Steigende Risikoaversion führt zu heftiger Korrektur
17.11.2010 | Eugen Weinberg
Energie
Der WTI-Ölpreis hat gestern 3% verloren und steht auch am Morgen weiter unter Abgabedruck. Mit 81 USD je Barrel wurde zwischenzeitlich das niedrigste Niveau seit Ende Oktober erreicht. Der Anstieg der Risikoaversion und der auf ein 7-Wochenhoch gestiegene US-Dollar führen zum Ausstieg der spekulativen Finanzanleger. Diese hatten in der Woche zum 9. November ihre Netto-Long-Positionen auf ein Rekordhoch ausgeweitet, so dass vor diesem Hintergrund ein beträchtliches Korrekturpotenzial besteht. Genaueren Aufschluss über mögliche Positionsschließungen werden die CFTC-Daten zur Marktpositionierung an diesem Freitag liefern, welche den Zeitraum bis einschließlich gestern beinhalten.
Fundamentaldaten wie der gestern nach Handelsschluss vom American Petroleum Institute gemeldete kräftige Rückgang der US-Rohöllagerbestände um 7,7 Mio. Barrel spielen in einem vom Abbau von Risikopositionen geprägten Marktumfeld keine entscheidende Rolle. Schon in der Woche zuvor hatte das API einen Lagerabbau in ähnlicher Größenordnung berichtet. Die Importe sind zwar deutlich gefallen, dies wurde aber durch eine niedrigere Raffinerieauslastung mehr als ausgeglichen. Rückschlüsse auf die heutigen DOE-Daten sind daher nicht ohne weiteres möglich. Für die Preisentwicklung sind derzeit andere Faktoren ohnehin wichtiger. Zu nennen sind hier insbesondere die weitere Entwicklung der Schuldenkrise in den Euro-Peripherieländern, die USD-Entwicklung und die anhaltenden Spekulationen über eine bevorstehende Zinserhöhung in China.
Edelmetalle
Gold kann derzeit nicht von der steigenden Risikoaversion profitieren, sondern gerät im Zuge der allgemeinen Schwäche an den Rohstoffmärkten und des wiedererstarkenden US-Dollar ebenfalls unter Druck. Seit Wochenbeginn hat der Goldpreis gut 5% verloren und handelt am Morgen nahe eines 2-Wochentiefs bei 1.330 USD je Feinunze. Überraschend ist die Tatsache, dass der Goldpreis in Euro ausgedrückt ebenfalls deutlich nachgibt. Und dass, obwohl Irland weiterhin die Inanspruchnahme des EU-Rettungsschirms verweigert und Österreich die Auszahlung weiterer Finanzhilfen für Griechenland aussetzen will. Dies hätte eigentlich eher zu einer höheren Nachfrage nach Gold führen müssen. Der Abgabedruck geht allem Anschein nach von Verkäufen auf dem Futuresmarkt aus. Die Gold-ETFs verzeichneten dagegen keine nennenswerten Abflüsse.
Die höchsten Verluste verzeichnete gestern Palladium mit einem Abschlag von über 4%. Der halbjährliche Bericht von Johnson Matthey wurde vom negativen Markttrend vollkommen überlagert. Der weltweit größte Verarbeiter von Platin und Palladium erwartet im laufenden Jahr aufgrund der starken Nachfrage aus der Automobilindustrie eine deutliche Reduzierung des Angebotsüberschusses. Bei Platin soll sich der Überschuss auf nur noch 290 Tsd. Unzen verringern, bei Palladium übersteigt das Angebot die Nachfrage um 45 Tsd. Unzen. Im nächsten Jahr geht Johnson Matthey noch von einem leichten Überschuss bei Platin aus, während der Palladiummarkt weitgehend ausgeglichen sein dürfte.
Industriemetalle
Die Metallpreise stehen auch heute Morgen unter Druck und geben in der Breite weiter nach. An der Börse Shanghai erreichen Kupfer und Zink mit -5% den maximal möglichen Tagesverlust (limit down). Bereits gestern kam es an der LME auf Schlusskursbasis zu Preisabschlägen von bis zu 8,5%. Der Risikoappetit der Marktteilnehmer hat vorerst merklich nachgelassen, was sich auch in schwachen globalen Aktienmärkten widerspiegelt. Zudem wirkt sich der anhaltend feste US-Dollar negativ auf die Preise aus. Solange die Unsicherheit unter den Marktteilnehmern anhält und die Risikoaversion hoch bleibt, dürfte die Korrektur noch etwas weitergehen. Der LMEX hat seit Wochenbeginn bereits 6,5% nachgegeben und ist auf den niedrigsten Stand seit Ende September gefallen.
Das unabhängige Research-Institut Brook Hunt schätzt, dass der globale Nickelmarkt in den kommenden Jahren durch einen Angebotsüberschuss gekennzeichnet sein wird, da neue Minen in Betrieb genommen werden. Bis 2015 sollen allein aus fünf neuen Projekten mehr als 200 Tsd. Tonnen Nickel auf den Markt kommen. Diese Einschätzung wird von Xstrata, einem der weltweit größten Nickelproduzenten, geteilt. Unternehmensangaben zufolge dürfte der Markt im nächsten Jahr weitgehend ausgeglichen sein, gefolgt von Überschüssen in 2012 und 2013. Xstrata selbst erschließt derzeit das Koniambo-Nickelprojekt in Neu-Kaledonien mit einer Kapazität von jährlich 60 Tsd. Tonnen, das Mitte 2012 die Produktion aufnehmen soll.
Agrarrohstoffe
Die Preise für Agrarrohstoffe konnten sich gestern dem negativen Marktumfeld nicht entziehen und gaben auf breiter Front nach. Auch am Morgen sinken die Notierungen für Mais, Weizen, Sojabohnen und Baumwolle weiter. Zu der negativen Stimmung trägt auch bei, dass China inflationsdämpfende Maßnahmen verstärken will, was die Nachfrage des Riesenlandes nach einer Vielzahl von Produkten begrenzen sollte. Im Gespräch sind Preishöchstgrenzen und eine stärkere Ahndung von spekulativen Tätigkeiten oder Manipulationen. Im Oktober sind die Nahrungsmittelpreise in China um 10% gegenüber dem Vorjahr gestiegen und hatten damit maßgeblichen Einfluss darauf, dass die Inflationsrate auf den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren gestiegen ist.
In seinem halbjährlichen Bericht zur Kaffeeproduktion in Brasilien sah sich der Auslandsdienst des USDA gezwungen, die Produktionsschätzungen für 2010/11 (Juli-Juni) nach unten zu korrigieren. Aufgrund einer geringer angesetzten Robusta-Produktion - die Arabica-Produktion wird wie im letzten Bericht auf 41,8 Mio. Sack geschätzt - wird die Gesamtmenge nun auf 54,5 Mio. Sack veranschlagt, 800 Tsd. Sack weniger als bisher. Da das laufende Jahr ein ertragsstarkes im zweijährigen Arabica-Zyklus ist, wird der Ertrag je Hektar um 20% höher als in der Vorsaison angegeben.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der WTI-Ölpreis hat gestern 3% verloren und steht auch am Morgen weiter unter Abgabedruck. Mit 81 USD je Barrel wurde zwischenzeitlich das niedrigste Niveau seit Ende Oktober erreicht. Der Anstieg der Risikoaversion und der auf ein 7-Wochenhoch gestiegene US-Dollar führen zum Ausstieg der spekulativen Finanzanleger. Diese hatten in der Woche zum 9. November ihre Netto-Long-Positionen auf ein Rekordhoch ausgeweitet, so dass vor diesem Hintergrund ein beträchtliches Korrekturpotenzial besteht. Genaueren Aufschluss über mögliche Positionsschließungen werden die CFTC-Daten zur Marktpositionierung an diesem Freitag liefern, welche den Zeitraum bis einschließlich gestern beinhalten.
Fundamentaldaten wie der gestern nach Handelsschluss vom American Petroleum Institute gemeldete kräftige Rückgang der US-Rohöllagerbestände um 7,7 Mio. Barrel spielen in einem vom Abbau von Risikopositionen geprägten Marktumfeld keine entscheidende Rolle. Schon in der Woche zuvor hatte das API einen Lagerabbau in ähnlicher Größenordnung berichtet. Die Importe sind zwar deutlich gefallen, dies wurde aber durch eine niedrigere Raffinerieauslastung mehr als ausgeglichen. Rückschlüsse auf die heutigen DOE-Daten sind daher nicht ohne weiteres möglich. Für die Preisentwicklung sind derzeit andere Faktoren ohnehin wichtiger. Zu nennen sind hier insbesondere die weitere Entwicklung der Schuldenkrise in den Euro-Peripherieländern, die USD-Entwicklung und die anhaltenden Spekulationen über eine bevorstehende Zinserhöhung in China.
Edelmetalle
Gold kann derzeit nicht von der steigenden Risikoaversion profitieren, sondern gerät im Zuge der allgemeinen Schwäche an den Rohstoffmärkten und des wiedererstarkenden US-Dollar ebenfalls unter Druck. Seit Wochenbeginn hat der Goldpreis gut 5% verloren und handelt am Morgen nahe eines 2-Wochentiefs bei 1.330 USD je Feinunze. Überraschend ist die Tatsache, dass der Goldpreis in Euro ausgedrückt ebenfalls deutlich nachgibt. Und dass, obwohl Irland weiterhin die Inanspruchnahme des EU-Rettungsschirms verweigert und Österreich die Auszahlung weiterer Finanzhilfen für Griechenland aussetzen will. Dies hätte eigentlich eher zu einer höheren Nachfrage nach Gold führen müssen. Der Abgabedruck geht allem Anschein nach von Verkäufen auf dem Futuresmarkt aus. Die Gold-ETFs verzeichneten dagegen keine nennenswerten Abflüsse.
Die höchsten Verluste verzeichnete gestern Palladium mit einem Abschlag von über 4%. Der halbjährliche Bericht von Johnson Matthey wurde vom negativen Markttrend vollkommen überlagert. Der weltweit größte Verarbeiter von Platin und Palladium erwartet im laufenden Jahr aufgrund der starken Nachfrage aus der Automobilindustrie eine deutliche Reduzierung des Angebotsüberschusses. Bei Platin soll sich der Überschuss auf nur noch 290 Tsd. Unzen verringern, bei Palladium übersteigt das Angebot die Nachfrage um 45 Tsd. Unzen. Im nächsten Jahr geht Johnson Matthey noch von einem leichten Überschuss bei Platin aus, während der Palladiummarkt weitgehend ausgeglichen sein dürfte.
Industriemetalle
Die Metallpreise stehen auch heute Morgen unter Druck und geben in der Breite weiter nach. An der Börse Shanghai erreichen Kupfer und Zink mit -5% den maximal möglichen Tagesverlust (limit down). Bereits gestern kam es an der LME auf Schlusskursbasis zu Preisabschlägen von bis zu 8,5%. Der Risikoappetit der Marktteilnehmer hat vorerst merklich nachgelassen, was sich auch in schwachen globalen Aktienmärkten widerspiegelt. Zudem wirkt sich der anhaltend feste US-Dollar negativ auf die Preise aus. Solange die Unsicherheit unter den Marktteilnehmern anhält und die Risikoaversion hoch bleibt, dürfte die Korrektur noch etwas weitergehen. Der LMEX hat seit Wochenbeginn bereits 6,5% nachgegeben und ist auf den niedrigsten Stand seit Ende September gefallen.
Das unabhängige Research-Institut Brook Hunt schätzt, dass der globale Nickelmarkt in den kommenden Jahren durch einen Angebotsüberschuss gekennzeichnet sein wird, da neue Minen in Betrieb genommen werden. Bis 2015 sollen allein aus fünf neuen Projekten mehr als 200 Tsd. Tonnen Nickel auf den Markt kommen. Diese Einschätzung wird von Xstrata, einem der weltweit größten Nickelproduzenten, geteilt. Unternehmensangaben zufolge dürfte der Markt im nächsten Jahr weitgehend ausgeglichen sein, gefolgt von Überschüssen in 2012 und 2013. Xstrata selbst erschließt derzeit das Koniambo-Nickelprojekt in Neu-Kaledonien mit einer Kapazität von jährlich 60 Tsd. Tonnen, das Mitte 2012 die Produktion aufnehmen soll.
Agrarrohstoffe
Die Preise für Agrarrohstoffe konnten sich gestern dem negativen Marktumfeld nicht entziehen und gaben auf breiter Front nach. Auch am Morgen sinken die Notierungen für Mais, Weizen, Sojabohnen und Baumwolle weiter. Zu der negativen Stimmung trägt auch bei, dass China inflationsdämpfende Maßnahmen verstärken will, was die Nachfrage des Riesenlandes nach einer Vielzahl von Produkten begrenzen sollte. Im Gespräch sind Preishöchstgrenzen und eine stärkere Ahndung von spekulativen Tätigkeiten oder Manipulationen. Im Oktober sind die Nahrungsmittelpreise in China um 10% gegenüber dem Vorjahr gestiegen und hatten damit maßgeblichen Einfluss darauf, dass die Inflationsrate auf den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren gestiegen ist.
In seinem halbjährlichen Bericht zur Kaffeeproduktion in Brasilien sah sich der Auslandsdienst des USDA gezwungen, die Produktionsschätzungen für 2010/11 (Juli-Juni) nach unten zu korrigieren. Aufgrund einer geringer angesetzten Robusta-Produktion - die Arabica-Produktion wird wie im letzten Bericht auf 41,8 Mio. Sack geschätzt - wird die Gesamtmenge nun auf 54,5 Mio. Sack veranschlagt, 800 Tsd. Sack weniger als bisher. Da das laufende Jahr ein ertragsstarkes im zweijährigen Arabica-Zyklus ist, wird der Ertrag je Hektar um 20% höher als in der Vorsaison angegeben.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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