Chinesische Zinserhöhung als Zeichen der Stärke?
09.02.2011 | Eugen Weinberg
Energie
Die Zinserhöhung in China konnte die Rohstoffpreise gestern nur kurzzeitig belasten. Man glaubt offensichtlich, dass die Rohstoffnachfrage aus dem Reich der Mitte durch den Zinsschritt nicht nennenswert gebremst wird und dieser als Zeichen der Stärke erfolgt. Der Brentölpreis konnte über Nacht sogar die Marke von 100 USD je Barrel zurückerobern, nachdem das American Petroleum Institute von einem überraschenden Rückgang der US-Rohölvorräte in der vergangenen Woche um 558 Tsd. Barrel berichtete. Grund hierfür war ein deutlicher Rückgang der Importe.
Obwohl die Lagerbestände in Cushing sogar um knapp 1 Mio. Barrel zurückgingen, hat sich die Preisdifferenz zwischen Brent und WTI bislang kaum eingeengt, nachdem diese gestern mit knapp 13 USD ein Rekordniveau erreichte. Offensichtlich wartet der Markt noch ab, ob die offiziellen Lagerdaten des US-Energieministeriums am Nachmitag ein ähnliches Bild zeigen.
Die US-Energiebehörde EIA hat die Schätzung für die Ölnachfrage im vergangenen Jahr um 400 Tsd. Barrel pro Tag nach oben revidiert. Mit einem Nachfrageanstieg um 2,4 Mio. Barrel pro Tag liegt die EIA damit gleichauf mit der Schätzung der Internationalen Energieagentur. Für das laufende Jahr erwartet die EIA einen Nachfrageanstieg um 1,5 Mio. Barrel pro Tag, was nur unwesentlich höher liegt als die letzte Prognose. Aufgrund der Aufwärtsrevision des Vorjahres ist der Ölbedarf aber deutlich höher als bislang prognostiziert. Gleichzeitig erwartet die EIA aber auch einen Anstieg der Produktion in den Nicht-OPEC-Ländern um 310 Tsd. Barrel pro Tag. Bislang ging man von einem Rückgang um 280 Tsd. Barrel pro Tag aus. Die höhere Nachfrage wird also durch eine gleichzeitige Ausweitung des Angebots ausgeglichen.
Edelmetalle
Die Preise für Gold, Silber & Co konnten gestern allesamt deutlich zulegen. Gold setzt seine Erholung auch heute Morgen fort und steigt auf 1.365 USD je Feinunze. Offensichtlich wird das niedrigere Preisniveau von vielen Investoren als attraktive Gelegenheit für physische Goldkäufe erachtet. Zusätzliche Unterstützung könnte das gelbe Edelmetall durch die Rückkehr von China an den Markt nach dem Neujahrsfest erhalten. Die hohe Nachfrage sowohl seitens der Privatanleger als auch von institutioneller Seite dürfte mittel- bis langfristig eine wesentliche Triebfeder des Goldpreises darstellen. Im Interesse der Marktteilnehmer wird heute Nachmittag die Rede des Fed-Vorsitzenden Bernanke vor dem Kongress zu den Themen Konjunktur, Arbeitsmarkt und Staatshaushalt stehen.
Mit einem Preiszuwachs von mehr als 3% wies Silber gestern die beste Entwicklung unter den Edelmetallen auf. Silber übersprang zum ersten Mal seit 5 Wochen wieder die Marke von 30 USD je Feinunze und hält sich auch heute Morgen über diesem Niveau. Unterstützt von abermaligen ETF-Zuflüssen steigt Palladium auf 840 USD je Feinunze. Dies entspricht dem höchsten Stand seit März 2001. Platin erreicht bei knapp 1.870 USD je Feinunze den höchsten Wert seit 2½ Jahren. Solange der Optimismus der Markteilnehmer die Oberhand behält, dürfte sich dieser Trend fortsetzen.
Industriemetalle
Die Erhöhung der Leitzinsen in China um 25 Basispunkte führte an den Rohstoffmärkten im Allgemeinen und den Metallen im Speziellen zunächst zu deutlichem Preisdruck. Die Aufregung legte sich im weiteren Handelsverlauf jedoch wieder und die Metallpreise gingen unter dem Strich sogar mit leichten Zuwächsen aus dem Markt. Offensichtlich hat sich bei den Marktteilnehmern die Meinung durchgesetzt, dass die gestrige Zinserhöhung das Wachstum der chinesischen Wirtschaft nicht behindern wird.
Dennoch sollte diese Situation genau beobachtet werden. Eine schnellere und deutlichere Anhebung der Zinsen als bislang angenommen könnte sich im Endeffekt negativ auf die Rohstoff- und insbesondere Metallnachfrage und damit Preise auswirken. Die chinesischen Aktienmärkte reagierten an ihrem ersten Handelstag nach dem Neujahrsfest mit Kursabschlägen, was wiederum die Metallpreise heute Morgen belastet. Da sich die fundamentale Situation an den Metallmärkten jedoch weiterhin deutlich aufhellt, sollten die Preise gut unterstützt bleiben.
Die Stahlindustrie kommt offensichtlich gut mit den hohen Rohmaterialpreisen zurecht und erwartet ein sehr positives Jahr 2011. Laut Aussagen des europäischen Branchenverbands Eurofer können dank einer steigenden Nachfrage die höheren Preise insbesondere für Eisenerz und Kokskohle an die Endabnehmer weitergegeben werden. In Europa ist der Preis für heiß gewalzten Stahl seit Jahresbeginn bereits um 20% auf über 600 EUR je Tonne gestiegen. In Shanghai hat der Stahlpreis heute bei 5.150 CNY je Tonne ein neues Rekordhoch markiert.
Agrarrohstoffe
Der Preis für Rohzucker hat in den letzten Tagen von über 35 US-Cents je Pfund auf nur noch gut 31 US-Cents nachgegeben. Nachdem der Zyklon in Australien abgezogen ist, richtet sich der Fokus auf die Angebotslage im bevorstehenden Erntejahr. Hier wird offensichtlich mit einer leichten Entspannung gerechnet, weil das hohe Preisniveau zu einer Ausweitung der Anbauflächen geführt haben sollte. Ob sich diese Erwartungen bestätigen, bleibt angesichts sinkender Erträge in den veralteten brasilianischen Zuckerrohrplantagen abzuwarten. Gestern drückte dann noch von der Nachfrageseite die Zinserhöhung in China auf die Preise.
Die Entwicklung des Weizenpreises ist derweil weiter nach oben gerichtet, nachdem es keine Entwarnung für die von Dürre betroffenen Provinzen Chinas gibt. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums sind 35% des chinesischen Winterweizens von Niederschlagsmangel betroffen. Etwas tröstlich ist dabei, dass die Lagerbestände in den letzten Jahren deutlich aufgestockt wurden, so dass eventuellen Ernteausfällen besser begegnet werden kann. Nachfrageseitig halten weitere tatsächliche und angekündigte Importe - durch Ägypten, Irak, Türkei, Algerien und Bangladesch - die Erwartung einer deutlich steigenden internationalen Nachfrage nach US-Weizen aufrecht. Heute gibt das US-Landwirtschaftsministerium seine aktuellen Angebots- und Nachfrageschätzungen bekannt.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Die Zinserhöhung in China konnte die Rohstoffpreise gestern nur kurzzeitig belasten. Man glaubt offensichtlich, dass die Rohstoffnachfrage aus dem Reich der Mitte durch den Zinsschritt nicht nennenswert gebremst wird und dieser als Zeichen der Stärke erfolgt. Der Brentölpreis konnte über Nacht sogar die Marke von 100 USD je Barrel zurückerobern, nachdem das American Petroleum Institute von einem überraschenden Rückgang der US-Rohölvorräte in der vergangenen Woche um 558 Tsd. Barrel berichtete. Grund hierfür war ein deutlicher Rückgang der Importe.
Obwohl die Lagerbestände in Cushing sogar um knapp 1 Mio. Barrel zurückgingen, hat sich die Preisdifferenz zwischen Brent und WTI bislang kaum eingeengt, nachdem diese gestern mit knapp 13 USD ein Rekordniveau erreichte. Offensichtlich wartet der Markt noch ab, ob die offiziellen Lagerdaten des US-Energieministeriums am Nachmitag ein ähnliches Bild zeigen.
Die US-Energiebehörde EIA hat die Schätzung für die Ölnachfrage im vergangenen Jahr um 400 Tsd. Barrel pro Tag nach oben revidiert. Mit einem Nachfrageanstieg um 2,4 Mio. Barrel pro Tag liegt die EIA damit gleichauf mit der Schätzung der Internationalen Energieagentur. Für das laufende Jahr erwartet die EIA einen Nachfrageanstieg um 1,5 Mio. Barrel pro Tag, was nur unwesentlich höher liegt als die letzte Prognose. Aufgrund der Aufwärtsrevision des Vorjahres ist der Ölbedarf aber deutlich höher als bislang prognostiziert. Gleichzeitig erwartet die EIA aber auch einen Anstieg der Produktion in den Nicht-OPEC-Ländern um 310 Tsd. Barrel pro Tag. Bislang ging man von einem Rückgang um 280 Tsd. Barrel pro Tag aus. Die höhere Nachfrage wird also durch eine gleichzeitige Ausweitung des Angebots ausgeglichen.
Edelmetalle
Die Preise für Gold, Silber & Co konnten gestern allesamt deutlich zulegen. Gold setzt seine Erholung auch heute Morgen fort und steigt auf 1.365 USD je Feinunze. Offensichtlich wird das niedrigere Preisniveau von vielen Investoren als attraktive Gelegenheit für physische Goldkäufe erachtet. Zusätzliche Unterstützung könnte das gelbe Edelmetall durch die Rückkehr von China an den Markt nach dem Neujahrsfest erhalten. Die hohe Nachfrage sowohl seitens der Privatanleger als auch von institutioneller Seite dürfte mittel- bis langfristig eine wesentliche Triebfeder des Goldpreises darstellen. Im Interesse der Marktteilnehmer wird heute Nachmittag die Rede des Fed-Vorsitzenden Bernanke vor dem Kongress zu den Themen Konjunktur, Arbeitsmarkt und Staatshaushalt stehen.
Mit einem Preiszuwachs von mehr als 3% wies Silber gestern die beste Entwicklung unter den Edelmetallen auf. Silber übersprang zum ersten Mal seit 5 Wochen wieder die Marke von 30 USD je Feinunze und hält sich auch heute Morgen über diesem Niveau. Unterstützt von abermaligen ETF-Zuflüssen steigt Palladium auf 840 USD je Feinunze. Dies entspricht dem höchsten Stand seit März 2001. Platin erreicht bei knapp 1.870 USD je Feinunze den höchsten Wert seit 2½ Jahren. Solange der Optimismus der Markteilnehmer die Oberhand behält, dürfte sich dieser Trend fortsetzen.
Industriemetalle
Die Erhöhung der Leitzinsen in China um 25 Basispunkte führte an den Rohstoffmärkten im Allgemeinen und den Metallen im Speziellen zunächst zu deutlichem Preisdruck. Die Aufregung legte sich im weiteren Handelsverlauf jedoch wieder und die Metallpreise gingen unter dem Strich sogar mit leichten Zuwächsen aus dem Markt. Offensichtlich hat sich bei den Marktteilnehmern die Meinung durchgesetzt, dass die gestrige Zinserhöhung das Wachstum der chinesischen Wirtschaft nicht behindern wird.
Dennoch sollte diese Situation genau beobachtet werden. Eine schnellere und deutlichere Anhebung der Zinsen als bislang angenommen könnte sich im Endeffekt negativ auf die Rohstoff- und insbesondere Metallnachfrage und damit Preise auswirken. Die chinesischen Aktienmärkte reagierten an ihrem ersten Handelstag nach dem Neujahrsfest mit Kursabschlägen, was wiederum die Metallpreise heute Morgen belastet. Da sich die fundamentale Situation an den Metallmärkten jedoch weiterhin deutlich aufhellt, sollten die Preise gut unterstützt bleiben.
Die Stahlindustrie kommt offensichtlich gut mit den hohen Rohmaterialpreisen zurecht und erwartet ein sehr positives Jahr 2011. Laut Aussagen des europäischen Branchenverbands Eurofer können dank einer steigenden Nachfrage die höheren Preise insbesondere für Eisenerz und Kokskohle an die Endabnehmer weitergegeben werden. In Europa ist der Preis für heiß gewalzten Stahl seit Jahresbeginn bereits um 20% auf über 600 EUR je Tonne gestiegen. In Shanghai hat der Stahlpreis heute bei 5.150 CNY je Tonne ein neues Rekordhoch markiert.
Agrarrohstoffe
Der Preis für Rohzucker hat in den letzten Tagen von über 35 US-Cents je Pfund auf nur noch gut 31 US-Cents nachgegeben. Nachdem der Zyklon in Australien abgezogen ist, richtet sich der Fokus auf die Angebotslage im bevorstehenden Erntejahr. Hier wird offensichtlich mit einer leichten Entspannung gerechnet, weil das hohe Preisniveau zu einer Ausweitung der Anbauflächen geführt haben sollte. Ob sich diese Erwartungen bestätigen, bleibt angesichts sinkender Erträge in den veralteten brasilianischen Zuckerrohrplantagen abzuwarten. Gestern drückte dann noch von der Nachfrageseite die Zinserhöhung in China auf die Preise.
Die Entwicklung des Weizenpreises ist derweil weiter nach oben gerichtet, nachdem es keine Entwarnung für die von Dürre betroffenen Provinzen Chinas gibt. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums sind 35% des chinesischen Winterweizens von Niederschlagsmangel betroffen. Etwas tröstlich ist dabei, dass die Lagerbestände in den letzten Jahren deutlich aufgestockt wurden, so dass eventuellen Ernteausfällen besser begegnet werden kann. Nachfrageseitig halten weitere tatsächliche und angekündigte Importe - durch Ägypten, Irak, Türkei, Algerien und Bangladesch - die Erwartung einer deutlich steigenden internationalen Nachfrage nach US-Weizen aufrecht. Heute gibt das US-Landwirtschaftsministerium seine aktuellen Angebots- und Nachfrageschätzungen bekannt.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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