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Finanzinvestoren (noch) äußerst optimistisch

04.10.2010  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Anstieg der europäischen Gasölpreise auf knapp 725 USD je Tonne bzw. das höchste Niveau seit Anfang Mai war nicht allein dem Ölpreisanstieg und dem schwachen USD geschuldet. Vor allem hat der seit einer Woche anhaltende Streik der Hafenarbeiter in den größten französischen Ölterminals Fos-sur-Mer und Lavera (Fos-Lavera) die Rohölzufuhr zu den wichtigen Ölraffinerien in der Region unterbrochen, die knapp 1,2 Mio. Barrel Rohöl täglich verarbeiten. Wir erwarten aber keine nachhaltige Ausweitung der Verarbeitungsmargen für Ölprodukte in Europa, u.a. wegen der anhaltenden Exporte aus Asien und den USA. Auch dürften die Ölpreise selbst bald wieder unter 80 USD je Barrel fallen, weil der Ölmarkt aktuell überversorgt ist.

Laut dem russischen Energieministerium ist die Ölproduktion im Lande im September auf ein neues Hoch von 10,16 Mio. Barrel gestiegen. Auch stiegen die irakischen Ölexporte im September um 13% auf 2,02 Mio. Barrel täglich. Die gegenwärtig hohen Ölpreise führen bei den Ölkonzernen zu einer verstärkten Investitionstätigkeit: Nach der gigantischen Aktienplatzierung von Petrobras hat der chinesische Ölkonzern Sinopec über 7 Mrd. USD für einen 40%-igen Anteil an den brasilianischen Aktiva von Repsol bereitgestellt.

Die spekulativen Netto-Short-Positionen bei US-Erdgas sind in der Woche zum 28. September um 12% bzw. 16 Tsd. Kontrakte auf 149,3 Tsd. Kontrakte gestiegen, den höchsten Stand seit Mai. In den letzten Tagen dürften sich die Shorts ausgeweitet haben, unter anderem wegen der Popularität der „Long Öl/Short Gas“-Geschäfte. Der nächstfällige November-Kontrakt für US-Erdgas ist seit Anfang August bereits um 25% gefallen und handelt auf einem Tiefstwert, während der US-Ölpreis nahe dem Zweimonatshoch notiert. Die hohen Netto-Short-Positionen bei US-Erdgas bergen weiterhin die Gefahr von kurzfristigen Glattstellungen.


Edelmetalle

Die Edelmetalle zeigen sich zu Beginn der neuen Handelswoche trotz eines festeren US-Dollars sehr robust. Gold notiert nur geringfügig unter dem am Freitag erzielten abermaligen Rekordhoch von 1.321 USD je Feinunze. Silber hält sich über der Marke von 22 USD je Feinunze und damit weiter auf dem höchsten Stand seit September 1980. Allerdings geht der jüngste Preisanstieg bei Gold erneut nicht mit Zuflüssen in ETFs einher. Im Gegenteil: Einige Anleger nehmen Gewinne mit. Der weltweit größte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, berichtet Abflüsse von knapp 2,5 Tonnen. Auf der anderen Seite jedoch zeigen sich kurzfristig orientierte Finanzanleger sehr optimistisch und haben wieder verstärkt auf steigende Preise gesetzt.

Wie aus der CFTC-Statistik hervorgeht, wurden in der Woche zum 28. September die Netto-Long-Positionen bei Gold um 5% auf gut 224 Tsd. Kontrakte ausgebaut. Dies stellt zugleich den höchsten Wert seit 12 Monaten dar. Bei Silber sind die ohnehin schon auf Rekordniveau liegenden Netto-Long-Positionen nochmals auf nun 48,5 Tsd. Kontrakte ausgeweitet worden. Die Edelmetallpreise erhalten also nach wie vor Unterstützung von dieser Seite. Allerdings birgt die markante Positionierung der Finanzinvestoren auch die Gefahr von deutlichen Preiskorrekturen, sollte es zu größeren Gewinnmitnahmen kommen. Es baut sich immer höheres Korrekturpotenzial auf.


Industriemetalle

Die Metallpreise starten so in die neue Handelswoche wie sie die alte beendet haben, nämlich mit Preiszuwächsen. Nickel übersteigt zum ersten Mal seit 5 Monaten wieder die Marke von 24.000 USD je Tonne, Zinn notiert bei rund 25.000 USD je Tonne nur unweit des Allzeithochs, das im Mai 2008 markiert wurde. Die Metallpreise profitieren dabei derzeit von einer Angebotseinengung vor allem an den globalen Kupfer-, Nickel- und Zinnmärkten. Die International Copper Study Group (ICSG) erwartet für das nächste Jahr am globalen Kupfermarkt ein Angebotsdefizit von 435 Tsd. Tonnen, was vor allem auf die Knappheit von Kupferkonzentrat, einem Vorprodukt, zurückzuführen ist. 2010 soll der Kupfermarkt wie im letzten Jahr einen Überschuss aufweisen. Dies wirft allerdings Fragen auf, da die ICSG jüngst für die ersten 6 Monate dieses Jahres ein Angebotsdefizit von 281 Tsd. Tonnen berichtet hatte.

Die Zurückhaltung der kurzfristig orientierten Finanzanleger scheint nur von kurzer Dauer gewesen zu sein. Denn in der Woche zum 28. September wurden an der COMEX bei Kupfer die Netto-Long-Positionen wieder deutlich um knapp 20% bzw. 4,7 Tsd. Kontrakte ausgebaut. Mit 29,2 Tsd. Kontrakten befinden sie sich damit zum einen auf dem höchsten Stand seit Mitte April und zum anderen nur noch marginal unter dem Rekordhoch. Sollten Anleger allerdings Gewinne mitnehmen, könnte es auch hier zu größeren Preiskorrekturen kommen.

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Agrarrohstoffe

Am Freitag kamen die Preise für Getreide und Ölsaaten unter Druck, was die Preise für Sojabohnen, Mais und Weizen wieder näher an die aus unserer Sicht gerechtfertigten Niveaus herangebracht hat. Nach dem monatelangen Preisanstieg, der nur durch kleinere Rückschläge unterbrochen wurde, gab der Preis für Mais um gut 6% nach, die Notierungen für Sojabohnen und Weizen fielen um 4,5% bzw. 2,8%. Bei Mais wurde mit einem Minus von 30 Cents pro Scheffel sogar die maximal zulässige Preisveränderung an einem Tag erreicht.

Ausgelöst wurde der Preiseinbruch durch den US-Lagerbericht: Entgegen den Erwartungen meldete das USDA die gegenwärtigen Maislagerbestände so hoch wie zuletzt 2006. Dies dürfte Anleger veranlasst haben, ihre Long-Positionen zu schließen, was sich aber erst in der neuen CFTC-Statistik zeigen wird. Denn zum 28. September haben die spekulativen Netto-Long-Positionen bei Mais mit 376 Tsd. Kontrakten noch einen Rekordwert erreicht. Doch nicht nur die Lagerbestände zeigen eine entspanntere physische Situation im Markt; auch der Wetterbericht für die beiden kommenden Wochen nährt die Hoffnung auf eine unproblematische Fortsetzung der nach Schätzung des USDA rekordhohen US-Ernten bei Mais und Sojabohnen.

Bei Weizen sorgt die Aussicht auf mehr Regen in Russland dafür, dass die Gefahren für die Aussaat an Wintergetreide schwinden. Zudem verbessert feuchteres Wetter in Brasilien und Argentinien die Bedingungen für die Aussaat und die ersten Entwicklungsschritte der dortigen Agrarerzeugnisse.


CFTC Daten: Netto-Long Positionen spekulativer Finanzanleger vs. Preis

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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