Preisdifferenz zwischen Brent und WTI weitet sich aus
27.01.2011 | Eugen Weinberg
Energie
Der WTI-Ölpreis verzeichnete kurz nach der Veröffentlichung der US-Lagerdaten bei 86 USD je Barrel seine Tagestiefstände, konnte nach der Veröffentlichung des Begleitkommentars zur Zinsentscheidung seitens der US-Notenbank aber über einen US-Dollar zulegen. Die Fed will trotz der zuletzt besseren Konjunkturdaten an ihrem Anleihekaufprogramm uneingeschränkt festhalten. Die US-Rohöllagerbestände sind in der vergangenen Woche nach Angaben des US-Energieministeriums um 4,8 Mio. Barrel gestiegen und damit viermal so stark wie erwartet. Ausschlaggebend für den Lageraufbau waren höhere Importe und eine niedrigere Raffinerieauslastung. Trotz der geringeren Raffinerietätigkeit stiegen die Benzinlagerbestände um 2,4 Mio. Barrel.
Die Benzinnachfrage ging die vierte Woche in Folge zurück und liegt auf dem niedrigsten Stand seit fast einem Jahr. Die Destillatebestände gingen kaum nennenswert zurück, was angesichts des Heizbedarfs während der kalten Jahreszeit ebenfalls enttäuschend ist. Der Lagerbericht zeigt somit ein weiterhin reichliches Angebot bei gleichzeitig schwacher Nachfrage.
Die Lagerbestände in Cushing stiegen ebenfalls an und liegen nur noch knapp unter dem im vergangenen Jahr verzeichneten Rekordniveau. Die reichliche Versorgung des US-Marktes mit Rohöl trug zu einer Ausweitung der Preisdifferenz zwischen Brent und WTI auf mehr als 10 USD bei. Der ungewöhnlich große Preisabstand und der Umstand, dass die WTI-Terminkurve am vorderen Ende immer steiler wird, dürfte die Diskussion darüber neu entfachen, ob diese Ölsorte noch eine geeignete Benchmark für den Ölmarkt ist. Die Ausweitung der Crackspreads für Benzin und Heizöl deutet ebenfalls darauf hin, dass der WTI-Preis derzeit nach unten verzerrt ist.
Edelmetalle
Nachdem Gold und insbesondere die anderen Edelmetalle gestern um bis zu 4% zulegen konnten, scheint dieser Trend heute bereits wieder gestoppt zu sein und die Preise befinden sich auf der Verliererseite. Während Gold in US-Dollar bei rund 1.340 USD je Feinunze notiert, handelt der Goldpreis in Euro gerechnet bei 980 EUR je Feinunze. Wie erwartet hat die US-Notenbank Fed auf ihrer gestrigen Sitzung keinerlei Änderung der Geldpolitik vorgenommen. Auch das Statement wurde so gut wie nicht verändert. Die Zinsen sollen daher weiterhin auf dem aktuell niedrigen Niveau über einen ausgedehnten Zeitraum beibehalten werden. Die sich daraus ergebenden geringen Opportunitätskosten sprechen wiederum für eine stärkere Nachfrage nach Gold.
Der World Gold Council (WGC) hat gestern seinen quartalsweise erscheinenden Bericht zur Investmentnachfrage vorgelegt. Demnach waren im letzten Jahr insbesondere ETFs, Goldbarren und -münzen stark nachgefragt. Die ETFs verzeichneten 2010 auf Jahresbasis mit 361 Tonnen die zweithöchsten jemals registrierten Zuflüsse. Im Vergleich zum Vorjahr hat die Dynamik hier allerdings merklich nachgelassen. Die Zentralbanken ohne den IWF waren laut Angaben des WGC im vergangenen Jahr zum ersten Mal seit zwei Jahrzehnten Netto-Käufer von Gold. Dieser Trend dürfte sich auch im laufenden Jahr fortsetzen.
Industriemetalle
Beflügelt durch feste asiatische Aktienmärkte setzen die Metalle ihren gestrigen Trend steigender Preise heute Morgen fort. Zinn erreicht bei 28.900 USD je Tonne abermals ein neues Rekordhoch, Nickel steigt auf über 26.600 USD je Tonne und damit auf ein 9-Monatshoch. Offensichtlich wirkt die Rede an die Nation von US-Präsident Obama von Dienstagabend noch nach, die von den Marktteilnehmern positiv aufgenommen wurde. Die staatliche chilenische Kupferkommission, Cochilco, erwartet für dieses und das nächste Jahr einen Anstieg der globalen Kupfernachfrage um 5,2% bzw. 4,2% auf dann 21 Mio. Tonnen.
Die weltweite Minenproduktion soll im selben Zeitraum lediglich auf 17,1 Mio. Tonnen steigen. Cochilco ist daher der Ansicht, dass in den nächsten drei Jahren jedes Jahr eine Mine in der Größenordnung von Escondida in Betrieb genommen werden müsste, um das Defizit am Markt auszugleichen. Die chilenische Kupfermine Escondida ist mit einer Produktion von rund 1,2 Mio. Tonnen p.a. die größte Mine der Welt. Neue Minenkapazitäten, die in den nächsten zwei Jahren an den Markt kommen, werden durch eine geringere Produktion in den bestehenden Minen ausgeglichen. Das globale Angebotsdefizit bei Kupfer beziffert Cochilco für 2011 auf 466 Tsd. Tonnen, für 2012 auf 297 Tsd. Tonnen. Der Kupferpreis dürfte daher auch mittelfristig gut unterstützt sein.
Agrarrohstoffe
Der Weizenpreis an der LIFFE ist auf 267 EUR je Tonne gestiegen. Das entspricht dem höchsten Preisniveau seit knapp drei Jahren. Vom damals verzeichneten Rekordniveau trennen den Weizenpreis nur noch 10%. Der an der CBOT gehandelte Weizenpreis hat das Hoch des vergangenen Jahres übertroffenen und erreichte mit 8,6 USD je Scheffel den höchsten Stand seit August 2008. Waren es bislang vor allem Meldungen auf der Angebotsseite, welche den Weizenpreis nach oben trieben, so sind es nun Entwicklungen auf der Nachfrageseite.
Gestern hat Algerien den Kauf von 800 Tsd. Tonnen Weizen bekanntgegeben. Seit Jahresbeginn belaufen sich die Weizenkäufe Algeriens auf 1,75 Mio. Tonnen. Die Kaufaktivität dürfte im Zusammenhang mit den Unruhen im benachbarten Tunesien zusammenhängen, welche sich u.a. an steigenden Nahrungsmittelpreisen entzündeten. Um zu verhindern, dass die Proteste auf die anderen nordafrikanischen Staaten übergreifen, dürften diese ihre Weizenimporte ausweiten.
Heute Nachmittag veröffentlichen das US-Landwirtschaftsministerium und die EU-Kommission die Getreideexportzahlen für die vergangene Woche. Diese dürften Aufschluss darüber geben, wie stark die Nachfrage nach Weizen derzeit ist. In der vorherigen Woche waren die US-Weizenexporte auf mehr als 1 Mio. Tonnen gestiegen, was dem höchsten Stand seit Anfang September entsprach. Die Weizenpreise bleiben aufgrund der zusätzlichen Nachfrage aus Nordafrika gut unterstützt. Diese Region ist mit mehr als 20 Mio. Tonnen jährlich der weltweit größte Weizenimporteur.
DOE Daten: US-Lagerbestände Rohöl, Ölprodukte und Erdgas
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der WTI-Ölpreis verzeichnete kurz nach der Veröffentlichung der US-Lagerdaten bei 86 USD je Barrel seine Tagestiefstände, konnte nach der Veröffentlichung des Begleitkommentars zur Zinsentscheidung seitens der US-Notenbank aber über einen US-Dollar zulegen. Die Fed will trotz der zuletzt besseren Konjunkturdaten an ihrem Anleihekaufprogramm uneingeschränkt festhalten. Die US-Rohöllagerbestände sind in der vergangenen Woche nach Angaben des US-Energieministeriums um 4,8 Mio. Barrel gestiegen und damit viermal so stark wie erwartet. Ausschlaggebend für den Lageraufbau waren höhere Importe und eine niedrigere Raffinerieauslastung. Trotz der geringeren Raffinerietätigkeit stiegen die Benzinlagerbestände um 2,4 Mio. Barrel.
Die Benzinnachfrage ging die vierte Woche in Folge zurück und liegt auf dem niedrigsten Stand seit fast einem Jahr. Die Destillatebestände gingen kaum nennenswert zurück, was angesichts des Heizbedarfs während der kalten Jahreszeit ebenfalls enttäuschend ist. Der Lagerbericht zeigt somit ein weiterhin reichliches Angebot bei gleichzeitig schwacher Nachfrage.
Die Lagerbestände in Cushing stiegen ebenfalls an und liegen nur noch knapp unter dem im vergangenen Jahr verzeichneten Rekordniveau. Die reichliche Versorgung des US-Marktes mit Rohöl trug zu einer Ausweitung der Preisdifferenz zwischen Brent und WTI auf mehr als 10 USD bei. Der ungewöhnlich große Preisabstand und der Umstand, dass die WTI-Terminkurve am vorderen Ende immer steiler wird, dürfte die Diskussion darüber neu entfachen, ob diese Ölsorte noch eine geeignete Benchmark für den Ölmarkt ist. Die Ausweitung der Crackspreads für Benzin und Heizöl deutet ebenfalls darauf hin, dass der WTI-Preis derzeit nach unten verzerrt ist.
Edelmetalle
Nachdem Gold und insbesondere die anderen Edelmetalle gestern um bis zu 4% zulegen konnten, scheint dieser Trend heute bereits wieder gestoppt zu sein und die Preise befinden sich auf der Verliererseite. Während Gold in US-Dollar bei rund 1.340 USD je Feinunze notiert, handelt der Goldpreis in Euro gerechnet bei 980 EUR je Feinunze. Wie erwartet hat die US-Notenbank Fed auf ihrer gestrigen Sitzung keinerlei Änderung der Geldpolitik vorgenommen. Auch das Statement wurde so gut wie nicht verändert. Die Zinsen sollen daher weiterhin auf dem aktuell niedrigen Niveau über einen ausgedehnten Zeitraum beibehalten werden. Die sich daraus ergebenden geringen Opportunitätskosten sprechen wiederum für eine stärkere Nachfrage nach Gold.
Der World Gold Council (WGC) hat gestern seinen quartalsweise erscheinenden Bericht zur Investmentnachfrage vorgelegt. Demnach waren im letzten Jahr insbesondere ETFs, Goldbarren und -münzen stark nachgefragt. Die ETFs verzeichneten 2010 auf Jahresbasis mit 361 Tonnen die zweithöchsten jemals registrierten Zuflüsse. Im Vergleich zum Vorjahr hat die Dynamik hier allerdings merklich nachgelassen. Die Zentralbanken ohne den IWF waren laut Angaben des WGC im vergangenen Jahr zum ersten Mal seit zwei Jahrzehnten Netto-Käufer von Gold. Dieser Trend dürfte sich auch im laufenden Jahr fortsetzen.
Industriemetalle
Beflügelt durch feste asiatische Aktienmärkte setzen die Metalle ihren gestrigen Trend steigender Preise heute Morgen fort. Zinn erreicht bei 28.900 USD je Tonne abermals ein neues Rekordhoch, Nickel steigt auf über 26.600 USD je Tonne und damit auf ein 9-Monatshoch. Offensichtlich wirkt die Rede an die Nation von US-Präsident Obama von Dienstagabend noch nach, die von den Marktteilnehmern positiv aufgenommen wurde. Die staatliche chilenische Kupferkommission, Cochilco, erwartet für dieses und das nächste Jahr einen Anstieg der globalen Kupfernachfrage um 5,2% bzw. 4,2% auf dann 21 Mio. Tonnen.
Die weltweite Minenproduktion soll im selben Zeitraum lediglich auf 17,1 Mio. Tonnen steigen. Cochilco ist daher der Ansicht, dass in den nächsten drei Jahren jedes Jahr eine Mine in der Größenordnung von Escondida in Betrieb genommen werden müsste, um das Defizit am Markt auszugleichen. Die chilenische Kupfermine Escondida ist mit einer Produktion von rund 1,2 Mio. Tonnen p.a. die größte Mine der Welt. Neue Minenkapazitäten, die in den nächsten zwei Jahren an den Markt kommen, werden durch eine geringere Produktion in den bestehenden Minen ausgeglichen. Das globale Angebotsdefizit bei Kupfer beziffert Cochilco für 2011 auf 466 Tsd. Tonnen, für 2012 auf 297 Tsd. Tonnen. Der Kupferpreis dürfte daher auch mittelfristig gut unterstützt sein.
Agrarrohstoffe
Der Weizenpreis an der LIFFE ist auf 267 EUR je Tonne gestiegen. Das entspricht dem höchsten Preisniveau seit knapp drei Jahren. Vom damals verzeichneten Rekordniveau trennen den Weizenpreis nur noch 10%. Der an der CBOT gehandelte Weizenpreis hat das Hoch des vergangenen Jahres übertroffenen und erreichte mit 8,6 USD je Scheffel den höchsten Stand seit August 2008. Waren es bislang vor allem Meldungen auf der Angebotsseite, welche den Weizenpreis nach oben trieben, so sind es nun Entwicklungen auf der Nachfrageseite.
Gestern hat Algerien den Kauf von 800 Tsd. Tonnen Weizen bekanntgegeben. Seit Jahresbeginn belaufen sich die Weizenkäufe Algeriens auf 1,75 Mio. Tonnen. Die Kaufaktivität dürfte im Zusammenhang mit den Unruhen im benachbarten Tunesien zusammenhängen, welche sich u.a. an steigenden Nahrungsmittelpreisen entzündeten. Um zu verhindern, dass die Proteste auf die anderen nordafrikanischen Staaten übergreifen, dürften diese ihre Weizenimporte ausweiten.
Heute Nachmittag veröffentlichen das US-Landwirtschaftsministerium und die EU-Kommission die Getreideexportzahlen für die vergangene Woche. Diese dürften Aufschluss darüber geben, wie stark die Nachfrage nach Weizen derzeit ist. In der vorherigen Woche waren die US-Weizenexporte auf mehr als 1 Mio. Tonnen gestiegen, was dem höchsten Stand seit Anfang September entsprach. Die Weizenpreise bleiben aufgrund der zusätzlichen Nachfrage aus Nordafrika gut unterstützt. Diese Region ist mit mehr als 20 Mio. Tonnen jährlich der weltweit größte Weizenimporteur.
DOE Daten: US-Lagerbestände Rohöl, Ölprodukte und Erdgas
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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