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Hohe Volatilität aufgrund starker Verunsicherung

17.03.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Brentölpreis hat im gestrigen Handelsverlauf wieder deutlich bis 111 USD je Barrel zugelegt, nachdem er am Morgen im Tief noch bei gut 107 USD je Barrel gehandelt wurde. Die hohen Schwankungen sind auf die starke Verunsicherung am Markt zurückzuführen, ob die Angebotsrisiken infolge der Unruhen in der arabischen Welt oder die Nachfragerisiken infolge der Katastrophen in Japan stärker wiegen. Am Nachmittag stand offensichtlich mit den Unruhen in Bahrain und den heftigen Kämpfen in Libyen wieder die Gefahr von weiteren Angebotsausfällen im Vordergrund.

Darüber hinaus hat die Internationale Energieagentur darauf hingewiesen, dass die Auswirkungen der libyschen Lieferausfälle erst in den kommenden Wochen voll zum Tragen kommen werden. Dann nämlich endet die Reparatur- und Instandthaltungsphase in den Raffinerien und es ist mit einem Anstieg der Rohölnachfrage um 1 Mio. Barrel pro Tag zu rechnen. Es darf auch nicht übersehen werden, dass selbst wenn das Gaddafi-Regime schnell die Kontrolle über die Ölförder- und Exportanlagen zurückerorbern würde, die Anlagen teilweise zerstört sind bzw. am Markt mit Sanktionen zu rechnen ist.

Die IEA hat auch die kurzfristigen Ausfälle am japanischen Ölmarkt beziffert: Raffineriekapazitäten in Höhe von 1,4 Mio. Barrel seien geschlossen worden, allerdings würde der Betrieb in einigen bald wieder aufgenommen. Um Engpässe zu verhindern, werden in Japan die Mindestauflagen für die industrielle Lagerhaltung reduziert. In diesem Umfeld finden die Lagerdaten in den USA kaum Beachtung (siehe Tabelle).

Das Moratorium für die Laufzeitverlängerung der AKWs in Deutschland, aber auch die allgemeine Atomdebatte in den Europäischen Nachbarländern hat den Preis für die Emissionsrechte auf ein 2¼-Jahreshoch von 17 EUR je Tonne steigen lassen, weil vor allem kohlebasierte, aber auch gasbasierte Stromerzeugung mit einem deutlich höherem CO2-Ausstoß verbunden ist.

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Edelmetalle

Auch an den Edelmetallmärkten bleibt die Volatilität hoch. Der Goldpreis hat zwar sowohl gestern als auch heute Morgen Anläufe unternommen, die psychologisch wichtige Marke von 1.400 USD je Feinunze zurückzuerobern. Dies ist jedoch bislang nicht nachhaltig gelungen. Ein stärkerer US-Dollar dürfte zum Scheitern der Versuche beigetragen haben. In Euro gerechnet handelt das gelbe Edelmetall weiter um die Marke von 1.000 EUR je Feinunze. Damit zeigt sich Gold im aktuellen Marktumfeld nicht als sicherer Hafen.

Dies konnte allerdings auch schon während der Finanzkrise 2008 beobachtet werden, in der Gold im Einklang mit Aktien und anderen Vermögenswerten deutlich nachgab. Aktuell scheinen Anleger weiter Gold zu verkaufen, um Liquidität zu schaffen und Nachschusspflichten nachzukommen. Heute Nacht kommen die Finanzminister und Notenbankchefs der G7 in einer Telefonkonferenz zusammen, um die Auswirkungen der Katastrophe in Japan zu besprechen. Dabei dürfte auch die Möglichkeit konzertierter Interventionen der BoJ, Fed und EZB diskutiert werden.


Industriemetalle

Die Metallpreise setzen ihre Erholung heute Morgen fort. Gestern Abend kamen sie allerdings nochmals unter Druck, nachdem EU-Energiekommissar Öttinger mit Aussagen über die Lage in Japan zunächst eine weitere Verkaufswelle ausgelöst hatte.

Das World Bureau of Metal Statistics (WBMS) hat gestern Daten zu den Marktbilanzen der Metalle für Januar veröffentlicht. Demnach hat sich der globale Angebotsüberschuss im Vergleich zum Vorjahr bei Kupfer, Nickel, Zink und Blei deutlich reduziert. Dies ist in allen Fällen trotz einer anziehenden Produktion auf eine deutlich gestiegene Nachfrage zurückzuführen. Der Bleimarkt hat dabei im Januar ins Defizit gedreht. Im Gegensatz dazu hat sich der Angebotsüberschuss am weltweiten Aluminiummarkt abermals leicht ausgeweitet. Der Zinnmarkt zeigte sich weitgehend ausgeglichen. Damit haben im Wesentlichen fundamentale Faktoren zum Preisanstieg der Metalle zu Beginn des Jahres beigetragen.

Die Preise von Seltenen Erden könnten im Zuge der Erdbebenkatastrophe in Japan in den nächsten Wochen und Monaten unter Druck kommen, da verschiedene Verarbeitungsanlagen vorübergehend geschlossen und die Infrastruktur stark beschädigt wurde. Dies dürfte kurzfristig zu einer deutlich rückläufigen Nachfrage in Japan, dem weltweit größten Importeur von Seltenen Erden, führen. Langfristig betrachtet sollten die Preise jedoch aufgrund der allgemeinen Angebotsknappheit hoch bleiben bzw. weiter steigen.


Agrarrohstoffe

Auch die Agrarpreise haben sich gestern im Tagesverlauf von den - z.T. wie bei Mais und Sojabohnen das erlaubte Tageslimit erreichenden - Verlusten der Vortage erholt.

Nachdem vor einigen Tagen die indische Baumwollvereinigung eine Flächenausweitung für die kommende Saison in Höhe von 15-20% in Aussicht stellte, meldet nun auch der größte Produzent und Nachfrager nach Baumwolle, China, eine erwartete Ausdehnung der Baumwollfläche um 5,4%. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage zu den Anbauplänen, die das chinesische Agrarministerium veröffentlichte. Auch die Maisfläche soll ausgedehnt werden (+2,1%), wohingegen die Sojabohnenfläche um 11% eingeschränkt werden soll.

Dies hat insbesondere mit der relativen preislichen Vorzüglichkeit von Mais und Baumwolle zu tun. Sojabohnen - bei denen ein deutlich engerer Verbund zwischen chinesischen und internationalen Preisen besteht als bei Getreide - haben sich in den Monaten seit Juli 2010 bis vor dem Preiseinbruch der letzten Tage an den Weltmärkten preislich betrachtet deutlich schwächer entwickelt (ca. +50%) als Weizen (ca. +100%) und Mais (ca. +120%). Die Importnachfrage Chinas nach Sojabohnen dürfte dadurch weiter steigen, nachdem sie bereits in den letzten Jahren von Rekord zu Rekord eilte und in der laufenden Saison nach Schätzung des USDA 57 Mio. Tonnen betragen soll.


DOE Daten: US-Lagerbestände Rohöl, Ölprodukte und Erdgas

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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