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Preise vor goldenem Herbst

11.09.2012  |  Eugen Weinberg
- Seite 3 -
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Platin

Die südafrikanische Platinindustrie kommt nicht zur Ruhe und wird derzeit erneut von Streiks und gewalttätigen Auseinandersetzungen heimgesucht. Südafrika ist mit einem Marktanteil von 75% der mit Abstand größte Platinproduzent der Welt und hat gemäß Daten von Johnson Matthey im letzten Jahr 4,86 Mio. Unzen Platin produziert (Grafik 6). Schon zu Jahresbeginn kam es in der weltweit größten Platinmine, Rustenburg, zu einem sechswöchigen Ausstand der Arbeiter, der in gewalttätigen Ausschreitungen mit Toten und Verletzten gipfelte (siehe Rohstoffe kompakt Edelmetalle vom 20. April). Der Minenbetreiber Impala Platinum hatte im Zuge des Streiks rund 150 Tsd. Unzen an Produktion "verloren".

Nun hat es die "Western Platinum"-Mine im Minenkomplex "Marikana" von Lonmin, dem weltweit drittgrößten Platinproduzenten, getroffen. Lonmin steht mit seiner Produktion, die fast ausschließlich aus "Marikana" kommt, für 12% des weltweiten Platinangebots. Anfang August hatte die junge aufstrebende Gewerkschaft „Association of Mineworkers and Construction Union (AMCU)“ die Arbeiter zum Streik aufgerufen. Diesem sind rund 3.000 der 28.000 im "Marikana"-Minenkomplex beschäftigten Arbeiter gefolgt. AMCU versucht seit Monaten, von der größten Gewerkschaft des Landes, "National Union of Mineworkers (NUM)", Mitglieder abzuwerben.

AMCU wirft NUM vor, sich nicht ausreichend für die Belange der Minenarbeiter im Land einzusetzen und fordert für die Arbeiter teils deutliche Lohnerhöhungen von den Minenbetreibern. Dieses populistische und zum Teil aggressive Vorgehen findet bei der meist ungebildeten Arbeiterschaft großen Anklang und beschert AMCU einen hohen Mitgliederzulauf. Der Revierkampf zwischen den Gewerkschaften schweltmittlerweile seit mehr als acht Monaten. Wie schon zu Beginn des Jahres kam es auch jetzt zwischen den rivalisierenden Gewerkschaften zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Diesmal ist die Gewalt jedoch wesentlich stärker eskaliert, nachdem die Polizei in den Konflikt eingegriffen hatte. Die Folge waren bislang 44 Todesopfer und zahlreiche Verletzte - eine der schlimmsten Tragödien seit dem Ende des Apartheid-Regimes vor fast zwei Jahrzehnten.

Seit Mitte August steht daher die Produktion im gesamten "Marikana"-Minenkomplex still. Industriekreisen zufolge "verliert" Lonmin dadurch täglich 2.500 Unzen Platin. Das Produktionsziel von 750 Tsd. Unzen in diesem Jahr scheint kaum noch erreichbar. Da Lonmin eigenen Angaben zufolge nur geringe Lagerbestände hat, kann der Produktionsausfall auch nicht anderweitig aufgefangen werden. Ein Ultimatum von Lonmin, die Arbeit kurzfristig wieder aufzunehmen, wurde erst verlängert und dann komplett aufgehoben. Um die Situation nicht zu verschärfen, möchte Lonmin nicht von seinem Recht Gebrauch machen, die nicht zur Arbeit erscheinenden Arbeiter zu entlassen. Dies bedeutet aber auch, dass die Produktion noch länger stillsteht. Impala Platinum hatte zu Beginn des Jahres kurzerhand 17.200 Arbeitern gekündigt.

Mittlerweile befinden sich alle Minenproduzenten inSüdafrika in "erhöhter Alarmbereitschaft", denn ein Übergreifen der Proteste auf andere Produzenten kann nicht ausgeschlossen werden. Schon meldet Royal Bafokeng Platinum, ein kleinerer Platinproduzent, dass Arbeiter in der "Rasimone"-Mine von ihren Kollegen am Einfahren in die Mine gehindert wurden. Und auch Anglo American Platinum, der weltweit größte Platinproduzent, hat Unternehmensangaben zufolge von seinen Arbeitern neue Lohnforderungen erhalten.

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Die offensichtlich stetig wiederkehrenden Proteste offenbaren ein langfristiges Problem in der südafrikanischen Minenindustrie: massive Kostensteigerungen. Neben den steigenden Löhnen spielen z.B. hohe Kosten für Ausrüstung und Gerätschaften, aber auch hohe Energiepreise und Aufwendungen aufgrund von Sicherheitsvorschriften eine Rolle. Darüber hinaus hat der niedrige Platinpreis selbst dazu beigetragen, dass sich die Produktion in einigen Minen nicht mehr rentiert. Schon im Vorfeld des jüngsten Streiks hatten einige Produzenten Minen teilweise oder sogar vollständig stillgelegt und ihre Wettbewerberaufgerufen, ihrem Beispiel zu folgen, um den Preis zu stützen.

Das Investitionsklima in Südafrika dürfte sich als Folge der jüngsten Ereignisse weiter eintrüben, was sich in einer niedrigeren Platinproduktion niederschlagen könnte. Der in diesem Jahr erwartete Angebotsüberschuss am globalenPlatinmarkt könnte daher deutlich geringer ausfallen oder sogar ganz ausbleiben (Grafik 7, Seite 4). Dies sollte dem Platinpreis Auftrieb geben.

Offensichtlich musste die Lage in Südafrika erst eskalieren, bevor der Markt die bereits seit längerem bestehenden Angebotsrisiken wahrgenommen hat. Seit dem 15. August kam es dann aber innerhalb von sechs Handelstagen zu einem Anstieg des Platinpreises um fast 12% bzw. knapp 170 USD. Im Zuge dessen erreichte der Preis mitgut 1.560 USD je Feinunze den höchsten Stand seit 3½ Monaten. Zugleich wurde die charttechnisch wichtige 200-Tage-Linie überschritten, was zu Folgekäufen geführt und dem Platinpreis weiteren Auftrieb verliehen hat.




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