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Stärkster Lagerabbau bei Rohöl seit 2 ½ Jahren

06.01.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Der WTI-Ölpreis konnte wieder über die Marke von 90 USD je Barrel steigen. Brentöl wird mittlerweile mit einem Aufschlag von fünf US-Dollar gegenüber WTI gehandelt. So hoch war die Preisdifferenz zuletzt im Mai 2010. Der steile Anstieg der WTI-Terminkurve am vorderen Ende deutet auf eine Verzerrung des nächstfälligen WTI-Terminkontraktes nach unten hin. Diese kann allerdings nicht mit der Lagerentwicklung in den USA erklärt werden.

Die US-Rohöllagerbestände sind in der vergangenen Woche laut US-Energieministerium um 4,2 Mio. Barrel zurückgegangen und damit doppelt so stark wie erwartet. Innerhalb der letzten fünf Wochen beläuft sich der Lagerabbau bei Rohöl auf 24,4 Mio. Barrel. Das ist der stärkste Rückgang seit Mitte 2008. Dieser Lagerabbau ist nur bedingt auf eine stärkere Nachfrage zurückzuführen.

Vielmehr dürften die Raffinerien wie bereits gestern erwähnt ihre Lagerbestände aus steuerlichen Gründen zum Jahresende hin zurückgeführt haben. Mit Beginn des neuen Jahres dürfte dieser Effekt entfallen und die Lagerbestände wieder steigen. Ähnlich wie beim API-Bericht am Vortag wurde der Lagerabbau bei Rohöl durch einen Anstieg der Benzin- und Destillatevorräte um 3,3 Mio. bzw. 1,2 Mio. Barrel mehr als ausgeglichen. Dies war auf eine deutlich schwächere Nachfrage nach Ölprodukten zurückzuführen.

So lag die Benzinnachfrage in der vergangenen Woche 6% niedriger als in der Vorwoche. Allerdings ist dieser Vergleich durch die Schneestürme verzerrt. Aufgrund des Steuereffektes und der Wettereinflüsse bieten die Lagerdaten der vergangenen Woche somit kaum verlässliche Aussagen über die zugrundeliegende Entwicklung. Im Gegensatz zu den USA stiegen die Rohöllagerbestände in Japan in den vergangenen zwei Wochen um 5%. Sie liegen damit auf dem höchsten Stand seit 5 Monaten. Diese Entwicklung unterstreicht ebenfalls, dass der Lagerabbau in den USA vor allem auf spezifische Faktoren zurückzuführen ist.

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Edelmetalle

Nachdem es gestern an den Rohstoffmärkten im Allgemeinen und bei den Edelmetallen im Speziellen zunächst noch zu weiteren Gewinnmitnahmen kam, hellte sich die Stimmung im Tagesverlauf auf, so dass ein Teil der bis dahin aufgelaufenen Verluste wieder wettgemacht werden konnte. Der Goldpreis beendete den Handel daher fast unverändert und notiert heute Morgen bei rund 1.375 USD je Feinunze. Der aktuell stärkere US-Dollar könnte allerdings einem deutlicheren Anstieg des Goldpreises vorläufig im Wege stehen. Die US-Währung dürfte durch die Erwartung weiterer guter Konjunkturdaten in den USA wie z.B. dem morgigen Arbeitsmarktbericht unterstützt werden.

Silber, Platin und Palladium holten ebenfalls einen Großteil ihrer Verluste auf, nachdem beispielsweise Silber zeitweise über 4% im Minus lag. Insbesondere bei Platin und Palladium wurden die niedrigeren Preise zu physischen Käufen genutzt, was sich u.a. in hohen Zuflüssen in Platin- und Palladium-ETFs widerspiegelte. Die von Bloomberg erfassten Platin-ETFs haben ihre Bestände gestern um 1,5% bzw. 18,2 Tsd. Unzen erweitert. Im Falle der Palladium-ETFs fiel der Aufbau mit 2,1% bzw. 45,3 Tsd. Unzen noch deutlicher aus.


Industriemetalle

Der Bleipreis profitierte gestern sowohl von der Stimmungsaufhellung der Marktteilnehmer an den Rohstoffmärkten als auch von der Meldung, dass die Produktion in der Magellan-Mine vorübergehend eingestellt wird. Die westaustralische Provinzregierung hatte dem Minenbetreiber Ivernia bereits den Transport des Metalls von der Mine zu den Häfen untersagt, nachdem Bleistaubpartikel in Containern gefunden wurden, die möglicherweise gesundheitsschädlich sind. Mit einer Produktionskapazität von 85 Tsd. Tonnen p.a. steht die Mine für rund 2% der globalen Bleiproduktion. Sorgen über ein knappes Angebot sind dennoch nicht gerechtfertigt, da beispielsweise die Lagerbestände an der LME mit 210 Tsd. Tonnen auf einem 15-Jahreshoch liegen.

Der Baltic Dry Index, der die Frachtraten für Schüttguttransporte misst und oft als Indikator für die weltweite Wirtschaftsaktivität herangezogen wird, ist seit Anfang Dezember ununterbrochen gefallen. Mit 1.621 Punkten markierte er gestern den tiefsten Stand seit 21 Monaten. Der Rückgang ist jedoch nur zum Teil auf eine nachlassende globale Wirtschaftsdynamik, sondern auch auf die Flut in Australien zurückzuführen. Aufgrund der Wassermassen können einige australische Häfen nur bedingt bzw. gar nicht angelaufen werden, so dass derzeit insbesondere weniger Kohle und Getreide transportiert werden kann. Die daraus resultierenden freien Schiffskapazitäten spiegeln sich in niedrigeren Frachtraten wider.


Agrarrohstoffe

Die Nahrungsmittelpreise sind im vergangenen Monat nach Angaben der Welternährungsorganisation FAO auf ein Rekordniveau gestiegen. Sie liegen damit inzwischen höher als Mitte 2008, als es in einigen Ländern der Dritten Welt zu gewalttätigen Unruhen kam. Die FAO warnt zudem, dass die Preise für Nahrungsmittel aufgrund der unvorhersehbaren Wetteraktivitäten noch weiter steigen könnten. Neben den extremen Wetterverhältnissen - Dürre in Russland, Überflutungen in Pakistan und Australien, geringe Niederschläge in Lateinamerika und den USA - könnten die niedrigen Lagerbestände für weiteren Preisauftrieb sorgen. Dies gilt insbesondere für Mais, wo das globale Lager-Verbrauchs-Verhältnis mit 14% nur noch knapp über dem im Jahr 2007 erreichten 30-Jahrestief liegt. Entsprechend gering ist der Puffer im Falle weiterer Ernteausfälle.

Etwas komfortabler ist die Situation bei Weizen mit einem Lager-Verbrauchs-Verhältnis von 22%. Allerdings konzentrieren sich diese Vorräte auf wenige Anbieter, allen voran den USA und China, so dass es im Falle von Missernten zu lokalen Angebotsengpässen und damit auch zu Preissprüngen kommen kann. Dies gilt insbesondere für Europa, wo sich die Lagerbestände gemessen am Lager-Verbrauchs-Verhältnis von 8% auf einem rekordniedrigen Niveau befinden. Da nahezu alle Agrarrohstoffe gleichzeitig gestiegen sind, dürfte es auch schwierig sein, die Anbauflächen auszuweiten, sofern man nicht auf zuvor brach liegende Anbauflächen zurückgreifen kann.


DOE Daten: US-Lagerbestände Rohöl, Ölprodukte und Erdgas

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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