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Weiterhin ausgelassene Stimmung trotz Warnzeichen

01.03.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Brentölpreis hält sich bei 112 USD je Barrel. Saudi-Arabien hat die Angebotsausfälle in Libyen ausgeglichen, was einen weiteren Preisanstieg bislang verhindert hat. Derzeit soll der größte OPEC-Produzent bereits mehr als 9 Mio. Barrel Rohöl pro Tag produzieren und damit 1 Mio. Barrel pro Tag über der individuellen Quote. Die frei verfügbaren Kapazitäten Saudi-Arabiens belaufen sich damit noch auf gut 3 Mio. Barrel pro Tag. Spätestens wenn die freien Kapazitäten auf weniger als zwei Mio. Barrel pro Tag absinken dürfte der Markt nervös werden.

Die Öllieferungen aus Libyen sollen unterdessen praktisch zum Erliegen gekommen sein. Drei Ölfelder im Westen des Landes produzieren nur noch die Hälfte des normalen Volumens. Ein Ölfeld südwestlich der Hauptstadt Tripolis soll die Produktion sogar komplett eingestellt haben. Es kann zudem nicht ausgeschlossen werden, dass es von Unterstützern des Gaddafi-Regimes zu Anschlägen auf die Ölinfrastruktur im Osten des Landes kommt, welcher sich bereits unter Kontrolle der Aufständischen befindet. Eine baldige Normalisierung der libyschen Öllieferungen ist somit unwahrscheinlich.

Der IWF hat unterdessen vor den negativen Auswirkungen auf das Wachstum gewarnt, falls die Ölpreise für einen längeren Zeitraum auf dem derzeitigen Niveau bleiben. Heute Abend veröffentlicht das American Petroleum Institute die Lagerdaten für die vergangene Woche. Erwartet wird ein Lageraufbau aufgrund gestiegener Importe. Dies würde erneut zeigen, dass die Angebotssituation in den USA ungeachtet der Unruhen in Nordafrika und im Nahen Osten weiterhin komfortabel ist. Der Preisabschlag von WTI gegenüber Brent in Höhe von 15 USD dürfte daher weiter Bestand haben.


Edelmetalle

Die Schuldenkrise in den Euro-Peripherieländern scheint wieder mehr in den Fokus der Marktteilnehmer zu rücken. Nach dem Regierungswechsel in Irland hat der designierte neue irische Ministerpräsident von der EU eine Revision des Finanzrettungsplanes für sein Land gefordert. So sollen zum einen die Kreditzinsen niedriger ausfallen als im November vereinbart. Zum anderen soll sich der Abbau der Schuldenlast länger hinziehen als noch von der alten Regierung versprochen. Ein Wiederaufflammen dieser Thematik könnte zu neuerlichen Unsicherheiten bei den Marktteilnehmern führen und Gold als sicheren Hafen noch attraktiver erscheinen lassen.

Das gelbe Edelmetall steigt daher heute Morgen wieder moderat auf rund 1.415 USD je Feinunze. Von großem Interesse werden die Reden vom Fed-Vorsitzenden Bernanke vor dem Senat und Repräsentantenhaus heute und morgen sein. Dabei dürften die Marktteilnehmer genau analysieren, ob und was Bernanke sagt, wie die Fed mit den Inflationsgefahren umgeht. Wir erwarten keine wesentlichen neuen Aspekte von Bernanke, so dass die Auswirkungen auf den EUR/USD-Wechselkurs und den Goldpreis begrenzt sein dürften.

Die Bestände der von Bloomberg erfassten Platin- und Palladium-ETFs sind gestern auf Allzeithochs von 1,33 Mio. bzw. 2,35 Mio. Unzen gestiegen. Die Preise der beiden Edelmetalle haben darauf jedoch kaum reagiert, was durch die höhere Risikoaversion bedingt sein dürfte.


Industriemetalle

Chinesische Konjunkturdaten drücken heute Morgen etwas auf die Stimmung der Marktteilnehmer. Der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe blieb im Februar zwar mit 52,2 im expansiven Bereich, ist jedoch den dritten Monat in Folge gesunken. Dies deutet darauf hin, dass die implementierten Maßnahmen zur Abkühlung der Wirtschaft und Bekämpfung der Inflation langsam wirken. Das heißt aber auch, dass sich die Nachfrage nach Rohstoffen und insbesondere Metallen abkühlen und damit die Preise belasten könnte. Die Metallpreise zeigen sich daher heute Morgen von ihrer schwächeren Seite und geben in der Breite nach. Gestern noch erreichte Aluminium mit 2.600 USD je Tonne den höchsten Stand seit September 2008 und Nickel stieg kurzzeitig wieder über die Marke von 29.000 USD je Tonne.

Der weltweit größte Produzent von Eisenerz, die brasilianische Vale, erwartet für das zweite Quartal im Vergleich zum derzeitigen Quartal einen Anstieg der durchschnittlichen Eisenerzpreise von rund 20%. Das bedeutet, dass sich die Stahlunternehmen auf Eisenerzpreise von gut 170 USD je Tonne einstellen müssen. Dies wäre aber immer noch weniger als der Kassapreis, der bei über 180 USD je Tonne liegt. Ferner geht Vale davon aus, dass sich die Eisenerzpreise in einem langfristigen Aufwärtstrend befinden, der vergleichbar mit dem nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 70er Jahre sei. Allerdings kommen in den nächsten Jahren große Mengen neuen Materials auf den Markt.


Agrarrohstoffe

Der Preis für Rohzucker hat gestern um 2,5% zugelegt, wozu die Bestätigung einer angespannten Marktlage in der laufenden Saison durch die Internationale Zuckerorganisation ISO beigetragen haben dürfte. Der Mai-Kontrakt - der bereits seit Längerem der meistgehandelte Kontrakt ist und heute den gestern zum letzten Mal gehandelten März-Kontrakt als nächstfälligen Kontrakt ablöst - stieg auf 29,45 US-Cents je Pfund. Die ISO hatte gestern ihre Schätzung für den Marktüberschuss in 2010/11 von bisher 1,3 Mio. Tonnen auf nur noch 196 Tsd. Tonnen nach unten korrigiert. Dieser Schritt war bereits erwartet worden.

Zwar soll die Produktion gegenüber der Vorsaison um 4,7% auf 168 Mio. Tonnen steigen, doch liegt dies deutlich unter dem bisher angenommenen Zuwachs. Witterungsbedingte Ausfälle in vielen Produzentenländern - insbesondere die lange Trockenheit in Brasilien und die Überflutungen in Australien - haben die Anpassung gegenüber den zunächst positiveren Prognosen notwendig gemacht. Die Nachfrage soll um 2% auf 167,8 Mio. Tonnen steigen und damit um 0,6 Prozentpunkte schwächer wachsen als im Durchschnitt der letzten 10 Jahre.

Grund dafür ist die bremsende Wirkung der hohen Preise. Am 2. Februar hatte die Notierung des Mai-Kontrakts im Vorgriff auf die Zerstörungen des auf Australien zurasenden Zyklons mit 32,76 US-Cents ihren bisherigen Höhepunkt erreicht. Der gute Verlauf der indischen Ernte sowie erste optimistische Einschätzungen für die Saison 2011/12 hatten in zuletzt die Preisentwicklung leicht gedämpft.

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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