Die tiefere Ursache der Großen Finanzkrise: Das Friedensdiktat von Versailles
12.10.2010 | Prof. Antal E. Fekete
Ansprache auf den Münchner Wirtschaftsgesprächen
Sehr geehrte Damen und Herren, einer Pressenachricht zufolge, die keine weite Verbreitung fand, hat Deutschland am 3.Oktober 2010, nach 90 Jahren Sklaverei, seine Schulden für den Ersten Weltkrieg endgültig beglichen. Dieses Ereignis ist hoch symbolisch. Es ist mir eine große Freude, einer der ersten zu sein, der Ihnen dazu gratuliert - buchstäblich nur Stunden nachdem die Deutschen endlich von der Schuldensklaverei befreit sind.
Seit 50 Jahren beschäftige ich mich intensiv mit Geld und Kredit. Meine Beobachtungen könnte ich wie folgt zusammenfassen: Seit dem Aufkommen des Geldes haben die meisten großen Ereignisse der Menschheitsgeschichte, wenn nicht sogar alle, eine kausale Erklärung. Die Ursachen sind im Gebrauch oder Missbrauch von Geld und Kredit zu finden - vorausgesetzt, wir dringen nur tief genug in die Geschichtsschreibung ein.
Meine Rede soll in erster Linie leidenschaftslos, gut fundiert durch ökonomische Überlegungen und ganz sicher frei von nationalistischen Andeutungen und Zwischentönen sein.
Heute Abend möchte ich meine These gerne anhand des folgenden Beispiels verdeutlichen:
Die Große Depression der 1930er und gerade die beispiellose weltweite Arbeitslosigkeit jener Zeit hatten ihre Ursache in einer Entscheidung der siegreichen Entente-Mächte: Zwar kehrten diese nach dem Ersten Weltkrieg zum Goldstandard zurück, DOCH sie ließen die erneute Einführung der einstigen Clearingstelle des Goldstandards - der internationale Wechselmarkt - nicht zu.
Diese Entscheidung wurde heimlich getroffen. Sie wurde nie öffentlich gemacht. An Folgendem kann keinerlei Zweifel bestehen: Im Jahr 1920 musste sich jeder, sogar Keynes persönlich, eingestehen, wie wünschenswert eine schnelle Rückkehr zum Goldstandard war. Hätte man sich nicht für ein Verbot des Wechselhandels entschieden, wäre dieser spontan wieder aufgelebt.
Diese Entscheidung wurde mit dem Ziel getroffen, den multilateralen Welthandel durch rohe Gewalt zu blockieren. Er wurde durch bilateralen Handel ersetzt, oder, um die Dinge beim Namen zu nennen, durch einen Tauschhandel. Warum nur traf die siegreiche Entente eine solch unkluge Entscheidung, die in der Folge deren eigenen Produzenten und Verbrauchern schaden und den Wiederaufbau hemmen sollte? Man traf sie, weil Deutschland über die Bestimmung des Versailler Friedensvertrages hinaus bestraft werden sollte. Man wollte die Kriegsblockade unter anderem Namen aufrechterhalten. Man wollte die Güterströme nach und aus Deutschland überwachen und nötigenfalls auch kontrollieren.
Zu Friedenszeiten war das jedoch nur möglich, wenn man den multilateralen Handel durch einen bilateralen ersetzte; und zwar, indem man die Finanzierung des Welthandels durch kurzfristige Handelswechsel, auch bekannt als real bills, blockierte. Die Entente-Mächte nahmen sozusagen Abschied vom sich selbst-liquidierenden Kredit und ersetzten ihn durch künstlichen Bankenkredit, dessen Schöpfung sie durch ihre Zentralbanken kontrollieren konnten.
Der Welthandel vor 1914 war multilateral. Ich meine damit Folgendes: Importe wurden bezahlt durch Ausgabe, Indossierung und Akzeptanz von Wechseln, die innerhalb von 91 Tagen nach Versand der betreffenden Handelsware in Gold fällig wurden. Versehen mit drei guten Unterschriften - der des Exporteurs, der des Importeurs und der eines anerkannten Wechselnehmers - durchlief der Wechsel eine überaus bemerkenswerte Metamorphose. Er wurde zu Geld. Sicher nur für kurze Zeit, aber immerhin wurde er zu Geld. Der Exporteur konnte ihn für seine Importe benutzen, indem er sie nach Indossament (Begebungsvermerk) an einen Exporteur aus einem Drittland weiterreichte. Dieser Exporteur konnte diesen wiederum zur Begleichung seiner eigenen Importe benutzen - und so weiter und so fort.
Nur vor diesem Hintergrund lässt sich die beispiellose Ausdehnung des Welthandels während der 100 Jahre zwischen 1815 (dem Ende des Napoleonischen Krieges) und 1914 (dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges) erklären. Ein solcher Rekord-Welthandel wäre ohne eine Clearingstelle für den Goldstandard - der Wechselmarkt - überhaupt nicht möglich gewesen. Geographisch war diese Clearingstelle in der City of London verortet. Gezogen wurden diese Wechsel auf die großen Londoner Handelshäuser und -banken, und diese Wechsel deckten die Handelswaren, die von Land A nach Land B geliefert wurden. Es waren die großen Akzepthäuser in London, die diese Wechsel akzeptierten. Einmal indossiert und akzeptiert, begannen sie aus eigener Kraft und Antrieb zu zirkulieren, denn nur monetäres Gold konnte zirkulieren - reibungslos.
Sehr geehrte Damen und Herren, einer Pressenachricht zufolge, die keine weite Verbreitung fand, hat Deutschland am 3.Oktober 2010, nach 90 Jahren Sklaverei, seine Schulden für den Ersten Weltkrieg endgültig beglichen. Dieses Ereignis ist hoch symbolisch. Es ist mir eine große Freude, einer der ersten zu sein, der Ihnen dazu gratuliert - buchstäblich nur Stunden nachdem die Deutschen endlich von der Schuldensklaverei befreit sind.
Seit 50 Jahren beschäftige ich mich intensiv mit Geld und Kredit. Meine Beobachtungen könnte ich wie folgt zusammenfassen: Seit dem Aufkommen des Geldes haben die meisten großen Ereignisse der Menschheitsgeschichte, wenn nicht sogar alle, eine kausale Erklärung. Die Ursachen sind im Gebrauch oder Missbrauch von Geld und Kredit zu finden - vorausgesetzt, wir dringen nur tief genug in die Geschichtsschreibung ein.
Meine Rede soll in erster Linie leidenschaftslos, gut fundiert durch ökonomische Überlegungen und ganz sicher frei von nationalistischen Andeutungen und Zwischentönen sein.
Heute Abend möchte ich meine These gerne anhand des folgenden Beispiels verdeutlichen:
Die Große Depression der 1930er und gerade die beispiellose weltweite Arbeitslosigkeit jener Zeit hatten ihre Ursache in einer Entscheidung der siegreichen Entente-Mächte: Zwar kehrten diese nach dem Ersten Weltkrieg zum Goldstandard zurück, DOCH sie ließen die erneute Einführung der einstigen Clearingstelle des Goldstandards - der internationale Wechselmarkt - nicht zu.
Diese Entscheidung wurde heimlich getroffen. Sie wurde nie öffentlich gemacht. An Folgendem kann keinerlei Zweifel bestehen: Im Jahr 1920 musste sich jeder, sogar Keynes persönlich, eingestehen, wie wünschenswert eine schnelle Rückkehr zum Goldstandard war. Hätte man sich nicht für ein Verbot des Wechselhandels entschieden, wäre dieser spontan wieder aufgelebt.
Diese Entscheidung wurde mit dem Ziel getroffen, den multilateralen Welthandel durch rohe Gewalt zu blockieren. Er wurde durch bilateralen Handel ersetzt, oder, um die Dinge beim Namen zu nennen, durch einen Tauschhandel. Warum nur traf die siegreiche Entente eine solch unkluge Entscheidung, die in der Folge deren eigenen Produzenten und Verbrauchern schaden und den Wiederaufbau hemmen sollte? Man traf sie, weil Deutschland über die Bestimmung des Versailler Friedensvertrages hinaus bestraft werden sollte. Man wollte die Kriegsblockade unter anderem Namen aufrechterhalten. Man wollte die Güterströme nach und aus Deutschland überwachen und nötigenfalls auch kontrollieren.
Zu Friedenszeiten war das jedoch nur möglich, wenn man den multilateralen Handel durch einen bilateralen ersetzte; und zwar, indem man die Finanzierung des Welthandels durch kurzfristige Handelswechsel, auch bekannt als real bills, blockierte. Die Entente-Mächte nahmen sozusagen Abschied vom sich selbst-liquidierenden Kredit und ersetzten ihn durch künstlichen Bankenkredit, dessen Schöpfung sie durch ihre Zentralbanken kontrollieren konnten.
Der Welthandel vor 1914 war multilateral. Ich meine damit Folgendes: Importe wurden bezahlt durch Ausgabe, Indossierung und Akzeptanz von Wechseln, die innerhalb von 91 Tagen nach Versand der betreffenden Handelsware in Gold fällig wurden. Versehen mit drei guten Unterschriften - der des Exporteurs, der des Importeurs und der eines anerkannten Wechselnehmers - durchlief der Wechsel eine überaus bemerkenswerte Metamorphose. Er wurde zu Geld. Sicher nur für kurze Zeit, aber immerhin wurde er zu Geld. Der Exporteur konnte ihn für seine Importe benutzen, indem er sie nach Indossament (Begebungsvermerk) an einen Exporteur aus einem Drittland weiterreichte. Dieser Exporteur konnte diesen wiederum zur Begleichung seiner eigenen Importe benutzen - und so weiter und so fort.
Nur vor diesem Hintergrund lässt sich die beispiellose Ausdehnung des Welthandels während der 100 Jahre zwischen 1815 (dem Ende des Napoleonischen Krieges) und 1914 (dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges) erklären. Ein solcher Rekord-Welthandel wäre ohne eine Clearingstelle für den Goldstandard - der Wechselmarkt - überhaupt nicht möglich gewesen. Geographisch war diese Clearingstelle in der City of London verortet. Gezogen wurden diese Wechsel auf die großen Londoner Handelshäuser und -banken, und diese Wechsel deckten die Handelswaren, die von Land A nach Land B geliefert wurden. Es waren die großen Akzepthäuser in London, die diese Wechsel akzeptierten. Einmal indossiert und akzeptiert, begannen sie aus eigener Kraft und Antrieb zu zirkulieren, denn nur monetäres Gold konnte zirkulieren - reibungslos.