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Sorge vor länger anhaltenden Lieferausfällen in Libyen

23.03.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Brentölpreis konnte in der Nacht auf 116 USD je Barrel steigen, WTI auf 105 USD je Barrel. Die anhaltenden Kämpfe in Libyen und die sich ausweitenden Proteste in anderen arabischen Ländern sorgen für eine steigende Risikoprämie auf den Ölpreis. Die Ölproduktion in Libyen soll inzwischen auf nur noch ein Viertel des Normalniveaus gesunken und die Exporte nahezu zum Erliegen gekommen sein. Damit fehlt dem Markt bis auf weiteres mehr als 1 Mio. Barrel qualitativ hochwertiges Rohöl pro Tag. Aufgrund der Beschädigungen an der Infrastruktur könnte die libysche Ölproduktion Schätzungen von Marktbeobachtern zufolge für mehr als ein Jahr beeinträchtigt sein. Sollte es zu einem langanhaltenden Bürgerkrieg oder zu Sabotageakten kommen, könnte sich dieser Zeitraum sogar noch deutlich verlängern. Der Markt bleibt daher noch für längere Zeit auf das zusätzliche Öl aus Saudi-Arabien angewiesen.

Der größte OPEC-Produzent Saudi-Arabien produziert schon jetzt deutlich mehr Rohöl, um die Lieferausfälle in Libyen auszugleichen. Gleichzeitig sinken damit aber auch die freien Kapazitäten, was den Markt gegenüber weiteren Angebotsausfällen anfällig macht. Laut American Petroleum Institute stiegen die US-Rohöllagerbestände in der vergangenen Woche zwar um 970 Tsd. Barrel. Die Rohölvorräte in Cushing gingen dagegen leicht zurück. Bei Benzin kam es sogar zu einem massiven Lagerabbau um 7,9 Mio. Barrel. Dies dürfte dem WTI-Preis Unterstützung geben. Das US-Energieministerium veröffentlicht die offiziellen Lagerdaten am Nachmittag. Auch hier wird mit einem Anstieg der Rohöl- und einem Rückgang der Benzin- und Destillatebestände gerechnet.


Edelmetalle

China hat im Januar gemäß Regierungsangaben 23,3 Tonnen Gold produziert. Dies entspricht einem Anstieg von 6,7% gegenüber Vorjahr. Die höhere Produktion dürfte jedoch nicht auf den Weltmarkt gelangen, da gleichzeitig die lokale Nachfrage deutlich steigt. Das auf Edelmetalle spezialisierte Research-Institut GFMS geht davon aus, dass China in absehbarer Zukunft Indien als größten Goldkonsumenten überholen wird.

Laut Daten des World Gold Council lag Indien im letzten Jahr in dieser Statistik mit 963 Tonnen noch deutlich vor China (580 Tonnen). Allerdings ist der Vorsprung Indiens in den letzten zehn Jahren bereits deutlich von fast 500 auf "nur" noch 383 Tonnen geschrumpft. Die hohe Nachfrage Chinas dürfte sich somit in anhaltend hohen Importen widerspiegeln. Insbesondere Privatinvestoren zeigen ein großes Interesse an Gold, da u.a. durch staatliche Maßnahmen andere große Investitionen wie z.B. Grundstücks- und Autokäufe eingeschränkt sind.

Der Lion Global Gold Fund, der Ende letzten Jahres als erstes Instrument dieser Art in China aufgelegt wurde und in ausländische Gold-ETFs investiert, hat aufgrund der hohen Nachfrage die Genehmigung erhalten, die Ausgabe seiner Anteilsscheine zu verdoppeln. Der Fonds hatte innerhalb kürzester Zeit nach Auflage umgerechnet rund 500 Mio. USD eingesammelt. Der Goldpreis dürfte daher langfristig gut unterstützt sein.


Industriemetalle

Die weltweite Stahlproduktion ist im Februar laut Daten der World Steel Association im Vergleich zum Vorjahr um 8,8% auf 116,6 Mio. Tonnen gestiegen. Dies stellt zugleich einen Rekordwert für Februar dar. Getrieben wurde diese Entwicklung durch eine höhere Nachfrage im Zuge der sich weiter erholenden Weltwirtschaft. Nahezu alle wichtigen stahlproduzierenden Regionen trugen zum Produktionsanstieg bei. Neben China und anderen asiatischen Ländern war das Wachstum besonders ausgeprägt in den Nicht-EU-Staaten in Europa (z.B. Türkei).

Die globale Kapazitätsauslastung stieg auf 82% und damit den höchsten Stand seit Mai letzten Jahres. Der an der LME gehandelte Stahlpreis zeigte sich davon im Februar unbeeindruckt und blieb nahezu unverändert. Erst in Folge der Erdbebenkatastrophe in Japan legte der Preis zu - allein in der letzten Woche um 4%. Der höhere Rohstoffbedarf zum Wiederaufbau des Landes spiegelt sich damit offensichtlich auch im LME-Stahlpreis wider. Bereits vorher und deutlich stärker zog der Weltstahlpreis für warmgewalzten Stahl an. Ob dieser seinen Aufwärtstrend fortsetzen kann, ist allerdings fraglich. Der Preis für Betonstahl in China nämlich ist seit einigen Wochen rückläufig. In der Vergangenheit war der chinesische Stahlpreis ein guter Vorlaufindikator für die Weltstahlpreise (siehe Grafik des Tages).

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Agrarrohstoffe

Gestern gaben die Notierungen für Rohzucker nach, nachdem Indien bestätigt hat, nun doch 500 Tsd. Tonnen an Zucker exportieren zu wollen. Dies wird als Bestätigung für die positive Ernteeinschätzung gesehen, was die Märkte beruhigte und sogar Hoffnungen auf weitere Exportfreigaben nährte. Monatelang war politisch um die Erlaubnis für die Ausfuhren gestritten worden: Die Zuckerindustrie wollte von hohen internationalen Preisen profitieren, die Regierung dagegen die inländische Preisniveausteigerung bei Nahrungsmitteln begrenzen.

Gleichzeitig bleibt das im Zuckerbereich vielbeachtete Analysehaus F.O. Licht bei seiner Einschätzung eines Überschusses am globalen Zuckermarkt in 2010/11. Während die Internationale Zuckerorganisation inzwischen nur ein marginales Plus erwartet, sieht F.O. Licht dieses trotz einer Reduktion um 400 Tsd. Tonnen gegenüber der bisherigen Prognose noch immer bei 1,3 Mio. Tonnen. Selbst dies würde aber keine deutliche Lageraufstockung erlauben, weshalb die Lager-Verbrauchs-Relation quasi unverändert bei 35% bleiben dürfte.


Weizen und Mais konnten über die letzte Woche nach dem drastischen Rückgang in den Vortagen wieder um knapp 10% bzw. 12% zulegen. Interessant ist, dass der Preis für Mais, der normalerweise deutlich unter dem Preis für Weizen liegt, inzwischen ein Niveau erreicht hat, bei dem ein Verhältnis von 1:1 nicht weit entfernt liegt. Wir erwarten, dass sich dieser Trend nicht weiter fortsetzt. Einige Nachfrager, wie China, haben wegen des hohen Preisniveaus geplante Maiskäufe zurückgestellt. Zudem dürfte es Ende März zur Bestätigung einer bedeutenden Flächenausdehnung für Mais in den USA durch das USDA kommen.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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