Jim Rogers über Politik, Geldmetalle und Abschwung
16.10.2012 | Presse
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Daily Bell: Ohne Zentralbanken gäbe es also trotzdem Konjunkturzyklen? Jim Rogers: Auf jeden Fall. Glauben Sie mir, es wird immer Konjunkturzyklen geben - mit oder ohne Zentralbanken. In der Menschheitsgeschichte hat es nicht immer Zentralbanken gegeben, aber es wird sie in der Menschheitsgeschichte auch wieder geben.
Daily Bell: Aber wären die dann genauso schlecht?
Jim Rogers: Eine wirklich gute Frage! Früher einmal, als die Zentralbanken noch nicht so mächtig waren, gab es noch Paniken, und die waren in der Regel von kürzerer Dauer. Die Leute wurden zu überschwänglich, die Jagdinstinkte wurden aktiviert und dann kommt es eben zur Panik. Die waren normalerweise kurz und schmerzlos. 1907 gab es eine große Panik in den USA, in Washington, in New York; alle hatten plötzlich große Probleme, aber es dauerte dann nicht sehr lang.
So sollte das System eigentlich auch funktionieren. Die Leute bekommen Probleme, man säubert das System und dann geht es weiter. Kompetente Menschen übernehmen die Vermögenswerte und Anlagen und dann geht es wieder los. Heutzutage, in Zeiten der Zentralbanken und des Staates, schreitet die Zentralbank ein, um alle zu retten, man lässt die Selbstreinigung des Systems nicht zu, so sollte der Kapitalismus aber eigentlich funktionieren. Die Zentralbanken bringen alles durcheinander, sie versuchen zu retten. Deswegen dauert die Rezession oder die Depression länger als damals. Um also Ihre Frage zu beantworten: Ja, die Zentralbanken machen es schlimmer, und nicht besser.
Daily Bell: Was halten Sie von reinen Fiat-Währungen wie beispielsweise Bitcoin?
Jim Rogers: Davon hab ich überhaupt keine Ahnung. Ich habe das Wort schon gehört, aber ich weiß nicht, wie es funktioniert.
Daily Bell: Was denken Sie über monetäre Ansätze und Ideen wie die von Silvio Gesell und Major Douglas?
Jim Rogers: Sie haben schon in der Vergangenheit nicht funktioniert und werden auch heute nicht funktionieren. Heute will doch keiner mehr Kommunist sein. Selbst ein Sozialist möchte keiner mehr sein - und wer noch ein Sozialist sein möchte, der möchte ein reicher Sozialist sein. Wenn die Welt im kommenden Jahrzehnt wirtschaftliche Probleme bekommt, werden auch solche Ideologien wieder in den Vordergrund treten. Die Menschen werden sehr unglücklich sein und nach Antworten suchen.
Sozialismus klingt ganz gut, besonders wenn Menschen leiden. Wird er funktionieren? NEIN! Er hat nie funktioniert. Kommunismus und Sozialismus sind schon viele Male gescheitert, und wenn die Lage schlecht wird, werden die Menschen mit Propagandabegriffen übers Ohr gehauen. Ich bin mir sicher, dass es zu einem Wiederaufleben aller möglichen durchgeknallten Wirtschaftstheorien kommen wird, wenn sich die Lage verschlimmert, aber keine wird am Ende funktionieren. Sie könnten bis zu den Machtpositionen durchdringen, aber am Ende werden sie nicht funktionieren.
Daily Bell: Möglicherweise wird es irgendwann enorme Preisinflation geben. Wann wird es Ihrer Meinung nach soweit sein?
Jim Rogers: Wir haben jetzt schon Inflation. Fast jedes Land der Welt hat die Inflation schon bestätigt. Indien, China, Norwegen, Australien - die meisten geben zu, dass es Inflation gibt, außer die Vereinigten Staaten. Die Vereinigten Staaten sagen, es gäbe keine Inflation. Das Bureau of Labor Statistics führt uns seit Langem in die Irre. Jeder, der einkaufen geht, weiß doch, dass es Inflation gibt und dass sie schlimmer wird. Ob nun Bildung, Unterhaltung oder das Gesundheitswesen - überall steigen die Preise. Weltweit steigt die Inflation, und es wird noch viel schlimmer, bevor es wieder besser wird.
Daily Bell: Wird 2013 ein gutes Jahr für Investitionen? Und falls nicht, warum?
Jim Rogers: Da hängt jetzt davon ab, in was man investiert. Für Baumwolle könnte es ein großartiges Jahr werden, Zucker könnte ein großartiges Jahr haben, Währungen konnten ein großartiges Jahr haben, für Aktien-Leerverkäufe könnte es ein großartiges Jahr werden. Anleihen? Ich denke nicht, dass es ein gutes Jahr für Anleihen wird.
Daily Bell: Neues Thema. Was denken Sie aktuell über China?
Jim Rogers: Seit drei Jahren versucht China, seine Wirtschaft langsam zu drosseln und man scheint damit auch Erfolg zu haben. Gleichzeitig hat der Westen, wie Sie wissen, zahlreiche Probleme. Da die westliche Wirtschaft zehnmal so groß ist, wie die chinesische, weiß man in China, dass man Probleme hat, wenn man dem Westen Geschäfte macht. Wenn man in China im Bereich Immobilien unterwegs ist, dann hat man wahrscheinlich schon Probleme. Die chinesische Regierung versucht nun seit über drei Jahren, die Immobilienblase zu vernichten, und es sieht so aus, als hätte sie Erfolg damit. Einige Teile der chinesischen Wirtschaft boomen und werden auch weiterhin boomen. Wenn man im Agrarbereich, Wasseraufbereitung oder Luftverschmutzung unterwegs ist, dann kann man in China ein Vermögen verdienen, weil die Regierung alles Mögliche unternimmt, um die Situation sauberer zu gestalten.
Wenn Sie mich also fragen, was ich über China denke, dann hat die Frage viele Aspekte. Ich denke, dass China zum wichtigsten Land des 21. Jahrhunderts werden wird. In den nächsten Monaten werden viele Leute in China Bankrott gehen und viele werden ihre Boom-Phase erleben.