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Jahresendrally voraus?

06.12.2010  |  Eugen Weinberg
Die Rohstoffpreise eilen von einem Hoch zum anderen. Die Gründe sind zahlreich: Die Entschlossenheit der US-Notenbank Fed, die wirtschaftliche Schwäche mit einer massiven Ausweitung der Geldmenge zu bekämpfen - am Wochenende schloss der Fed-Vorsitzende Bernanke weitere Käufe von US-Staatsanleihen über die 600 Mrd. USD hinaus nicht aus -, der allgemeine Marktoptimismus, wobei sich auch die Aktienmärkte weltweit im Aufwind befinden, ein erhöhtes spekulatives Interesse wegen des anhaltenden Aufwärtstrends und das "window-dressing" seitens der Investmentfonds zum Jahresende, um die Rohstoff-Investments in den Bilanzen besser aussehen zu lassen, tragen zum Preisanstieg bei.

Wir gehen außerdem davon aus, dass die meisten institutionellen Investoren, die die Rohstoffpreisentwicklungen in mittelfristiger Sicht maßgeblich beeinflussen, im Hinblick auf die gegenwärtige Finanzmarkt- und Wirtschaftssituation ihre Rohstoffquote zum Jahreswechsel erhöhen werden.


Energie

Der WTI-Ölpreis steigt heute mit 89,50 USD je Barrel auf ein 26-Monatshoch, der Brentöl-Preis notiert bei 91,5 USD. Neben den allgemeinen Unterstützungsfaktoren für den Rohstoffmarkt sind für die gegenwärtige relative Stärke der Ölpreise auch die Nähe zur magischen Preisgrenze von 100 USD je Barrel, aber auch die gegenwärtig unerwartet starke Dieselnachfrage verantwortlich.

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Ein höherer Heizbedarf wegen des Kälteeinbruchs, aber auch stärkerer Nachfrage nach Dieselgeneratoren wegen der Energiesparmaßnahmen in China dürften den Dieselmarkt weiterhin verknappen. So will der größte chinesische Ölhändler, Unipec, im Dezember 200 Tsd. Tonnen Diesel und damit 67% mehr als ursprünglich geplant importieren. Auch deutet die gegenwärtige Form der Terminkurve eine weitere Verknappung am Rohölmarkt an (siehe Grafik des Tages). Die Backwardation, die in den letzten Jahren nur selten auftrat, dürfte weitere Käufer auf den Plan rufen. Unterdessen haben die Spekulanten bei WTI-Rohöl an der NYMEX in der letzten Novemberwoche ihre Netto-Long-Positionen um 25 Tsd. Kontrakte bzw. 20% auf mittlerweile 152 Tsd. Kontrakte ausgeweitet.


Edelmetalle

Gold notiert zum Wochenauftakt fester bei rund 1.415 USD je Feinunze und damit nur 10 USD unter seinem Rekordhoch. Die Edelmetalle scheinen die Profiteure der gegenwärtigen Unsicherheit an den Märkten zu sein. Sowohl die Schuldenproblematik der EU-Peripherieländer als auch die Geldmengenausweitung durch die Fed, die geopolitischen Risiken, aber auch die robuste physische Nachfrage aus Asien und die Liquiditätszuflüsse in die Rohstoffmärkte beflügeln die Preise für Gold & Co. So haben die Spekulanten in der Woche zum 30. November bei Gold ihre Netto-Long-Positionen um gut 5 Tsd. auf 175,4 Tsd. Kontrakte und damit den höchsten Stand seit drei Wochen ausgeweitet.

Auch im Falle von Silber wurden die Netto-Long-Positionen wieder ausgebaut. Sie stiegen die zweite Woche in Folge um 15% auf 27,5 Tsd. Kontrakte. Der Silberpreis hat unterdessen die Marke von 30 USD je Feinunze ins Visier genommen. Es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis dieses Niveau, das zuletzt im März 1980 erreicht wurde, übersprungen wird.


Industriemetalle

Im Einklang mit den anderen Rohstoffen starten auch die Industriemetalle mit Preiszugewinnen in die neue Handelswoche. Kupfer notiert bei knapp 8.800 USD je Tonne auf einem 3-Wochenhoch. Die Anleger haben bei Kupfer in der Woche zum 30. November ihre Netto-Long-Positionen leicht auf 27,1 Tsd. Kontrakte ausgeweitet. Damit wurde der Positionsabbau der vorherigen zwei Wochen gestoppt. Der jüngste Preisanstieg ging u.E. mit einer weiteren Ausweitung der Netto-Long-Positionen einher. Von dieser Seite bleibt Kupfer gut unterstützt.

Unterdessen geht der mittlerweile seit einem Monat andauernde Streik in der weltweit drittgrößten Kupfermine Collahuasi in Chile weiter. Bislang brachten die Gespräche zwischen den Minenbetreibern und den Gewerkschaften keine Einigung. An der LME hält weiterhin ein einzelner Marktteilnehmer 50-79% aller Lagerscheine. Dies entspricht einem Volumen zwischen 177 Tsd. und 279 Tsd. Tonnen bzw. 1-1,5% der Weltproduktion. Möglicherweise sichern sich bereits im Hinblick auf die geplante Einführung von physisch hinterlegten ETPs auf Industriemetalle und die wahrscheinlich darauf folgende physische Verknappung die Anbieter das benötigte Material. Der globale Kupfermarkt wies bereits in den ersten neun Monaten des Jahres gemäß Daten von WBMS ein Angebotsdefizit von 112 Tsd. Tonnen aus. Dieses dürfte sich in den kommenden Monaten sogar noch deutlich ausweiten und so zu steigenden Preisnotierungen beitragen.


Agrarrohstoffe

Angesichts der ungünstigen Wetternachrichten aus Australien befindet sich der Weizenpreis weiter in einem steilen Anstieg. Alleine am Freitag stiegen die Notierungen um 4,5%, für die Woche betrug das Plus 15%. Am Morgen können die Preise bereits weiter auf ein Vier-Monatshoch steigen. Ausgedehnte Regenfälle in vielen Gebieten Australiens behindern die Erntearbeiten und lassen befürchten, dass ein großer Teil der Ernte die Qualitätsanforderungen für hochwertigen Mahlweizen nicht erfüllen und die australischen Exportmengen an Mahlweizen auf ein 4-Jahrestief fallen könnten. Angesichts der Ausfälle an hochqualitativem Weizen in einigen Ländern der Nordhalbkugel im Sommer - darunter auch Deutschland -, würde dies das Angebot an Mahlweizen weiter einengen. Laut den aktuellsten CFTC-Daten hat sich die Positionierung der spekulativen Finanzanleger bei Weizen in der Woche zum 30. November nicht wesentlich verändert.

Ob sich in den darauffolgenden Tagen die Netto-Short-Position wieder verringert hat, werden die nächste Woche zur Veröffentlichung anstehenden Daten zeigen, da der Preisanstieg erst im Dezember startete. Auch bei den meisten anderen Agrarrohstoffen blieb in der Woche zum 30. November das Engagement der spekulativen Marktteilnehmer recht stabil. Der nicht unerhebliche Preisanstieg über die letzten fünf Tage bei Baumwolle und Kakao könnte sich nächste Woche auch in einer erhöhten Netto-Long-Position bei Baumwolle und einer reduzierten Netto-Short-Position bei Kakao widerspiegeln.


CFTC Daten: Netto-Long Positionen spekulativer Finanzanleger vs. Preis

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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