Rekordhoch bei Gold dürfte weitere Anleger locken
15.09.2010 | Eugen Weinberg
Energie
Der WTI-Ölpreis fällt am Morgen auf 76 USD je Barrel, nachdem gestern erneut ein Anstiegsversuch bei 78 USD gescheitert war. Dies kann als Signal einer bevorstehenden Abwärtsbewegung interpretiert werden, welche den Ölpreis wieder in Richtung unteres Ende der seit Monaten bestehenden Handelsspanne von 70 bis 80 USD führen könnte. Die Schließung der größten Ölleitung zwischen Kanada und den USA hat sich bislang nicht in den Lagerdaten niedergeschlagen. Laut API stiegen die Rohöllagerbestände in der vergangenen Woche sogar um 3,3 Mio. Barrel.
Der Lageraufbau war auf gestiegene Importe und eine niedrigere Raffinerieauslastung zurückzuführen. Der Großteil des Lieferausfalls von bis zu 670 Tsd. Barrel pro Tag dürfte wahrscheinlich erst in den nächsten Daten sichtbar werden. Von daher scheint die Markterwartung eines Lagerabbaus um 2,5 Mio. Barrel für die heutigen DOE-Daten zu optimistisch, was den WTI-Ölpreis am Nachmittag weiter belasten könnte.
Die Preisdifferenz zwischen Brent und WTI hat sich nach der API-Lagerveröffentlichung wieder auf mehr als zwei US-Dollar ausgeweitet. Die Spreadausweitung dürfte auch damit zusammenhängen, dass der Pipelinebetreiber Enbridge die geschlossene Ölleitung möglicherweise schon in dieser Woche ohne langwierige Genehmigungsverfahren der US-Behörden wieder in Betrieb nehmen darf und sich der daraus resultierende Lieferausfall somit in Grenzen hält. Heute nach Handelsschluss läuft der Oktober-Kontrakt bei Brent aus, so dass ab morgen der Vergleich der beiden Ölsorten erschwert ist.
Edelmetalle
Gold markierte am Vorabend des zweiten Jahrestages der Pleite von Lehman ein neues Rekordhoch von 1.275 USD je Feinunze. Der schwächere US-Dollar, charttechnische Aspekte und das Momentum dürften für die Investoren eher eine Rolle gespielt haben als die viel zitierte Flucht in Sicherheit. Ein merklicher Anstieg der Risikoaversion war gestern nämlich nicht zu beobachten. Durch den Preisanstieg ist nicht nur die Gefahr von Gewinnmitnahmen spekulativer Finanzanleger deutlich gesunken. Vielmehr könnten nun weitere Investoren auf den fahrenden Zug aufspringen.
Der weltgrößte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, vermeldet gestern Zuflüsse von 6 Tonnen. Die Bestände liegen aber noch immer gut 20 Tonnen unter dem Rekordwert von Ende Juni. Unterstützung erhält der Goldpreis auch von der Angebotsseite. Die russische Goldminenproduktion lag in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres mit 83,9 Tonnen 5,9% unter dem Vergleichswert des Vorjahres. Die Gesamtproduktion liegt nach sieben Monaten bei 98 Tonnen. Somit dürfte es schwierig werden, das Jahresziel von 207 Tonnen zu erreichen.
Auch die anderen Edelmetalle konnten im Schlepptau von Gold deutliche Preiszuwäche verzeichnen. Silber erreichte mit 20,5 USD je Feinunze den höchsten Stand seit 2½ Jahren. Neben einem gestiegenen Anlegerinteresse profitiert Silber auch von der Erwartung einer höheren industriellen Nachfrage. Diese stellt bei Silber mehr als die Hälfte der Gesamtnachfrage.
Industriemetalle
Während die anderen LME-Metalle zuletzt eher richtungslos waren, hat der Zinnpreis gestern bei 22.600 USD je Tonne ein neues Zweijahreshoch markiert. Zum einen trägt dazu das generelle Verbot für den Bergbau in den zinnreichen östlichen Provinzen Kongos bei, dem größten Zinnproduzenten Afrikas. Außerdem sind die LME-Lagerbestände für Zinn gerade auf das tiefste Niveau seit Mai 2009 gefallen: Seit Jahresbeginn haben sie sich nahezu halbiert. Auch die charttechnische Situation und die Nähe zu neuen Hochs dürften zum Preisanstieg beigetragen haben. Ein Marktteilnehmer allein hält über 30% der LME-Lagerscheine. Noch stärker konzentriert ist zurzeit der Kupfermarkt: Hier verfügt ein Marktteilnehmer über 40-49% der Lagerscheine, ein anderer über weitere 30-39%. Die hohe Konzentration macht diese Märkte anfälliger für kurzfristige Volatilität.
Der Baltic Dry Index ist zuletzt gefallen. Offensichtlich kann der Anstieg der Nachfrage nach Schiffen zum Getreidetransport den Rückgang der Eisenerznachfrage nicht kompensieren. Die fallenden Lagerbestände für Eisenerz in den chinesischen Häfen, die seit Anfang August mittlerweile um knapp 10 Mio. Tonnen zurückgingen, deuten außerdem darauf hin, dass die Stahlproduzenten in China aktuell vermehrt auf die Lager zurückgreifen. Zum einen können sie damit die Zeit bis zum Oktober überbrücken, da die Kontrakt-Eisenerzpreise im 4. Quartal ca. 11% tiefer als im 3. Quartal sein werden. Zum anderen dürften die Schließungen von Produktionsanlagen für Stahl und Gusseisen in China die Spotpreise für Eisenerz belasten.
Agrarrohstoffe
In den letzten zwei Wochen hat sich der Preisanstieg bei Rohzucker nochmals beschleunigt, wobei der Preis um 23% auf ein 6½-Monatshoch von 24,4 US-Cents je Pfund anstieg. Zwar stellt sich die fundamentale Lage nicht schlecht dar. So meldet die brasilianische Zuckervereinigung UNICA für die zweite Augusthälfte eine gegenüber dem Vorjahr um 60% gesteigerte Zuckerproduktion. Seit Erntebeginn liegt die Produktion 30% über dem Vorjahr. Der für das Erntejahr erwartete Anstieg von 17% könnte daher übertroffen werden. Es gibt aber auch Risiken. So leidet das Zuckerrohr unter der Trockenheit in der wichtigsten Anbauregion Center-South. Es wird daher befürchtet, dass dies zu einem vorzeitigen Ende der diesjährigen Ernte führen und auch die Ernte im kommenden Jahr beeinträchtigen könnte, zumal auch für den September kein nennenswerter Niederschlag vorhergesagt ist.
Umgekehrt ist die Situation in Indien. Zwar sollte sich die Ernte in diesem Jahr hier deutlich auf 26 Mio. Tonnen erholen, doch macht der nach hinten verschobene Monsun Verzögerungen in der Ernte wahrscheinlicher und könnte auch die Qualität des Zuckerrohrs vor der Ernte im Oktober noch beeinträchtigen. Neben diesen Befürchtungen trägt aber auch das inzwischen wieder gestiegene Interesse spekulativer Anleger sowie von Fonds, die ihre Long-Positionen aufstocken, zum hohen Preisniveau bei.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der WTI-Ölpreis fällt am Morgen auf 76 USD je Barrel, nachdem gestern erneut ein Anstiegsversuch bei 78 USD gescheitert war. Dies kann als Signal einer bevorstehenden Abwärtsbewegung interpretiert werden, welche den Ölpreis wieder in Richtung unteres Ende der seit Monaten bestehenden Handelsspanne von 70 bis 80 USD führen könnte. Die Schließung der größten Ölleitung zwischen Kanada und den USA hat sich bislang nicht in den Lagerdaten niedergeschlagen. Laut API stiegen die Rohöllagerbestände in der vergangenen Woche sogar um 3,3 Mio. Barrel.
Der Lageraufbau war auf gestiegene Importe und eine niedrigere Raffinerieauslastung zurückzuführen. Der Großteil des Lieferausfalls von bis zu 670 Tsd. Barrel pro Tag dürfte wahrscheinlich erst in den nächsten Daten sichtbar werden. Von daher scheint die Markterwartung eines Lagerabbaus um 2,5 Mio. Barrel für die heutigen DOE-Daten zu optimistisch, was den WTI-Ölpreis am Nachmittag weiter belasten könnte.
Die Preisdifferenz zwischen Brent und WTI hat sich nach der API-Lagerveröffentlichung wieder auf mehr als zwei US-Dollar ausgeweitet. Die Spreadausweitung dürfte auch damit zusammenhängen, dass der Pipelinebetreiber Enbridge die geschlossene Ölleitung möglicherweise schon in dieser Woche ohne langwierige Genehmigungsverfahren der US-Behörden wieder in Betrieb nehmen darf und sich der daraus resultierende Lieferausfall somit in Grenzen hält. Heute nach Handelsschluss läuft der Oktober-Kontrakt bei Brent aus, so dass ab morgen der Vergleich der beiden Ölsorten erschwert ist.
Edelmetalle
Gold markierte am Vorabend des zweiten Jahrestages der Pleite von Lehman ein neues Rekordhoch von 1.275 USD je Feinunze. Der schwächere US-Dollar, charttechnische Aspekte und das Momentum dürften für die Investoren eher eine Rolle gespielt haben als die viel zitierte Flucht in Sicherheit. Ein merklicher Anstieg der Risikoaversion war gestern nämlich nicht zu beobachten. Durch den Preisanstieg ist nicht nur die Gefahr von Gewinnmitnahmen spekulativer Finanzanleger deutlich gesunken. Vielmehr könnten nun weitere Investoren auf den fahrenden Zug aufspringen.
Der weltgrößte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, vermeldet gestern Zuflüsse von 6 Tonnen. Die Bestände liegen aber noch immer gut 20 Tonnen unter dem Rekordwert von Ende Juni. Unterstützung erhält der Goldpreis auch von der Angebotsseite. Die russische Goldminenproduktion lag in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres mit 83,9 Tonnen 5,9% unter dem Vergleichswert des Vorjahres. Die Gesamtproduktion liegt nach sieben Monaten bei 98 Tonnen. Somit dürfte es schwierig werden, das Jahresziel von 207 Tonnen zu erreichen.
Auch die anderen Edelmetalle konnten im Schlepptau von Gold deutliche Preiszuwäche verzeichnen. Silber erreichte mit 20,5 USD je Feinunze den höchsten Stand seit 2½ Jahren. Neben einem gestiegenen Anlegerinteresse profitiert Silber auch von der Erwartung einer höheren industriellen Nachfrage. Diese stellt bei Silber mehr als die Hälfte der Gesamtnachfrage.
Industriemetalle
Während die anderen LME-Metalle zuletzt eher richtungslos waren, hat der Zinnpreis gestern bei 22.600 USD je Tonne ein neues Zweijahreshoch markiert. Zum einen trägt dazu das generelle Verbot für den Bergbau in den zinnreichen östlichen Provinzen Kongos bei, dem größten Zinnproduzenten Afrikas. Außerdem sind die LME-Lagerbestände für Zinn gerade auf das tiefste Niveau seit Mai 2009 gefallen: Seit Jahresbeginn haben sie sich nahezu halbiert. Auch die charttechnische Situation und die Nähe zu neuen Hochs dürften zum Preisanstieg beigetragen haben. Ein Marktteilnehmer allein hält über 30% der LME-Lagerscheine. Noch stärker konzentriert ist zurzeit der Kupfermarkt: Hier verfügt ein Marktteilnehmer über 40-49% der Lagerscheine, ein anderer über weitere 30-39%. Die hohe Konzentration macht diese Märkte anfälliger für kurzfristige Volatilität.
Der Baltic Dry Index ist zuletzt gefallen. Offensichtlich kann der Anstieg der Nachfrage nach Schiffen zum Getreidetransport den Rückgang der Eisenerznachfrage nicht kompensieren. Die fallenden Lagerbestände für Eisenerz in den chinesischen Häfen, die seit Anfang August mittlerweile um knapp 10 Mio. Tonnen zurückgingen, deuten außerdem darauf hin, dass die Stahlproduzenten in China aktuell vermehrt auf die Lager zurückgreifen. Zum einen können sie damit die Zeit bis zum Oktober überbrücken, da die Kontrakt-Eisenerzpreise im 4. Quartal ca. 11% tiefer als im 3. Quartal sein werden. Zum anderen dürften die Schließungen von Produktionsanlagen für Stahl und Gusseisen in China die Spotpreise für Eisenerz belasten.
Agrarrohstoffe
In den letzten zwei Wochen hat sich der Preisanstieg bei Rohzucker nochmals beschleunigt, wobei der Preis um 23% auf ein 6½-Monatshoch von 24,4 US-Cents je Pfund anstieg. Zwar stellt sich die fundamentale Lage nicht schlecht dar. So meldet die brasilianische Zuckervereinigung UNICA für die zweite Augusthälfte eine gegenüber dem Vorjahr um 60% gesteigerte Zuckerproduktion. Seit Erntebeginn liegt die Produktion 30% über dem Vorjahr. Der für das Erntejahr erwartete Anstieg von 17% könnte daher übertroffen werden. Es gibt aber auch Risiken. So leidet das Zuckerrohr unter der Trockenheit in der wichtigsten Anbauregion Center-South. Es wird daher befürchtet, dass dies zu einem vorzeitigen Ende der diesjährigen Ernte führen und auch die Ernte im kommenden Jahr beeinträchtigen könnte, zumal auch für den September kein nennenswerter Niederschlag vorhergesagt ist.
Umgekehrt ist die Situation in Indien. Zwar sollte sich die Ernte in diesem Jahr hier deutlich auf 26 Mio. Tonnen erholen, doch macht der nach hinten verschobene Monsun Verzögerungen in der Ernte wahrscheinlicher und könnte auch die Qualität des Zuckerrohrs vor der Ernte im Oktober noch beeinträchtigen. Neben diesen Befürchtungen trägt aber auch das inzwischen wieder gestiegene Interesse spekulativer Anleger sowie von Fonds, die ihre Long-Positionen aufstocken, zum hohen Preisniveau bei.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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