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Notenbankpolitik stärkt Charakter von Gold als Alternativwährung

24.09.2012  |  Thorsten Proettel
- Seite 3 -
Langfristige Auswirkungen möglicherweise negativ

Die gut gemeinten Aktionen der Notenbanken zeigen erstaunliche Parallelen zum keynesianischen Globalsteuerungsoptimismus der 1960er und 1970er Jahre. Damals glaubten die Regierungen der westlichen Welt, mit Konjunkturrücklagen in Boomphasen und zusätzlichen Staatsausgaben bei Wirtschaftsabschwüngen die als schädlich angesehenen Konjunkturzyklen beseitigen oder zumindest dämpfen zu können. Die Geschichte lehrte, dass unter dem Strich lediglich eine Erhöhung der Staatsschulden und eine Verkrustung der Strukturen resultierte. Seit den 1990er Jahren dominiert die Vorstellung, mit einer geschickten Geldpolitik der Notenbanken die Konjunktur steuern zu können.

Bei Abschwüngen werden die Liquiditätsschleusen geöffnet, was angesichts niedriger Inflationsraten als unschädlich angesehen wird. Die Anleihenkaufprogramme sind die jüngsten Zeugnisse dieser Denkrichtung. Vorstellbar ist, dass sich aber auch dieser Interventionismus ebenso wie die Globalsteuerungsidee langfristig als sinnlos entpuppt. Als Nebenwirkungen der Medizin könnten jedoch eine ansteigende Inflationsrate und ein Vertrauensverlust in das Geld resultieren. Gold profitiert in diesem Umfeld von seiner Eigenschaft als Sachwert, der nicht weginflationiert werden kann und dessen Werthaltigkeit auch nicht von der Zahlungsbereitschaft Dritter abhängt.

Wir rechnen mit einer Fortsetzung der mit der Krise begonnenen Re-Etablierung von Gold als Anlageform, da erstens alle wichtigen Notenbanken (EZB, US-Fed, Bank of Japan, Bank of England) unbeirrt an ihren Liquiditätsmaßnahmen festhalten, zweitens der Erfolg der Maßnahmen unsicher ist und drittens insbesondere die EZB ihren eingeschlagenen Weg kaum verlassen kann. Langfristig birgt diese Konstellation aber auch die Gefahr der Blasenbildung auf dem Goldmarkt.

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Schmuckmarkt belastet

Die beiden wichtigsten Abnehmermärkte für Goldschmuck, Indien und China, kämpfen derzeit mit einer deutlichen Konjunkturabschwächung. Ausbleibende Einkommenssteigerungen führen zu niedrigeren Goldkäufen, weshalb in China im 2. Quartal dieses Jahres zum ersten Mal seit 2008 ein Rückgang der Schmucknachfrage in Tonnen (-8%) feststellbar war. In Indien betrug das Minus sogar 30%. Ein Handelskrieg zwischen China und Japan im Zuge des Konflikts um die Senkaku-Diaoyu-Inseln könnte den chinesischen Schmuckmarkt zusätzlich belasten.


Notenbankkäufe auf hohem Niveau

Die Zentralbanken der Schwellenländer stehen angesichts allgemein niedriger Zinsen und der Gefahr einer Entwertung von USD, Euro, Yen und Pfund vor ähnlichen Problemen wie Privatanleger. Sie kaufen deshalb seit einigen Jahren vermehrt Gold als Währungsreserve. 2011 wurde mit über 450 Tonnen die höchste Zunahme der Goldreserven im Währungssektor seit 48 Jahren gemessen.

2012 könnten die Käufe sogar noch höher ausfallen, da die Erwerbungen der Notenbanken nach Angaben des World Gold Councils bereits zur Jahresmitte bei 250 Tonnen lagen. Goldverkäufe durch Notenbanken, beispielsweise zur Schuldentilgung, erwarten wir dagegen nicht. Einerseits wäre dies fast überall nur ein Tropfen auf den heißen Stein und zweitens dürften selbst die Peripheriestaaten der Eurozone ihren letzten Notgroschen kaum veräußern wollen.


Fazit

Der Schmuckmarkt als traditionell wichtigster Teil des Goldmarktes verliert durch den eingeschlagenen Kurs der Notenbanken weiter an Bedeutung. Die aktuelle Nachfrageschwäche in Indien und China kommt deshalb weniger stark zum Tragen. Als Gegenwährung zu den Papiergeldsystemen profitiert Gold vom Paradigma der billigen Liquidität als angeblichem Allheilmittel eigentlich struktureller Probleme. Aufgrund der möglichen Nebenwirkungen rechnen wir mit einem größeren Anlageinteresse und einem Anstieg der Notierungen. Dabei ist es vorerst unerheblich, ob die Maßnahmen letztendlich sogar erfolgreich sind, da aufgrund der zeitlich verzögerten Wirksamkeit geldpolitischer Maßnahmen und Reformprogramme noch lange der Schleier der Ungewissheit über den Märkten liegen wird.


© Thorsten Proettel
Commodity Analyst

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart



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