trotz Nachfrageerholung zu einer Überversorgung des Ölmarktes beiträgt und einem Rückgang der Lagerbestände entgegensteht.


Edelmetalle

Geht dem Goldpreisanstieg die Puste aus? Das gelbe Metall konnte nicht von der deutlichen Abwertung des US-Dollar profitieren, sondern blieb unterhalb der Marke von 1.250 USD je Feinunze. Der Goldpreis in Euro gab dagegen um mehr als ein Prozent auf weniger als 970 EUR je Feinunze nach. Der steigende Risikoappetit lässt Anleger in riskantere Anlagen umschichten. Der weltgrößte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, vermeldet gestern Abflüsse von 0,9 Tonnen. Angesichts des beträchtlichen Überhangs an spekulativen Long-Positionen drohen bei anhaltender Flaute Gewinnmitnahmen seitens der kurzfristig orientierten Finanzanleger. Das Risiko von Positionsauflösungen steigt mit jedem Tag, an welchem der Goldpreis es nicht schafft, das Rekordhoch von 1.265 USD zu überwinden. Die Folge wäre ein markanter Preisrückgang in Richtung 1.200 USD.

Der Silberpreis konnte über Nacht auf ein 2½-Jahreshoch von 20,2 USD je Feinunze steigen. Dank seines industriellen Charakters profitiert Silber vom Konjunkturoptimismus, welcher durch die jüngsten chinesischen Daten ausgelöst wurde. Nach dem Überwinden der 20-USD-Marke könnten weitere Anleger auf den fahrenden Zug aufspringen, was sich in neuerlichen Zuflüssen in die Silber-ETFs und einem weiteren Anstieg der Netto-Long-Positionen der spekulativen Finanzanleger widerspiegeln würde.


Industriemetalle

Des einen Leid, des anderen Freud! Die Schließung der Produktionsanlagen für Stahl und Gußeisen in China wegen der Energiesparmaßnahmen dürfte die ausländischen Stahlproduzenten erfreuen. Zum einen werden dadurch die chinesischen Stahlexporte nahezu vollständig verschwinden. Während China in diesem Jahr im Durchschnitt weniger als 4 Mio. Tonnen Stahlprodukte monatlich exportiert hat, dürfte die Stahlproduktion in den kommenden Monaten sogar um über 5 Mio. Tonnen monatlich fallen. Zum anderen verbilligen sich die Ausgangsrohstoffe für die Stahlherstellung.

Nicht nur die Kontrakt-Preise für Kokskohle und Eisenerz im 4.Quartal werden fallen, auch dürfte die geringere Nachfrage aus China die Kassapreise weiter belasten. Die chinesischen Eisenerzimporte sind im August bereits um 13% im Vergleich zum Juli auf 44,6 Mio.Tonnen gesunken, obwohl die Stahlproduktion bei 51,6 Mio. Tonnen noch stabil gewesen ist. Ausschlaggebend für den Importrückgang war der Anstieg der Eisenerzproduktion in China, die im August um 2% auf knapp 100 Mio. Tonnen zunahm.

Laut chinesischem Nicht-Eisenmetallverband wird die chinesische Zinkproduktion in diesem Jahr um 15% auf 5 Mio. Tonnen und die Bleiproduktion um 7-8% auf 4,05 Mio. Tonnen zunehmen. Im August ist die Zinkproduktion um 5,1% auf 433 Tsd. Tonnen gestiegen, die Bleiproduktion verzeichnete einen neuen Rekord bei 404 Tsd. Tonnen. In den ersten acht Monaten des Jahres hat somit die Produktion von Zink um insgesamt 23,9% und die von Blei um 2,4% zugenommen. Unabhängig davon sagte der Chef des größten Zinkproduzenten Chinas, Zhuzhou Smelter, dass die Zinkschmelzkapazitäten bis zum Jahr 2015 auf 8-9 Mio. Tonnen pro Jahr wachsen werden.


Agrarrohstoffe

Gestern stieg der meistgehandelte Dezember-Kontrakt für Baumwolle an der CBOT auf 92,7 US-Cents je Pfund, ein neues 15-Jahreshoch. Zu niedrige Temperaturen und zu viel Niederschlag haben den Zustand der Baumwollfelder in China stark beeinträchtigt. Das chinesische Landwirtschaftsministerium rechnet für 2010 mit einer Ernte von 6,4 Mio. Tonnen und ist damit deutlich pessimistischer als das USDA. Angesichts der starken Nachfrage aus der Textilindustrie wird dies den chinesischen Importbedarf erhöhen. Auch das USDA hat in seiner aktuellen Angebots- und Nachfrageschätzung die Importe Chinas nochmals auf 2,8 Mio. Tonnen nach oben korrigiert. Hoffnungen auf eine deutliche Ausweitung des Baumwollangebots aus Indien dürften ebenfalls enttäuscht werden.

Der nach den USA zweitgrößte Baumwollexporteur wird ab Oktober lediglich 1,2 Mio. Tonnen Baumwolle für den Export freigeben und Exporte darüber hinaus mit einer Strafsteuer belegen. Trotz eines guten Erntefortschritts in den USA ist somit das zweite Jahr in Folge ein Defizit am Weltbaumwollemarkt wahrscheinlich, wobei einem Angebot von 25,46 Mio. Tonnen eine Nachfrage von 26,24 Mio. Tonnen gegenüber steht. Auch wenn sich somit das Defizit von 3,5 Mio. Tonnen im Jahr 2009/10 deutlich verringern wird und die neuen Ernten die Lage entspannen werden, bleiben die Baumwollpreise vorerst im Aufwind.

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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