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Interview mit Gerald Celente

24.10.2012  |  Frank Meyer
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Michael: Nein, das würde ich niemals.

Gerald: Würdest du Geschäfte mit dem kleineren von zwei Übeln machen? Würdest du gerne Freunde haben, die das kleinere von zwei Übeln sind?

Michael: Natürlich nicht. Im Maklergeschäft kommt das zwar sehr oft vor, aber es ist nicht das, was ich vorziehen würde.

Gerald: Aber du weißt das halt in dem Fall nicht. Du sagst nicht, er ist zwar einer von den zwei Übeln, aber ich mache trotzdem Geschäfte mit ihm. Warum also sollte irgendjemand einen dieser beiden wählen? Damit sie unser Leben organisieren und unsere Länder regieren? Denn das ist genau das, worauf es letztendlich hinausläuft. Und, wie ich bereits sagte, ich bin ein politischer Atheist. Ich glaube nicht an politische Religionen und ich glaube auch nicht an politische Götter, aber ich glaube an Gott. Und der Gott, an den ich glaube, würde es als eine Sünde ansehen, wenn ich ein Übel wählen würde, egal ob es das kleinere oder das größere ist. Also bleibe ich zu Hause und gehe nicht wählen.

Und genau das ist auch mein Slogan: Geh nicht wählen. Denn meiner Meinung nach ist es sowieso eine illegale Wahl wenn nur 40 Prozent oder sogar noch weniger zur Wahl gehen. Das ganze System ist korrupt. So eine Wahl ist kein demokratischer Prozess, nur kleine Kinder glauben das noch. Wir sind eine Nation mit 312 Millionen und werden von einer Bande von 535 Senatoren und Kongressmännern regiert, die uns sagen, was wir tun zu tun haben und wie, wie wir unsere Schuhe zubinden sollen und wie wir unsere Leben zu leben haben. Und wen repräsentieren diese Leute?

Sie repräsentieren diejenigen, die ihnen Geld für ihre politischen Wahlkampagnen geben. Sie nennen es Wahlkampfunterstützung. Jeder normale Erwachsene würde es Bestechungs- oder Schmiergelder nennen. Wir haben kein demokratisches System hier in diesem Land und das gilt auch für die anderen Ländern mit einem Wahlsystem. Wir werden alle kontrolliert. Was ich also sage, ist: Lass uns das System absetzen. Es gibt nichts, was diese Leute für uns ändern würden und es ist einfach nur Wahnsinn zu denken, dass sich etwas ändert, wenn man die gleichen Dinge immer und immer noch einmal wiederholt, genau so, wie Einstein sagen würde.

Michael: Aus diesem Grund bezeichnest du das Ganze ja auch als Präsidenten-Reality-Show. Aber, wenn wir schon über die amerikanische Präsidentschaftswahl reden, dann müssen wir auch über die andauernden Kämpfe in Syrien reden, über die Kriegstrommeln, die Israels Premierminister Benjamin Netanjahu im Zusammenhang mit dem Iran in den letzten Wochen gerührt hat, was ja nun wirklich komisch so kurz vor den Wahlen ist. Und über die andauernden Kriege, an denen die USA und die NATO beteiligt sind, aber auch, um das Ganze mal abzurunden, die Ermordung des US-amerikanischen Botschafters in Libyen. Ich vermute mal, Gerald, dass du dazu eine Menge zu sagen hast, stimmt’s?

Gerald: Nun, in einem unserer früheren Trends Journals, genauer gesagt in der Frühling-Ausgabe 2011, haben wir bereits über den ersten großen Krieg des 21. Jahrhunderts geschrieben. Krieg gibt es bereits, die Menschen warten nur darauf, dass ein Krisenherd sich zu noch etwas Größerem entwickelt. Das ist wie wenn Schulkinder behaupten, dass der erste Weltkrieg mit der Ermordung von Erzherzog Franz Ferdinand in Sarajevo begonnen hat. Damals, genau wie heute, hatte die ganze Sache schon längst begonnen, und zwar mit einem Haufen psychotischer Leute, die ihre Nationen in den Krieg geführt haben, den aussichtslosesten Krieg der neuesten Geschichte. Und welche Rückschlüsse können wir daraus ziehen?

Es gibt Krieg in Syrien, es gibt Krieg in Libyen, ein wundervoller Krieg, den unsere wundervollen Politiker unterstützen, ihr in Deutschland übrigens auch. Sie gehen dorthin und stürzen Gadaffi. Gadaffi hat niemandem etwas getan. Sein Land war das reichste Land in Nordafrika und die Leute, die zu den reichsten in Nordafrika gehören, leben, so wie ich informiert bin, dort in Libyen. Aber, das Wichtigste von allem ist doch, dass uns das überhaupt nichts angeht. Und dann kommt jemand und sagt: Ich mag nicht, wie du dein Land regierst, wir kommen jetzt rüber und ändern das, weil wir der Meinung sind, dass wir das besser können. Nun ja, es hatte wie immer mit Öl zu tun. Das Gleiche ist im Irak passiert. Kannst du dir wirklich vorstellen, dass sich irgendjemand für den Irak interessieren würde, wenn das Land nicht auf einer der größten Ölreserven der Welt sitzen würde?

Das ist auch der Fall in Syrien, mit seinem leichten Rohöl, eines der hochwertigsten auf dem ganzen Planeten. Wir haben jetzt also Bürgerkrieg in Libyen und Bürgerkrieg in Syrien, und wieder einmal steht die NATO dahinter, genau wie die sogenannte ‚Arabische Liga’, oder, wie ich sie nenne ‚die kleine Arabische Liga’ mit ihren Diktatoren, die diese Länder noch zusätzlich destabilisieren. Außerdem gibt es Chaos in Ägypten, und die Probleme werden auch nicht dadurch gelöst, dass die Muslimbrüder an der Macht sind. Eine ganze Menge Leute sagen - wir haben auch im Trends Journal darüber geschrieben - dass es sich hier nur um einen anderen Arm des Militärs handelt.

Das Gleiche passiert in Tunesien. Die Menschen, die für die Revolution gekämpft haben, also, diejenigen, die die Revolutionen in beiden Ländern begonnen haben, haben weder in der Regierung des einen noch in der des anderen Landes das Sagen, die Muslimbrüder haben in beiden Ländern übernommen. Wir haben es also mit einer Destabilisierung zu tun, es kommt immer wieder zu Aufständen. Und dann geh mal weiter, nach Europa. Schau dir doch mal an, was in Europa passiert, in Griechenland zum Beispiel, da gibt es Chaos beinahe jeden Tag. Aufstände in Spanien. Millionen von Menschen gehen auf die Straßen, es wird von Abspaltungsbewegungen geredet. Und das geht auch in Portugal jetzt so weiter. Überall, auf der ganzen Welt.

Es ist immer das Gleiche, was da so passiert, nur dass es sich um unterschiedliche Variationen von ein und demselben Thema handelt. Oh, fast hätte ich vergessen den Jemen und Bahrein zu erwähnen, und natürlich den größten Teil von Afrika. Momentan haben wir es mit Streiks überall in Südafrika zu tun. Wir stehen also vor einem Zusammenbruch, der erste große Krieg des 21. Jahrhunderts hat bereits begonnen. Wir haben es mit einem Klassenkampf zu tun, das ist die wirkliche Ursache. Klassenkämpfe, aber auch Kolonialkriege, die in andere Länder vorstoßen und dort die wertvollen natürlichen Ressourcen stehlen. Wir haben über Libyen und die Ermordung des Botschafters im Konsulat geschrieben.

Wenn man sich diese Angelegenheit anschaut und sie tatsächlich versteht, dann sieht man, dass diese Sache überhaupt nichts mit diesem verrückten Mohamed-Film zu tun hat. Nein, es hängt mit unserer Außenpolitik zusammen. In allen Berichten, die man dazu sehen kann, sind es die Islamisten gewesen. Es war dies oder irgendwas anderes. Kann nicht irgendjemand mal sagen, dass es vielleicht auch Gadaffi-Anhänger gewesen sein könnten, die einfach nicht damit einverstanden sind, was dort abgeht? Wir haben also ein Europa, das den Nahen Osten destabilisiert, und Israel, das jetzt davon spricht, in den Iran einmarschieren zu wollen. Wir stehen am Rande des ersten großen Kriegs dieses 21. Jahrhunderts, denn der Iran wird, wenn er angegriffen wird, der Flashpoint, also der Ausgangspunkt für den dritten Weltkrieg sein.




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