Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Inflation und Hyperinflation (Teil 1)

22.03.2011  |  Redaktion
- Seite 3 -
Eine Portion Inflation

Im letzten Kapitel hatten wir dargelegt, warum die aktuelle Krise ein reales Deflationsrisiko darstellt, sollte die monetäre Umlaufgeschwindigkeit sinken und nicht steigen. Dennoch sprechen viele Gründe dafür, dass wir keine Deflation erleben werden. Der entscheidende Fehler der "Deflationisten" ist aber der Stellenwert, den sie den ungenutzten Kapazitäten beimessen. Zentralbanker und auch die meisten Ökonomen gehen davon aus, Staaten könnten aufgrund der derzeit starken "Ent-Fremdkapitalsierungsprozesse" (Deleveraging) wie verrückt Geld drucken, ohne dabei Inflation hervorzurufen, da die Rezession eine kräftige Delle im Produktionspotential hinterlässt.

Die Schwere der Rezession zeigt aber, dass sie falsch liegen. Während eines normalen Abschwungs verlangsamt sich zwar die Produktion, doch die ungenutzten Reserven werden dabei nicht zerstört; kehrt die Nachfrage wieder zurück, können diese Reserven dann für zusätzliches Angebot sorgen. Eine schwere Kreditverknappung sorgt jedoch für längerfristigen Schaden, denn schwindende Bankenkreditvergabe zerstört die längerfristige Fähigkeit der Unternehmen, auf gegebenem Niveau zu produzieren. Diejenigen, die Inflation für nicht möglich halten, verweisen zur Begründung auf die hohe Arbeitslosigkeit in den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Europa. Doch wie wir schon in diesem Buch gezeigt haben, sind viele Arbeitslose in der entwickelten Welt ungelernt oder werden so lange arbeitslos bleiben, dass ihre Fähigkeiten völlig einrosten, was sie wiederum uneinstellbar macht. Die Delle ist sozusagen gar keine.

Athanasios Orphanides, heute Zentralbanker in Zypern, schreibt in einer wichtigen Studie nun Folgendes: die "nachträgliche Korrektur der Output-Lücke hat dasselbe Ausmaß wie die Lücke an sich, so dass nachträgliche Korrekturen in hohem Maße persistent sind und die Echtzeit-Schätzungen in der Tendenz für schwere Verzerrungen im Bereich von zyklischen Konjunkturwendepunkten sorgen, zu einer Zeit, in der politisch verursachte Fehler aufgrund inkorrekter Bemessung am schwersten wiegen. […] Ein großer Teil des Problems ist auf die vorherrschende Unverlässlichkeit der End-of-Sample-Schätzungen des Output-Trends zurückzuführen."

Übersetzt heißt das: Ökonomen und Zentralbanker sind sehr, sehr schlecht im Schätzen von Output-Lücken. Aber wen überrascht es?

Die Output-Lücke ist häufig erheblichen Bemessungsfehlern ausgesetzt und muss häufig korrigiert werden, da auch die Zahlen für das reale BIP und die Schätzungen zum Produktivitätswachstum der Wirtschaft korrigiert werden. Echtzeit-Schätzungen zur Output-Lücke und zur Kapazitätsausnutzung sind also so gut wie nutzlos. Sie sind nicht nur nutzlos, die Korrekturen können am Ende sogar größer als die eigentlich ermittelte Output-Lücke ausfallen. (Wie wir schon an früherer Stelle schrieben: Jeder kann Fehler machen, aber erst ein Experte mit einem Computer wird es dann richtig versauen.)

Selbst die Vorstände der Federal Reserve verstehen das Problem. Charles Plosser von der Federal Reserve Philadelphia meint beispielsweise: "Die Unsicherheit der Datenlage ist nicht nur eine rein theoretische Kuriosität. Sie verursacht tatsächlich auch Probleme, nämlich dann, wenn politische Maßnahmen auf falsch bemessenen Lücken gründen, was wiederum unnötige wirtschaftliche Instabilität zur Folge hat. Die Große Inflation der 1970er in den USA ist dafür ein besonders treffendes Beispiel."

Wie ich schon an anderer Stelle geschrieben hatte: Wenn man Direktor der Federal Reserve wird, wird man in ein Hinterzimmer gebracht, wo man eine DNS-Transplantation bekommt, durch die man zum eingefleischten und ewigen Deflationsgegner wird. Moderne Zentralbanker können sich viel stärker mit Inflation anfreunden. Sie selbst sind ja auch recht gute Inflationserzeuger.

Abbildung 8.1 zeigt die Inflation in den USA aus historischer Perspektive ab dem späten 16. Jahrhundert. (Wir finden es verblüffend, wie Wirtschaftshistoriker wissen können, welche Preise vor Hunderten von Jahren herrschten, aber das ist wohl eine Geschichte für ein weiteres faszinierendes Buch.) Wie die Abbildung 8.1 zeigt, wechselten sich in der Zeit, in der die Vereinigten Staaten und der Rest der Welt den Goldstandard nutzten, Perioden der Inflation und Perioden der Deflation ab. Im Durchschnitt betrachtet, zeigt das Preisniveau keine Tendenz. Die Inflation des einen Jahres wurde durch die Deflation im Folgejahr aufgehoben. Schaut man jedoch auf den rechten Teil der Abbildung, sieht man plötzlich überhaupt keine Deflation mehr.

Nach dem Abkommen von Bretton Woods im Jahr 1948 - die Welt ging zum rein nominal goldgedeckten Dollar-Standard über und 1971 wurde die Gold-Konvertibilität des US-Dollars schließlich ganz aufgehoben - passiert plötzlich etwas. Es gab nur noch Inflation. Die Abbildung 8.1 zeigt, dass Inflation in einer Welt der Papierwährungen die Norm ist. Zentralbanken und Regierungen haben einen Hang zur Inflation. Sie können die Geldpolitik viel leichter steuern, wenn die Zinssätze positiv sind, daher haben sie lieber immer etwas Inflation im System. Nach 1948 oder 1971 gab es in der Tat nur sehr, sehr wenige Beispiele für Deflation.




Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"