Preiskontrollen und Wachstumsbremsen
01.02.2011 | Robert Rethfeld
Der Einkauf von Lebensmitteln kann eine reizvolle, mit Gehirnjogging verbundene Aufgabe sein. Nämlich dann, wenn man es schafft, sich die Preisauszeichnung eines Produktes am Regal zu merken und diese an der Kasse mit dem digital angezeigten Preis zu vergleichen.
Jemand in unserem Bekanntenkreis, die diese Übung seit Jahren durchführt, erzählte uns neulich, dass bei nahezu jedem zweiten Einkauf ein Produkt im Einkaufswagen liegt, dessen Preis an der Kasse höher ist als der im Regal ausgezeichnete Preis. Die Differenz beträgt meist zwischen 50 Cent und ein Euro, manchmal auch mehr. Den wenigsten Kunden fallen solche Differenzen auf, und nur die wenigsten Kunden holen sich ihr Geld zurück. Oder vielleicht fällt es auf, aber der Kassenschlangendruck ist zu groß, man will ja niemanden aufhalten. Würde man annehmen, dass pro Kunde pro Einkauf 50 Cent zuviel kassiert wird, dass 2.000 Kunden pro Tag einen Supermarkt besuchen und dass dieser 310 Tage im Jahr geöffnet hat, so ergäbe sich ein Zusatzumsatz von etwa 310.000 Euro pro Jahr.
In Deutschland existiert keine Organisation, die solchen Praktiken auf den Grund geht. Anscheinend sind Schmerzgrenzen bisher nicht erreicht worden. In China hingegen schon. Dort musste in diesen Tagen die Supermarktkette Carrefour Abbitte leisten. Sie entschuldigte sich offiziell für ihre falschen Preisauszeichnungen. Eine Regierungsbehörde verdonnerte die lokale Gewerbeaufsicht dazu, die betroffenen Carrefour-Supermärkte mit einem Bußgeld bis zu 500.000 Yuan (etwa 70.000 Euro) zu belegen. Bei Prüfkäufen von 30 bis 40 ausgewählten Lebensmitteln war aufgefallen, dass bei durchschnittlich 3 bis 4 Lebensmitteln der Kassenpreis höher war als der Regalpreis.
Warum werden in China derartige Kontrollen durchgeführt? Bestimmt nicht aus Gründen des Verbraucherschutzes. Es geht darum - so bestätigen es die Behörden -, die galoppierende Nahrungsmittelinflation zu bekämpfen.
Die Themenbereiche "Inflation" und "China" wurden auch auf der Kapitalanlegertagung in Zürich heftig diskutiert. Meinem Geschäftspartner Alexander Hirsekorn und mir fiel die intensive Beschäftigung vieler Redner mit dem asiatischen Raum auf. Niemand stellte in Abrede, dass das asiatische Geschäftsmodell auf Sicht der kommenden 10 bis 20 Jahre in Ordnung ist. Dazu sind die demographischen und wirtschaftsdynamischen Faktoren zu positiv. Kurzfristig dürften jedoch Hindernisse auftauchen, die sich in gebremsten Wachstumsraten äußern.
Der französische Fonds Manager Louis-Vincent Gave beschrieb die aktuelle Situation: Die meisten chinesischen Unternehmen sind sehr jung (jünger als zehn Jahre), der CEO sei der "Kaiser". Die Durchschaubarkeit („Visibility“) der Unternehmen sei - anders als in Europa oder den USA - gering. Daraus ergäbe sich ein höheres Investmentrisiko. Gave geht davon aus, dass sich China in den kommenden sechs bis neun Monaten in der Phase der Inflationsbekämpfung befinden wird. Inflationsbekämpfung ginge vor Wachstum, was bedeutet, dass zwischenzeitlich Wachstumsraten von acht Prozent oder darunter durchaus willkommen sind.
Die politische Führung positioniert momentan Stabilität vor Wachstum. Der Renminbi dürfte weiter aufwerten, so Gave. Geopolitisch verweist Gave auf den Umstand, dass 80% der importierten Energie durch die Straße von Malakka nach China transportiert wird. China hat ein hohes Interesse an einer Kontrolle dieser Meerenge. Malaysia, Singapur und Indonesien sind die Anrainerstaaten. Überhaupt war man sich auf der Tagung einig, dass China versuchen wird, die eigene militärische Einflusszone auszuweiten. Dies wiederum würde bedeuten, dass die USA über kurz oder lang gezwungen seien, ihre militärischen Aktivitäten im südchinesischen Meer zurückzufahren.
Der Schweizer Fonds-Manager Felix Zulauf befand, dass das chinesische Wirtschaftswachstum nicht nur natürlichen Ursprungs ist. In Reaktion auf den Crash in 2008 fuhr China ein weitaus größeres Konjunkturprogramm als die USA. Um ein Renminbi Wachstum zu erzeugen, brauche es vier Renminbi Schulden. Zulauf sieht China in den kommenden 12 bis 18 Monaten auf der Bremse stehen. Das Wirtschaftswachstum dürfte - von aktuell 10 Prozent - in den Bereich von 6 bis 7 Prozent fallen. Der Renminbi dürfte um 15 bis 20 Prozent aufwerten.
Jemand in unserem Bekanntenkreis, die diese Übung seit Jahren durchführt, erzählte uns neulich, dass bei nahezu jedem zweiten Einkauf ein Produkt im Einkaufswagen liegt, dessen Preis an der Kasse höher ist als der im Regal ausgezeichnete Preis. Die Differenz beträgt meist zwischen 50 Cent und ein Euro, manchmal auch mehr. Den wenigsten Kunden fallen solche Differenzen auf, und nur die wenigsten Kunden holen sich ihr Geld zurück. Oder vielleicht fällt es auf, aber der Kassenschlangendruck ist zu groß, man will ja niemanden aufhalten. Würde man annehmen, dass pro Kunde pro Einkauf 50 Cent zuviel kassiert wird, dass 2.000 Kunden pro Tag einen Supermarkt besuchen und dass dieser 310 Tage im Jahr geöffnet hat, so ergäbe sich ein Zusatzumsatz von etwa 310.000 Euro pro Jahr.
In Deutschland existiert keine Organisation, die solchen Praktiken auf den Grund geht. Anscheinend sind Schmerzgrenzen bisher nicht erreicht worden. In China hingegen schon. Dort musste in diesen Tagen die Supermarktkette Carrefour Abbitte leisten. Sie entschuldigte sich offiziell für ihre falschen Preisauszeichnungen. Eine Regierungsbehörde verdonnerte die lokale Gewerbeaufsicht dazu, die betroffenen Carrefour-Supermärkte mit einem Bußgeld bis zu 500.000 Yuan (etwa 70.000 Euro) zu belegen. Bei Prüfkäufen von 30 bis 40 ausgewählten Lebensmitteln war aufgefallen, dass bei durchschnittlich 3 bis 4 Lebensmitteln der Kassenpreis höher war als der Regalpreis.
Warum werden in China derartige Kontrollen durchgeführt? Bestimmt nicht aus Gründen des Verbraucherschutzes. Es geht darum - so bestätigen es die Behörden -, die galoppierende Nahrungsmittelinflation zu bekämpfen.
Die Themenbereiche "Inflation" und "China" wurden auch auf der Kapitalanlegertagung in Zürich heftig diskutiert. Meinem Geschäftspartner Alexander Hirsekorn und mir fiel die intensive Beschäftigung vieler Redner mit dem asiatischen Raum auf. Niemand stellte in Abrede, dass das asiatische Geschäftsmodell auf Sicht der kommenden 10 bis 20 Jahre in Ordnung ist. Dazu sind die demographischen und wirtschaftsdynamischen Faktoren zu positiv. Kurzfristig dürften jedoch Hindernisse auftauchen, die sich in gebremsten Wachstumsraten äußern.
Der französische Fonds Manager Louis-Vincent Gave beschrieb die aktuelle Situation: Die meisten chinesischen Unternehmen sind sehr jung (jünger als zehn Jahre), der CEO sei der "Kaiser". Die Durchschaubarkeit („Visibility“) der Unternehmen sei - anders als in Europa oder den USA - gering. Daraus ergäbe sich ein höheres Investmentrisiko. Gave geht davon aus, dass sich China in den kommenden sechs bis neun Monaten in der Phase der Inflationsbekämpfung befinden wird. Inflationsbekämpfung ginge vor Wachstum, was bedeutet, dass zwischenzeitlich Wachstumsraten von acht Prozent oder darunter durchaus willkommen sind.
Die politische Führung positioniert momentan Stabilität vor Wachstum. Der Renminbi dürfte weiter aufwerten, so Gave. Geopolitisch verweist Gave auf den Umstand, dass 80% der importierten Energie durch die Straße von Malakka nach China transportiert wird. China hat ein hohes Interesse an einer Kontrolle dieser Meerenge. Malaysia, Singapur und Indonesien sind die Anrainerstaaten. Überhaupt war man sich auf der Tagung einig, dass China versuchen wird, die eigene militärische Einflusszone auszuweiten. Dies wiederum würde bedeuten, dass die USA über kurz oder lang gezwungen seien, ihre militärischen Aktivitäten im südchinesischen Meer zurückzufahren.
Der Schweizer Fonds-Manager Felix Zulauf befand, dass das chinesische Wirtschaftswachstum nicht nur natürlichen Ursprungs ist. In Reaktion auf den Crash in 2008 fuhr China ein weitaus größeres Konjunkturprogramm als die USA. Um ein Renminbi Wachstum zu erzeugen, brauche es vier Renminbi Schulden. Zulauf sieht China in den kommenden 12 bis 18 Monaten auf der Bremse stehen. Das Wirtschaftswachstum dürfte - von aktuell 10 Prozent - in den Bereich von 6 bis 7 Prozent fallen. Der Renminbi dürfte um 15 bis 20 Prozent aufwerten.