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Angst vor Überhitzung in China

20.01.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Die Ölpreise geben heute Morgen im Einklang mit den anderen Rohstoffpreisen nach. Brentöl wird bei 97,5 USD je Barrel gehandelt, WTI-Rohöl notiert bei 90 USD je Barrel. Die gestern vom American Petroleum Institute veröffentlichten US-Lagerdaten für Rohöl und Ölprodukte fielen preisbelastend aus. Demnach kam es in der vergangenen Woche zu einem deutlichen Anstieg der Rohöllagerbestände um 3,5 Mio. Barrel. Die deutlich gesunkenen Importe hätten eigentlich einen Lagerabbau nahegelegt, ebenso die Schließung einer größeren Ölpipeline in Alaska, wodurch in der vergangenen Woche ca. 2,5 Mio. Barrel weniger Rohöl zur Verfügung standen. Ausgeglichen wurde dies jedoch durch eine deutlich schwächere Raffinerieauslastung.

Dass die Benzin- und Destillatevorräte dennoch gestiegen sind, deutet auf eine schwächere Nachfrage nach Ölprodukten hin. Das US-Energieministerium veröffentlicht die offiziellen Lagerdaten am Nachmittag. Nach den gestrigen API-Daten bleibt abzuwarten, ob es wirklich zum erwarteten Lagerabbau bei Rohöl gekommen ist. Diese Perspektive könnte den Ölpreis belasten.

Die chinesischen Raffinerien haben im Dezember ein Rekordvolumen von 38,72 Mio. Tonnen (9,12 Mio. Barrel pro Tag) Rohöl verarbeitet. Dies entspricht einem Anstieg um 13,4% gegenüber dem Vorjahr. Für das Gesamtjahr belaufen sich die Volumina auf 422,87 Mio. Tonnen bzw. 8,46 Mio. Barrel pro Tag. Damit wurde das Vorjahresniveau um 12,2% übertroffen. Angesichts dieser Zahlen überrascht es nicht, dass der Markt in Erwartung einer weiteren Straffung der Geldpolitik nervös wird. Ein Ölhändler hat angeblich 30% der Februar Öllieferungen der Nordseesorten Forties und Brent gekauft. Dies könnte das Angebot verknappen und den Brentpreis weiter steigen lassen.

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Edelmetalle

Im Einklang mit den anderen Rohstoffpreisen stehen auch die Edelmetalle heute Morgen unter Druck. Der Goldpreis fällt auf 1.360 USD je Feinunze und nähert sich der Marke von 1.000 EUR je Feinunze. Der weltweit größte Gold ETF, SPDR Gold Trust, verzeichnete gestern erneut Abflüsse von 5,5 Tonnen. Die Bestände sind damit auf den niedrigsten Stand seit 8 Monaten gesunken. Die Unterstützung für den Goldpreis von dieser Seite her lässt demzufolge weiter nach.

Bloomberg meldet unter Berufung auf das Nationale Statistikbüro für 2010 im Vergleich zum vorangegangenen Jahr einen Anstieg der chinesischen Goldproduktion um 6% auf 615 Tonnen. Allein im Dezember sollen 66,5 Tonnen Gold produziert worden sein. Diese Zahl dürfte sowohl die Minen- als auch Recyclingproduktion beinhalten. Daten zur Minenproduktion sollen nächste Woche veröffentlicht werden. Das globale Angebot dürfte sich dadurch jedoch nicht erhöhen, da die chinesische Produktion aufgrund der hohen Nachfrage und zur Diversifizierung der Währungsreserven im Inland verbleibt.

Die Nachfrage nach Silbermünzen scheint derzeit angesichts der etwas niedrigeren Silberpreise anzuziehen. Die US-Münzprägeanstalt berichtet für Januar bislang von Verkäufen von 4,6 Mio. American Eagle Silbermünzen. Dies stellt schon jetzt einen monatlichen Verkaufsrekord dar. Der Silberpreis sollte demnach von dieser Seite her gut unterstützt sein.


Industriemetalle

Die Preisentwicklung der Metalle heute Morgen - diese geben im Einklang mit schwachen asiatischen Aktienmärkten moderat nach - ist angesichts sehr starker chinesischer Konjunkturdaten als enttäuschend zu bezeichnen. Im vierten Quartal ist die chinesische Wirtschaft deutlich stärker als erwartet um 9,8% gestiegen. Auch die Industrieproduktion, Einzelhandelsumsätze und Investitionen in Sachanlagen zeigten sich sehr stark. Hier liegt jedoch gleichzeitig das Problem: Die chinesische Wirtschaft läuft Gefahr, zu überhitzen. Und obwohl die Inflationsrate im Vergleich zum Vormonat auf 4,6% zurückgekommen ist, kann noch lange keine Entwarnung gegeben werden. Befürchtungen über die Einführung weiterer Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation und zur Abkühlung der lokalen Wirtschaft, die in einer geringeren Rohstoffnachfrage resultieren könnten, haben bei den Marktteilnehmern die Oberhand gewonnen.

Die hohen Metallpreise geben unterdessen weiteren Anreiz zur Ausweitung der Produktion. Laut Angaben des Nationalen Statistikbüros hat die Kupferproduktion in China sowohl im Dezember als auch im gesamten letzten Jahr einen Rekordwert erreicht. Auch bei den anderen Metallen wurde die Produktion im letzten Jahr deutlich erhöht. Dies konnte an den globalen Metallmärkten jedoch nicht die starke Nachfrage ausgleichen. Gemäß Daten von WBMS wiesen der Kupfer-, Nickel- und Zinnmarkt von Januar bis November letzten Jahres deutliche Angebotsdefizite auf. Der größte japanische Kupferproduzent, Pan Pacific Copper, erwartet für dieses Jahr am Kupfermarkt eine deutliche Ausweitung des Defizits auf 635 Tsd. Tonnen. Wir sehen daher bei den Metallen im Allgemeinen und bei Kupfer im Speziellen weiteres Preispotenzial.


Agrarrohstoffe

Die Lastwagenfahrer und Hafenarbeiter des größten argentinischen Getreideexporthafens Rosario wollen nächste Woche Mittwoch in einen Streik treten. Dies könnte angesichts der stark abgeschmolzenen weltweiten Lagerbestände zu einem weiteren Anstieg der Mais- und Sojabohnenpreise beitragen. Argentinien ist der zweitgrößte Mais- und drittgrößte Sojabohnenexporteur weltweit.

Positive Meldungen kommen dagegen aus Australien. Hier sollen die heftigen Niederschläge in den kommenden Wochen nachlassen. Dies würde es ermöglichen, die Weizenernte abzuschließen, ändert jedoch wenig daran, dass schätzungsweise 40% oder 10 Mio. Tonnen der erwarteten Weizenernte Australiens aus Qualitätsgründen nur noch zu Futterzwecken verwendet werden können.

Dieser Umstand kann allerdings dazu führen, den Preisanstieg bei Mais einzubremsen. Denn das zusätzliche Angebot an Futterweizen könnte den chinesischen Bedarf an US-Mais geringer ausfallen lassen. Gerüchte, wonach China 500 Tsd. Tonnen australischen Futterweizen gekauft hat, ließen den Maispreis an der CBOT gestern um knapp 3% nachgeben. Bestätigt ist bisher der Kauf von 150 Tsd. Tonnen.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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