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Irland, China und Korea als Belastungsfaktoren

23.11.2010  |  Eugen Weinberg
Energie

Der WTI-Ölpreis ist gestern unter die Marke von 81 USD je Barrel gefallen. Die Erleichterung über die beschlossenen Finanzhilfen fuer Irland wich sehr schnell der Ernüchterung. In Irland wird es Anfang 2011 Neuwahlen geben. Damit ist auch die Unsicherheit an die Maerkte zurückgekehrt, ob die mit den Finanzhilfen verbundenen Sparmaßnahmen umgesetzt werden und die Schuldenkrise in den Euro-Peripherieländern tatsächlich gebannt ist. Zudem gibt es auch nach der jüngsten Anhebung der Mindestreservesütze in China weiterhin die Sorge, dass demnüchst auch die Leitzinsen nochmals angehoben werden müssen, um der steigenden Inflation im Reich der Mitte Herr zu werden. All dies trägt zu einem Anstieg der Risikoaversion bei und belastet die Rohstoffpreise. Der festere US-Dollar kommt als weiterer Belastungsfaktor hinzu.

Wir haben wiederholt darauf hingewiesen, dass der Preisanstieg bei Rohöl in den vergangenen Wochen und Monaten nicht auf einer Verbesserung der Fundamentaldaten beruhte, sondern in erster Linie auf den schwachen US-Dollar und das Interesse der Anleger zurückzuführen war. Entsprechend gerät der Öpreis jetzt unter Druck, wenn sich diese Faktoren umkehren. Angesichts der noch immer recht hohen spekulativen Netto-Long-Positionen bei Rohöl besteht allerdings weiterhin ein beträchtliches Korrekturpotenzial, so dass ein kurzzeitiger Rückgang unter die Marke von 80 USD je Barrel möglich ist. Dabei könnte auch sprechen, dass einige Investoren vor dem anstehenden Thanksgiving-Wochenende in den USA zuvor eingegangene Long-Positionen schließen dürften. Ein nochmaliger Rückgang der US-Rohöllagerbestände könnte einem Preisrückgang unter 80 USD entgegenstehen. Das API veröffentlicht die Lagerdaten heute Abend nach Handelsschluss.


Edelmetalle

Gold und Silber können sich angesichts des festeren US-Dollar und im Vergleich zu den anderen Rohstoffklassen weiterhin gut behaupten. Beide Edelmetalle profitieren dabei vom erneuten Anstieg der Risikoaversion, welche vom Beschuss einer südkoreanischen Insel durch Nordkorea in der Nacht nochmals verstärkt worden ist. Gold handelt am Morgen weiterhin oberhalb von 1.360 USD je Feinunze. Der Goldpreis in Euro konnte wieder über die Marke von 1.000 EUR je Feinunze steigen.

Silber fällt heute zwar leicht auf 27,6 USD je Feinunze, hat allerdings gestern 2% zulegen koennen. Silber profitiert weiterhin von der robusten ETF-Nachfrage. Der weltgrößte Silber-ETF, iShares Silver Trust, verzeichnete gestern erneut Zuflüsse von 27 Tonnen. Offensichtlich kommt es auch zu Umschichtungen in Silber, welches von den Anlegern als alternatives und preiswertes Investment im Edelmetallsektor angesehen wird. Seit Anfang November sind 700 Tonnen Silber in den iShares Silver Trust geflossen, während die Goldbestände des SPDR Gold Trust gleichzeitig um 8 Tonnen gefallen sind. Allein gestern flossen 4,2 Tonnen Gold aus dem weltgrössten Gold-ETF ab. Angesichts dieser Entwicklung überrascht es nicht, der Gold-Silber-Koeffizient erstmals seit März 2008 wieder unter die Marke von 50 gefallen ist.


Industriemetalle

Die Industriemetalle geben weiter nach. Gestern sank der LMEX um knapp 1%, heute Morgen werden die Verluste weiter ausgebaut. Für die Industriemetalle ist nicht nur das allgemeine Marktumfeld belastend, sondern vor allem die Sorge um eine restriktivere Kreditvergabe in China. Darüber hinaus führen die jüngsten metallspezifischen Daten zu Verunsicherung: Wir hatten bereits gestern auf die stark gefallenen Kupferimporte Chinas hingewiesen, auch bei Blei fielen die chinesischen Handelszahlen preisbelastend aus: während die Importe im Oktober deutlich zurückgingen, sind die Exporte im Monatsvergleich kräftig gestiegen.

Blei setzt die Preiskorrektur entsprechend fort und notiert mit knapp 2.200 USD je Tonne mittlerweile gut 400 USD bzw. gut 15% unter dem vor knapp zwei Wochen erreichten 10-Monatshoch.

Für Aluminium ist das Bild nicht ganz so eindeutig: hier sind in China sowohl Im- als auch Exporte gestiegen. Für einen höheren Importbedarf spricht die in den letzten Monaten weiter gefallene Aluminiumproduktion in China. Aufgrund der Energiesparmaßnahmen lag diese gemäß International Aluminium Institute im Oktober mit knapp 1,3 Mio. Tonnen knapp 9% niedriger als im Hoch im Juni. Da die übrigen Produzentenländer ihre Produktion ausgeweitet haben, fiel das Minus bei der globalen Aluminiumproduktion mit 3% gegenüber dem Rekordwert im Mai zwar deutlich moderater aus, dennoch bleiben die Aluminiumpreise besser unterstützt: Aluminium korrigierte in den letzten zehn Tagen nur um knapp 8%.


Agrarrohstoffe

Nachdem sich der Preis für Baumwolle seit Jahresbeginn bis Anfang November verdoppelt hatte, gab er in den beiden vergangenen Wochen um 22% nach. An einigen Tagen wurde der Rückgang sogar nur durch das maximal mögliche Tageslimit begrenzt. Darin spiegelt sich vor allem das generell für Rohstoffe schwächere Umfeld wider, insbesondere die restriktiven Maßnahmen in China, dem größten Baumwollimporteur. Diese beinhalten unter anderem Begrenzungen von Bankkrediten, die zur Spekulation auf den Agrarmärkten verwendet werden können, sowie die Möglichkeit von Preiskontrollen. Während die diesjährige Baumwollernte in China zeitlich hinterher hinkt, zeigt der neue Erntefortschrittsbericht des USDA, dass in den USA die Ernte weiterhin zügiger als im Mittel der Vorjahre verläuft.

Aus dem Bericht des USDA ist zudem zu ersehen, dass die Entwicklung des Winterweizens in den USA planmäßig verläuft. Gegenüber der Vorwoche hat sich auch der Prozentsatz der Pflanzen, die in ihrer Qualität als gut oder sehr gut bezeichnet werden können, nochmals um einen Prozentpunkt auf 47% erhöht. Viele Beobachter hatten sich im Vorfeld des Berichts angesichts der trockenen Witterung in einigen Gebieten der US Plains deutlich skeptischer geäußert. Der Wert ist im historischen Vergleich noch immer niedrig, doch lässt die Entwicklung der letzten beiden Wochen auf eine etwas entspanntere Stimmung während der kommenden Phase der Winterruhe hoffen.

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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