Gewinnmitnahmen nach überbordendem Optimismus
05.01.2011 | Eugen Weinberg
Energie
Die Rohölpreise sind im Zuge einer allgemeinen Korrektur an den Rohstoffmärkten unter Druck geraten. Der WTI-Ölpreis handelt am Morgen unterhalb von 89 USD je Barrel. Der gestrige Preisrückgang um 2,4% war der stärkste prozentuale Tagesverlust seit Mitte November. Da Brentöl weniger verloren hat, hat sich der Preisaufschlag gegenüber WTI auf vier US-Dollar ausgeweitet. Bei den Preisrückgängen seit gestern dürfte es sich um Gewinnmitnahmen handeln, welche mit dem zuvor überbordenden Marktoptimismus der Marktteilnehmer erklärt werden können.
Wir glauben allerdings nicht, dass es sich dabei um den Beginn einer länger anhaltenden Korrektur handelt. Die US-Rohöllagerbestände sind in der vergangenen Woche nach Angaben des American Petroleum Institute um 7,5 Mio. Barrel zurückgegangen. Ausschlaggebend hierfür war ein deutlicher Rückgang der Importe. Dabei dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass die Raffinerien ihre Lagerbestände zum Jahresende aus steuerlichen Gründen reduziert haben. Diese bilden die Bemessungsgrundlage für die in einigen Bundesstaaten von den Raffinerien zu entrichtende Vermögenssteuer.
Trotz leicht rückläufiger Raffinerieauslastung stiegen die Benzinvorräte um 5,6 Mio. Barrel und die Destillatebestände um 2,2 Mio. Barrel. Dieser Lageraufbau war größtenteils auf einen Schneesturm zurückzuführen, der die Nachfrage nach Ölprodukten beeinträchtigte. Laut Mastercard lag die US-Benzinnachfrage in der vergangenen Woche 12,5% niedriger als in der Vorwoche. Dabei dürfte aber auch eine Rolle gespielt haben, dass die Tankstellenpreise in den USA auf das höchste Niveau gestiegen sind, das jemals für diesen Zeitpunkt des Jahres registriert wurde. Am Nachmittag veröffentlicht das US-Energieministerium die offiziellen Lagerbestände.
Edelmetalle
Der durch Gewinnmitnahmen bedingte Rückgang der Rohstoffpreise wurde gestern von den Edelmetallen angeführt. Der Goldpreis fiel zeitweise um annähernd 3% auf 1.375 USD je Feinunze, bevor das niedrigere Preisniveau von Schnäppchenjägern zu physischen Käufen genutzt wurde. Der Preisrückgang ging mit Abflüssen aus dem weltweit größten Gold-ETF, SPDR Gold Trust, einher. Dessen Bestände wurden gestern um über 4 Tonnen abgebaut und sanken damit auf den tiefsten Stand seit 7 Monaten.
Die Istanbuler Goldbörse berichtet, dass die Türkei im Dezember nur noch 0,7 Tonnen Gold importiert hat, nach 3 Tonnen im Vormonat. Die hohen Preise dürften viele Händler von Käufen abgehalten haben. Betrachtet man jedoch das gesamte Jahr, sind die Goldeinfuhren im Vergleich zum Vorjahr um 13% auf 42,5 Tonnen gestiegen. Sollte sich die Nachfrage ähnlich wie in Indien an das hohe Goldpreisniveau gewöhnt haben, dürften die Importe auch in diesem Jahr weiter steigen. Die Türkei ist nach Indien und China der weltweit drittgrößte Goldkonsument.
Stärker als Gold gab Silber nach, das vom Tageshoch aus betrachtet zwischenzeitlich um 5% nachgab und wieder unter die Marke von 30 USD je Feinunze fiel. Der Preisrückgang setzt sich heute Morgen weiter fort. Ebenso stehen Platin und Palladium unter Abgabedruck.
Industriemetalle
Konnten sich die Metallpreise gestern dem Verkaufsdruck an den Rohstoffmärkten weitgehend entziehen und zum Großteil im positiven Terrain behaupten, geben sie heute Morgen schließlich auch nach. Dabei handelt es sich um Gewinnmitnahmen nach den starken Preisanstiegen der vergangenen Wochen und Monate. Der LME-Industriemetallindex kletterte gestern sogar noch auf den höchsten Stand seit April 2008. Zwar gibt es vermehrt Anzeichen an den Metallmärkten, die zur Vorsicht mahnen, dennoch ist es zu früh, von einer generellen Trendumkehr zu sprechen.
Den jüngsten Anstieg der Lagerbestände zum Beispiel bei Kupfer sollte man allerdings im Auge behalten. An der LME wurden die Kupfervorräte seit Mitte Dezember um 8% erhöht, in den Lagerhäusern der Börse Shanghai waren es im selben Zeitraum 14%. Seit dem letzten Tief Ende September sind die Kupferbestände dort sogar um 50% gestiegen. Dies deutet auf ein Nachlassen der Nachfragedynamik hin. Anlass zur Sorge geben auch die rekordhohen Netto-Long-Positionen der spekulativen Finanzanleger, die im Falle von Positionsglattstellungen hohen Druck auf die Preise ausüben könnten.
Weitere Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung bzw. Abkühlung der Wirtschaft in China hängen ebenfalls als Damoklesschwert über den Metallpreisen. Der Aufwärtstrend bei den Industriemetallen ist allerdings noch intakt, so dass es zunächst zu weiteren Preissteigerungen kommen könnte.
Agrarrohstoffe
Das Wetterphänomen La Nina hält die Agrarmärkte weiterhin in Atem. Während es in Südostasien zuviel regnet und Australien unter einer Flutkatastrophe zu leiden hat, herrscht in Lateinamerika Regenarmut.
Das argentinische Landwirtschaftsministerium hat daraufhin seine Prognose für die Maisernte in diesem Jahr deutlich nach unten revidiert. Ging man bislang von einer Rekordernte in Höhe von 26 Mio. Tonnen aus, so rechnet man nun nur noch mit einem Erntevolumen von 20 Mio. Tonnen. Das US-Landwirtschaftsministerium ist derzeit mit einer Ernteschätzung von 25 Mio. Tonnen noch deutlich optimistischer, dürfte seine Prognose in der kommenden Woche aber ebenfalls nach unten revidieren. Argentinien ist nach den USA der weltweit zweitgrößte Maisexporteur. Da gleichzeitig die Lagerbestände in den USA auf ein 15-Jahrestief absinken dürften, wird sich die Angebotslage durch die niedrigere Ernte in Argentinien weiter einengen.
Die politischen Unruhen in der Elfenbeinküste hatten bislang offensichtlich noch keine Auswirkungen auf das Kakaoangebot. Zwischen Oktober und Dezember wurden 600 Tsd. Tonnen Kakao an die Häfen des weltgrößten Kakaoproduzenten geliefert. Das ist etwas mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Die offizielle Schätzung für die Haupternte (Oktober bis März) von 800 Tsd. Tonnen könnte sich daher als zu niedrig erweisen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Konflikt zwischen dem bisherigen Präsidenten Gbagbo und dem international als Wahlsieger anerkannten Herausforderer Ouattara einvernehmlich gelöst wird.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Die Rohölpreise sind im Zuge einer allgemeinen Korrektur an den Rohstoffmärkten unter Druck geraten. Der WTI-Ölpreis handelt am Morgen unterhalb von 89 USD je Barrel. Der gestrige Preisrückgang um 2,4% war der stärkste prozentuale Tagesverlust seit Mitte November. Da Brentöl weniger verloren hat, hat sich der Preisaufschlag gegenüber WTI auf vier US-Dollar ausgeweitet. Bei den Preisrückgängen seit gestern dürfte es sich um Gewinnmitnahmen handeln, welche mit dem zuvor überbordenden Marktoptimismus der Marktteilnehmer erklärt werden können.
Wir glauben allerdings nicht, dass es sich dabei um den Beginn einer länger anhaltenden Korrektur handelt. Die US-Rohöllagerbestände sind in der vergangenen Woche nach Angaben des American Petroleum Institute um 7,5 Mio. Barrel zurückgegangen. Ausschlaggebend hierfür war ein deutlicher Rückgang der Importe. Dabei dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass die Raffinerien ihre Lagerbestände zum Jahresende aus steuerlichen Gründen reduziert haben. Diese bilden die Bemessungsgrundlage für die in einigen Bundesstaaten von den Raffinerien zu entrichtende Vermögenssteuer.
Trotz leicht rückläufiger Raffinerieauslastung stiegen die Benzinvorräte um 5,6 Mio. Barrel und die Destillatebestände um 2,2 Mio. Barrel. Dieser Lageraufbau war größtenteils auf einen Schneesturm zurückzuführen, der die Nachfrage nach Ölprodukten beeinträchtigte. Laut Mastercard lag die US-Benzinnachfrage in der vergangenen Woche 12,5% niedriger als in der Vorwoche. Dabei dürfte aber auch eine Rolle gespielt haben, dass die Tankstellenpreise in den USA auf das höchste Niveau gestiegen sind, das jemals für diesen Zeitpunkt des Jahres registriert wurde. Am Nachmittag veröffentlicht das US-Energieministerium die offiziellen Lagerbestände.
Edelmetalle
Der durch Gewinnmitnahmen bedingte Rückgang der Rohstoffpreise wurde gestern von den Edelmetallen angeführt. Der Goldpreis fiel zeitweise um annähernd 3% auf 1.375 USD je Feinunze, bevor das niedrigere Preisniveau von Schnäppchenjägern zu physischen Käufen genutzt wurde. Der Preisrückgang ging mit Abflüssen aus dem weltweit größten Gold-ETF, SPDR Gold Trust, einher. Dessen Bestände wurden gestern um über 4 Tonnen abgebaut und sanken damit auf den tiefsten Stand seit 7 Monaten.
Die Istanbuler Goldbörse berichtet, dass die Türkei im Dezember nur noch 0,7 Tonnen Gold importiert hat, nach 3 Tonnen im Vormonat. Die hohen Preise dürften viele Händler von Käufen abgehalten haben. Betrachtet man jedoch das gesamte Jahr, sind die Goldeinfuhren im Vergleich zum Vorjahr um 13% auf 42,5 Tonnen gestiegen. Sollte sich die Nachfrage ähnlich wie in Indien an das hohe Goldpreisniveau gewöhnt haben, dürften die Importe auch in diesem Jahr weiter steigen. Die Türkei ist nach Indien und China der weltweit drittgrößte Goldkonsument.
Stärker als Gold gab Silber nach, das vom Tageshoch aus betrachtet zwischenzeitlich um 5% nachgab und wieder unter die Marke von 30 USD je Feinunze fiel. Der Preisrückgang setzt sich heute Morgen weiter fort. Ebenso stehen Platin und Palladium unter Abgabedruck.
Industriemetalle
Konnten sich die Metallpreise gestern dem Verkaufsdruck an den Rohstoffmärkten weitgehend entziehen und zum Großteil im positiven Terrain behaupten, geben sie heute Morgen schließlich auch nach. Dabei handelt es sich um Gewinnmitnahmen nach den starken Preisanstiegen der vergangenen Wochen und Monate. Der LME-Industriemetallindex kletterte gestern sogar noch auf den höchsten Stand seit April 2008. Zwar gibt es vermehrt Anzeichen an den Metallmärkten, die zur Vorsicht mahnen, dennoch ist es zu früh, von einer generellen Trendumkehr zu sprechen.
Den jüngsten Anstieg der Lagerbestände zum Beispiel bei Kupfer sollte man allerdings im Auge behalten. An der LME wurden die Kupfervorräte seit Mitte Dezember um 8% erhöht, in den Lagerhäusern der Börse Shanghai waren es im selben Zeitraum 14%. Seit dem letzten Tief Ende September sind die Kupferbestände dort sogar um 50% gestiegen. Dies deutet auf ein Nachlassen der Nachfragedynamik hin. Anlass zur Sorge geben auch die rekordhohen Netto-Long-Positionen der spekulativen Finanzanleger, die im Falle von Positionsglattstellungen hohen Druck auf die Preise ausüben könnten.
Weitere Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung bzw. Abkühlung der Wirtschaft in China hängen ebenfalls als Damoklesschwert über den Metallpreisen. Der Aufwärtstrend bei den Industriemetallen ist allerdings noch intakt, so dass es zunächst zu weiteren Preissteigerungen kommen könnte.
Agrarrohstoffe
Das Wetterphänomen La Nina hält die Agrarmärkte weiterhin in Atem. Während es in Südostasien zuviel regnet und Australien unter einer Flutkatastrophe zu leiden hat, herrscht in Lateinamerika Regenarmut.
Das argentinische Landwirtschaftsministerium hat daraufhin seine Prognose für die Maisernte in diesem Jahr deutlich nach unten revidiert. Ging man bislang von einer Rekordernte in Höhe von 26 Mio. Tonnen aus, so rechnet man nun nur noch mit einem Erntevolumen von 20 Mio. Tonnen. Das US-Landwirtschaftsministerium ist derzeit mit einer Ernteschätzung von 25 Mio. Tonnen noch deutlich optimistischer, dürfte seine Prognose in der kommenden Woche aber ebenfalls nach unten revidieren. Argentinien ist nach den USA der weltweit zweitgrößte Maisexporteur. Da gleichzeitig die Lagerbestände in den USA auf ein 15-Jahrestief absinken dürften, wird sich die Angebotslage durch die niedrigere Ernte in Argentinien weiter einengen.
Die politischen Unruhen in der Elfenbeinküste hatten bislang offensichtlich noch keine Auswirkungen auf das Kakaoangebot. Zwischen Oktober und Dezember wurden 600 Tsd. Tonnen Kakao an die Häfen des weltgrößten Kakaoproduzenten geliefert. Das ist etwas mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Die offizielle Schätzung für die Haupternte (Oktober bis März) von 800 Tsd. Tonnen könnte sich daher als zu niedrig erweisen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Konflikt zwischen dem bisherigen Präsidenten Gbagbo und dem international als Wahlsieger anerkannten Herausforderer Ouattara einvernehmlich gelöst wird.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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