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Interview mit Gerald Celente

24.10.2012  |  Frank Meyer
- Seite 3 -
Michael: Gerald, wir haben auch fortwährende Konflikte in der Türkei und in Syrien. Die Presse hier berichtet darüber und man muss sich manchmal wirklich wundern, dass sie so sicher sind, dass die Angriffe tatsächlich von den „Guten“ kommen, also von denen, die wir Rebellen nennen - und ich weiß, wie sehr du diese Bezeichnung magst. Du hast uns sehr früh vor der Entwicklung von Währungskriegen gewarnt, auf die dann Handelskriege und letztendlich der totale Ausbruch von Kriegen, sogar Weltkriege folgen. Wo führt uns das alles hin in der Zukunft, Gerald?

Gerald: Nun, die Währungskriege heizen sich momentan so langsam auf. Man hört es zum Beispiel von Mantega, dem brasilianischen Finanzminister, dass die USA und Europa sich dabei übertrumpfen, ihre Zinssätze noch weiter zu senken und dabei die Welt mit großen Geldmengen überschwemmen, damit sie weiterhin ihr Ponzi-Schema, also ihr Pyramidensystem, aufrecht erhalten können und den Exporteuren so helfen, dass sie ihre Produkte an andere verkaufen können, weil ihre Währungen so niedrig sind. Und dann sollte man sich natürlich auch China anschauen, die Chinesen senken nach wie vor ihre Zinssätze und der Yuan ist immer weniger wert.

All das bedeutet, dass ein Währungskrieg bereits angeheizt wird. Aber es gibt auch schon Handelskriege. Es ist eine Tatsache, dass der Handel Chinas die größte Diskussionsgrundlage der Präsidenten-Reality-Show im US-Wahlkampf ist. Beide, Romney und Obama, attackieren China für das, was sie als unfaire Handelspraktiken bezeichnen. In dem Maße wie das Handelsvolumen sich weiter abschwächt, erhalten Handelskriege neuen Treibstoff. Michael, wir haben das alles vorher schon mal im Börsenkrach von 1929 gesehen: Die große Wirtschaftskrise, die Währungskriege, die Handelskriege, Weltkrieg. Die Panik … die Wirtschaftskrise ist schon da, ja, sie ist schon da. Schau dir doch mal an, wie viel Armut es in Amerika gibt.

Wir sind hier in Kingston, New York, ein attraktiver Ort, er war die erste Hauptstadt vom Staat New York, eine historische Gegend. Gestern war der Tag für die Müllabfuhr. Und da siehst du, wie die Leute nachts rauskommen mit ihren Einkaufswagen, die sie von den Supermärkten haben, und wie sie in den Mülleimern nach Pfandflaschen suchen. Ich bin ein New Yorker, ich bin in der Bronx aufgewachsen und weiß wie dieses Land aussieht. Noch nie sah es so aus wie jetzt. Wir sehen einfach zu, wie die Armut weiter ansteigt. Wir haben es hier mit einem Klassenkampf zu tun, mit Kolonialismus. Wir haben dieses Stück schon mal gesehen, mit der gleichen Zeitschiene: Der Börsenkrach 1929, die große Depression, Währungskriege, Handelskriege, der 2. Weltkrieg. Und wir sehen es jetzt wieder, die Panik …, die große Depression, Währungskriege, Handelskriege, den ersten Krieg des 21. Jahrhunderst. Das alles ist bereits im Gange.

Michael: Gerald, Ich weiß nicht genau, wie du die derzeitige Situation beobachtest und siehst, wenn du sie mit den Augen der amerikanischen Bevölkerung beurteilst. Aber ich, von meinem Standort in Deutschland aus, habe das Gefühl, dass Griechenland, Portugal und Spanien für viele Leute so weit weg sind und keine Auswirkung auf uns haben werden. Was denkt ihr darüber in Amerika?

Gerald: Die Amerikaner wissen nicht mal wo Griechenland liegt! Sie haben mal davon gehört (lacht). Die Amerikaner reisen nicht so weit. Und schau dir doch mal unsere Nachrichten an, mein Gott! Jeden Tag die gleichen dummen Nachrichten! CNN nennt sich selbst: Der vertrauenswürdigste Sender für Nachrichten. Für mich ist CNN eher ein Cartoon-Nachrichtennetzwerk. Nein, es kommen keine Nachrichten ins Land, die Menschen wissen sehr wenig über das, was in der Welt geschieht. Die meisten Amerikaner wissen noch nicht einmal, dass Aufstände und Demonstrationen in Spanien, Portugal und Griechenland stattfinden. Sie haben einfach nur ganz wenige Informationen, was die Wirtschaft insgesamt betrifft. Und sie haben auch keinerlei Informationen über eure Politik geschweige denn über eure Außenpolitik.

Michael: Du schreibst darüber, du sprichst darüber und du bist oft in den Nachrichten. Was können wir tun, damit sich die Menschen mehr für ihr eigenes Leben, für ihre eigene Entwicklung interessieren? Du hast z.B. gesagt - und du hast Recht damit - dass wir mit dem neuen ESM- Vertrag, also dem Euro-Rettungsschirm, der jetzt in Kraft tritt, sogar von Deutschland aus immer mehr Macht an Brüssel abgeben. Aber wenn die Leute nicht auf die Straße gehen und sich wehren, wie soll das alles aufgehalten werden?

Gerald: Michael, Ich bin jetzt 32 Jahre in dem Geschäft - und ich spreche hier nur für mich selbst - du weißt ja, dass Motto des Trend Journals ist "Denke für Dich selbst". Wir sagen keinem, was und woran er zu glauben hat - (Michael pflichtet bei). Ich bin letztendlich davon überzeugt und glaube im Moment wirklich, dass der Einzelne sich ändern muss. Es gibt da dieses wundervolle indische Sprichwort: Wenn die Schüler bereit sind, erscheint auch ein Lehrer für sie. Jeder, der wirklich Erfahrung damit hat, weiß wovon ich spreche. Wenn du wirklich mit dem Lernen anfangen willst, dann sind auch die Lehrer da, Lehrer, die dich bestmöglich unterrichten. All das passiert, weil du das willst, weil dein Verstand sich dort hinbewegt.

Ich glaube fest, dass, wenn die Menschen individuell dafür bereit sind, dies dann auch auf einer kollektiven Ebene geschehen wird und dann kommen auch die Leute zum Vorschein, die uns anführen werden. Momentan sind die Leute noch nicht bereit, sie haben noch nicht die Wahrheit in sich selbst gefunden. Und auch hier spreche ich nur für mich und wie ich die Welt sehe, haben die Menschen noch nicht die Wahrheit in sich selbst gefunden. Jeder liebt seine Eltern. Ich war lange Zeit verheiratet, bin seit einer ganzen Weile nun geschieden, keine Kinder. Für mich ist es so wie wenn die Hölle den letzten Atemzug macht. Und dann stell dir vor, du weißt, dass du nicht die Person warst, die du vorgibst zu sein.

Deswegen fordere ich die Leute auf, sich doch mal Gedanken darüber zu machen, ob sie wirklich die Person sind, die sie zu sein vorgeben und ob sie wirklich den Mut haben, den sie ihrer Meinung nach haben und zeigen sollten. Werden sie gewürdigt im Sinne von dem, was sie sind? Verstehen sie, welchen Platz sie auf dieser Erde einnehmen, und dass niemand hier ist, der das von ihnen wegnehmen kann, auch wenn ihnen immer wieder gesagt wird, wie sie zu leben haben? Haben sie Respekt - für sich selbst aber auch für andere und zeigen sie das auch diesen anderen, ohne Rücksicht auf Klasse und Status? Haben sie wirklich die Integrität, ihre Worte in Taten umzusetzen und die Person zu sein, die sie vorgeben zu sein. Haben sie die notwendige Leidenschaft, um ihre Überzeugungen zu vertreten, damit ihre Herzen das auch fühlen können und ihre Seele das weiß?




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