Jim Rogers über Politik, Geldmetalle und Abschwung
16.10.2012 | Presse
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Daily Bell: Destabilisiert sich die Wirtschaft? Jim Rogers: Wenn man in China im der Immobilienprojektentwicklung ist, dann kann man Destabilisierung erleben, wenn man Bankrott geht. Das eigentlich Destabilisierende sind aber die amerikanischen Zentralbanken. Ich will noch einmal wiederholen, dass die Wirtschaften Amerikas und Europas zusammen mehr als 10-mal so groß sind, wie die chinesische Wirtschaft. Die chinesische Wirtschaft kann schwerlich die Welt destabilisieren.
Daily Bell: Und Europa? Auf welchem Weg sehen Sie Europa?
Jim Rogers: Europa hat viele Länder, und in den einen läuft es besser als in den anderen. Bulgarien konzentriert sich stark auf Landwirtschaft und hat seine staatlichen Strukturen gut umgebaut. Es wird sich in einer besseren Situation wiederfinden als beispielsweise Griechenland, wo die staatlichen Strukturen nicht umstrukturiert wurden und wo weiter viel Geld ausgegeben wird. Einige Länder Europas werden in Zukunft ernsthafte Probleme bekommen. Ich bezweifle, dass sich die europäische Wirtschaft in den nächsten Jahren gut entwickeln wird, auch in den USA wird es meiner Meinung nach im nächsten Jahr nicht gut laufen.
Daily Bell: Ist Austerität eine tragfähige Lösung?
Jim Rogers: Geld ausgeben, das man nicht besitzt, ist auf jeden Fall keine tragfähige Lösung; am Ende wird einem das Geld der anderen Leute ausgehen. Jetzt haben wir aber nicht wirkliche Austerität in Europa. Wenn man sich die Hochrechnungen anschaut, wird jeder Staat in Europa im nächsten Jahre höhere Defizite einfahren; nirgendwo gibt es echte Austerität. Diese Länder reden nur und machen trotzdem etwas anderes. Die Schulden steigen weiter und das ist keine Austerität.
Daily Bell: Wie ist die Situation in den USA? Steuert die Wirtschaft auf einen Double-Dip zu?
Jim Rogers: Ich bin nicht sicher, ob wir jemals aus dem letzten Abschwung rausgekommen sind. Die Arbeitslosigkeit ist höher als die meisten von uns sie jemals erlebt haben, und sie wird weiter steigen. Wir werden mit Sicherheit weitere wirtschaftliche Probleme in den USA bekommen. Ich vermute, 2013 und 2014 werden wieder schlechte Jahre für die Weltwirtschaft und auf alle Fälle für die US-Wirtschaft.
Daily Bell: Wer wird die Wahlen in den USA gewinnen?
Jim Rogers: Ich denke schon, dass Mr. Obama die Wahl gewinnen wird. Wenn man erst einmal an der Macht ist, kann man viel Geld ausgegeben, und Mr. Obama kann zum Beispiel in Ohio eine Menge Geld ausgeben. Seine Popularität in Ohio steigt, weil er dort Geld ausgibt. Und deshalb vermute ich auch, dass Mr. Obama gewinnen wird. Das heißt nicht, dass das gut für Amerika wäre oder gut für die Welt, aber ich vermute, er wird gewinnen.
Daily Bell: Was ist mit Ron Paul passiert?
Jim Rogers: Seine Kampagne war kein Erfolg. Er ist - stellvertretend für uns - bereit, den Zentralbanken den Kampf anzusagen, aber er hatte damit keinen Erfolg. In den Vereinigten Staaten ist es immer noch schwer, den Menschen, die Realität nahezubringen, weil die meisten Menschen, selbst die gebildeten, eine anderes Weltbild haben. Sie verstehen die wirkliche Welt nicht; sie verstehen Ökonomie oder Geschichte nicht. Ron Paul schon, aber er kann die Menschen davon nur schwer überzeugen - wie er deutlich gezeigt hat.
Daily Bell: Sie denken also, Obama wird die Wahl gewinnen. Was wird das mit Blick auf die US-Wirtschaft ändern? Wäre Mitt Romney da vielleicht besser?
Jim Rogers: Nein. Aus meiner Sicht sind sich Mr. Obama und Mr. Romney da gleich. Der eine ist aus Boston, der andere aus Chicago. Sie haben im Grunde dasselbe Weltbild, dieselbe Vorstellung davon, wie die Welt funktioniert. Solche Menschen haben uns in diese Situation gebracht. Ich weiß nicht, warum die Welt denkt, dass diese Männer unsere Probleme lösen könnten. Beide werden die Probleme nur verschlimmern.
Daily Bell: Befindet sich die Welt auf dem Weg zu einer Art globaler Depression?
Jim Rogers: Wie ich schon sagte, wenn man in China im Immobiliensektor ist und Bankrott geht, dann wird man schon etwas depressiv werden. Aber einige Teile der Weltwirtschaft, wie Landwirtschaft, werden boomen. Insgesamt betrachtet, erwarte ich für die nächste Zeit aber keine großartigen Dinge.
Daily Bell: Welche Fluchthäfen für's Geld gibt es noch? Wasser? Nahrungsmittel? Öl?
Jim Rogers: Landwirtschaft - ich bin überaus bullisch, was die Landwirtschaft angeht. Wasser? Ich würde eher kein Wasser besitzen wollen. Wenn man Wasser besitzt, und die Lage sich zuspitzt, dann wird es einem weggenommen. Es wird konfisziert und man wird vielleicht selbst ins Gefängnis gesteckt, weil man so etwas Unerhörtes wie Wasser besitzt.
Von einigen Ländern bin ich begeistert. Nordkorea, Angola - es gibt Länder, wo gerade aufregende Dinge passieren. Wenn man Landwirt ist, wird man gar nicht bemerken, dass Griechenland Bankrott geht. Sie werden sich darum nicht kümmern. Man werden einfach zu viel mit seiner Arbeit und dem Geld verdienen zu tun haben. Dasselbe gilt für den Bereich der Wasseraufbereitung.