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Spekulationen über Zinserhöhung in China belasten

12.11.2010  |  Eugen Weinberg
Energie

Der WTI-Ölpreis gibt am Morgen um mehr als 2% nach und fällt unter die Marke von 86 USD je Barrel, nachdem gestern noch ein 2-Jahreshoch von 88,6 USD erreicht wurde. Der Preisrückgang erklärt sich mit einer breitangelegten Schwäche der Rohstoffpreise, welcher durch den stärkeren US-Dollar und Gerüchten einer unmittelbar bevorstehenden Zinserhöhung in China ausgelöst wurde. Dass die monetären Straffungsmaßnahmen bisher keinen bremsenden Effekt auf die Ölnachfrage in China hatten, zeigen die aktuellen Daten zum Ölverbrauch aus dem Reich der Mitte.

Die implizite Ölnachfrage Chinas ist Reuters zufolge im Oktober auf einen Rekordwert von 8,92 Mio. Barrel pro Tag gestiegen. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einem Zuwachs um 12%. Ausschlaggebend hierfür war ein Anstieg der Raffinerieverarbeitung auf 8,72 Mio. Barrel pro Tag, was ebenfalls einem Rekordniveau entspricht. Da in China derzeit eine Knappheit von Diesel besteht, dürfte der Bedarf an Rohöl und Ölprodukten in den kommenden Monaten hoch bleiben. Denn aufgrund der staatlich verordneten Energiesparmaßnahmen greifen viele kleinere Unternehmen derzeit auf Dieselgeneratoren zurück, um ihre Stromversorgung sicherzustellen. Daraus können folgende Schlussfolgerungen gezogen werden:

Zum einen dürfte der kräftige Rückgang der Rohölimporte im Oktober um mehr als 30% nicht den Beginn einer länger anhaltenden Nachfrageabschwächung darstellen. Zum anderen könnte der erhöhte Dieselbedarf zu steigenden Dieselimporten führen und damit zu einem weiteren Abbau der US-Destillatebestände beitragen. Dies spricht für eine weitere Ausweitung der Raffineriemargen bei Diesel und dürfte auch den Ölpreis unterstützen. Der Preisanstieg auf 90 USD ist daher nur aufgeschoben.


Edelmetalle

Nachdem sich die Edelmetalle in den letzten Tagen vom starken US-Dollar relativ unbeeindruckt zeigten, geben sie heute Morgen im Zuge der abermals festeren US-Währung und im Einklang mit den anderen Rohstoffpreisen markant nach. Gold fällt unter 1.380 USD je Feinunze. In Euro gerechnet gibt der Goldpreis zwar ebenfalls nach, hält sich mit rund 1.020 EUR je Feinunze aber nach wie vor in der Nähe des Allzeithochs.

Die Goldbestände von SPDR Gold Trust verzeichnen den dritten Tag in Folge leichte Abflüsse, was auf ein nachlassendes Anlegerinteresse schließen lässt. Auch die anderen Edelmetalle stehen unter Druck und verlieren im Falle von Palladium bis zu 5%. Nachdem die US-Notenbank Fed letzte Woche die lange erwarteten quantitativen Maßnahmen zur Lockerung der US-Geldpolitik verkündet hat, richtet sich das Interesse der Marktteilnehmer nun offensichtlich wieder verstärkt auf die Schuldenkrise in den Europeripherieländern.

Die steigenden Risikoprämien für irische Staatsanleihen heizen z.B. Spekulationen an, dass Irland bald den Rettungsschirm der EU in Anspruch nehmen muss. Dies ist zwar negativ für den Euro, sollte jedoch die Nachfrage nach Gold anheizen. Der Rückgang des Goldpreises dürfte daher begrenzt sein.


Industriemetalle

Die Metallpreise stehen am Ende der Handelswoche massiv unter Druck. Die Preisabschläge fallen mit bis zu 5% sehr deutlich aus. In London gibt Kupfer um 3% nach, in Shanghai wird das maximale Limit von 5% nach unten (sog. limit down) innerhalb eines Tages erreicht. Gestern noch hatte Kupfer ein Rekordhoch markiert, und auch die anderen Metalle, wie z.B. Aluminium und Blei, notierten auf mehrmonatigen Höchstständen.

Auslöser sind zum einen Sorgen darüber, dass China nach den hohen Inflationszahlen stärker auf die Bremse treten und weitere Maßnahmen zur Abkühlung der Wirtschaft implementieren könnte. Dies dürfte zu einer geringeren Nachfrage nach Metallen führen. Im Markt wird aktuell über eine unmittelbar bevorstehende Zinserhöhung in China diskutiert. Zum anderen kommt es zu Gewinnmitnahmen im großen Stil, nachdem die Preise zuletzt einen beispiellosen Höhenflug hingelegt haben. Und auch der feste US-Dollar übt Einfluss auf die Preise aus, nachdem sich diese allerdings in den letzten Tagen davon relativ unbeeindruckt gezeigt hatten.

Der Baltic Dry Index, der die Frachtraten für Schüttguttransporte misst, ist den elften Tag in Folge auf den tiefsten Stand seit drei Monaten gefallen. Der Index wird gerne als Vorlaufindikator für die Konjunkturentwicklung herangezogen. Noch ist es allerdings zu früh, die heutige Preisentwicklung als den Beginn einer länger anhaltenden Korrektur zu bezeichnen. Sollte sich diese jedoch manifestieren, könnte sie nach den starken Preisanstiegen zuvor deutlich ausfallen.


Agrarrohstoffe

Die Spekulationen auf eine unmittelbar bevorstehende Zinserhöhung in China haben auch zu kräftigen Preisabschlägen bei den Agrarrohstoffen geführt. An der Spitze steht Zucker, welcher vom gestern erreichten 30-Jahreshoch 16% verliert. Das Ausmaß des Preisrückgangs deutet auf Liquidationsverkäufe seitens von Finanzanlegern hin, welche den Preis in den vergangenen Wochen maßgeblich mit nach oben getrieben hatten. Die Entscheidung der EU-Kommission, weitere 350 Tsd. Tonnen verarbeiteten Zucker für den Export freizugeben, dürfte von den Anlegern zum Anlass genommen worden sein, Gewinne mitzunehmen. Seit Anfang Oktober wurden somit bereits Exportlizenzen für 1 Mio. Tonnen erteilt, ohne dass dies bislang für Aufsehen gesorgt hatte. Die von der WTO erlaubte Obergrenze liegt bei 1,37 Mio. Tonnen pro Jahr.

Gleichzeitig wurde von der EU-Kommission allerdings auch der Importzoll für Rohzucker in Höhe von 98 EUR pro Tonne für ein Importvolumen von bis zu 600 Tsd. Tonnen ausgesetzt. Die Regelung gilt bis August 2011 und könnte höhere Importe von Rohzucker zur Folge haben. Dies spielte aber ebenso keine Rolle wie der Umstand, dass Indien erst Ende des Monats über die Freigabe von Zuckerexporten entscheiden will, wenn genaue Daten über die Zuckerrohrverarbeitung vorliegen. Ursprünglich war eine Entscheidung darüber bereits in der zweiten Novemberwoche erwartet worden.

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets




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