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Der letzte Kreditgeber

02.08.2012  |  Robert Rethfeld
"Einen letzten Kreditgeber sollte es zwar geben, aber man sollte sich seiner Gegenwart nie sicher sein können. Eile immer zu Hilfe, um unnötige Deflation zu vermeiden, aber lasse immer offen, ob die Rettung noch rechtzeitig oder überhaupt noch kommen wird, damit die anderen Spekulanten, die Banken, Städte und Staaten vorsichtig werden.“

Charles Kindleberger schrieb dies im Jahr 1978 in seinem Buch "Manien, Paniken, Crashes". Weit vor Rogoff / Reinhart analysierte er die Geschichte der Finanzkrisen.

Das bedeutet, dass man ein für das Finanzsystem minder bedrohliches Subjekt fallen lassen kann (wie z.B. Griechenland), um ein Exempel zu statuieren und die verbliebenen Staaten zu größeren Anstrengungen zu zwingen. In dem Moment, wo das Finanzsystem jedoch tatsächlich zusammenzubrechen droht (z.B. durch einen Bankrott Spaniens oder Italiens), gibt es keine Alternative zum letzten Kreditgeber.

Im Jahr 2008 verfuhr die US-Zentralbank nach dieser Maxime. Sie ließ Lehman Brothers in den Konkurs laufen, rettete aber systemrelevante Unternehmen wie den US-Versicherer AIG sowie die Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac.

Die US-Zentralbank hat in der Vergangenheit zeitweise die gesamte amerikanische Neuverschuldung "geschluckt“. Zu Zeiten des "QE 2“ waren dies monatlich 100 Milliarden US-Dollar. Die Fed lässt keinen Zweifel daran, dass sie mit der Monetisierung der Staatsverschuldung ("Gelddrucken“) fortfahren würde, sollte sich die Notwendigkeit ergeben. Sie dürfte etwa 12% der amerikanischen Staatsverschuldung in ihren Büchern haben.

Die britische Zentralbank hat jüngst ihre dritte QE-Runde gestartet. Sie weist 375 Mrd. Pfund in Form von britischen Staatsanleihen ihrer Bilanz aus. Die britische Staatsverschuldung beläuft sich auf 1.038 Mrd. Pfund. Das bedeutet: Der Bank of England gehören 36% der britischen Staatsverschuldung. Dennoch ist die britische Inflationsrate von über 5% im Oktober 2011 auf aktuell 2,4% gefallen.

Auch die japanische Zentralbank ist als "Lender of last resort“ aktiv. Die Europäische Zentralbank hat die Rolle des letzten Kreditgebers bisher weitgehend abgelehnt. Das kann sie nun nicht mehr.

Wir schrieben dazu in unserer Tagesausgabe vom 10. November 2011: "Die EZB ist die einzige Institution, die in der Lage ist, den Zusammenbruch des Euro-Systems zu verhindern. Die Frage ist: Was will Draghi später im Geschichtsbuch über sich lesen? Die Schlagzeile könnte lauten: "Durch das Nicht-Eingreifen der EZB im Jahr 2011 begann in Europa eine längere Phase wirtschaftlicher und politischer Instabilität. Der Zusammenbruch des Euro-Systems und das anschließende Chaos hätten vermieden werden können, wenn die europäische Zentralbank ihrer Verantwortung als letzter Kreditgeber gerecht geworden wäre. Es ist kaum vorstellbar, dass sich die EZB als "Totengräber des Euro“ titulieren lassen möchte. Sie würde sich den Ast absägen, auf dem sie sitzt. Eine Existenzberechtigung der EZB bestünde dann nicht mehr."

Kindleberger hat auf etwas hingewiesen, was häufig zu schnell unter geht. Deshalb hier noch einmal: "Eile immer zu Hilfe, um unnötige Deflation zu vermeiden". Man braucht nur einen Blick auf die Charts zu werfen, um zu verstehen, dass die Märkte derzeit hart auf der Kippe zu einem deflationären Szenario stehen.

Der Langfristchart von Kupfer (New York) weist eine mögliche Top-Bildung auf. Kupfer ist üblicherweise ein guter Inflationsindikator ("Dr. Copper").

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