Vormarsch der Rebellen in Libyen belastet Ölpreis
29.03.2011 | Eugen Weinberg
Energie
Die Ölpreise geben am Morgen geringfügig nach. Brent fällt zeitweise bis auf 114 USD je Barrel, WTI auf 103 USD je Barrel. Der Vormarsch der Rebellen in Libyen weckt Hoffnungen, dass die Ölproduktion demnächst wieder hochgefahren werden kann. Am Wochenende hat Katar den Zuschlag für die Vermarktung von Öl aus den ostlibyschen Feldern bekommen, welche nicht mehr unter der Kontrolle des Gaddafi-Regimes stehen. Die Sanktionen gegen Libyen verhindern lediglich die Ausfuhr von Öl über Gaddafi-nahe Firmen wie die staatliche Ölfirma NOC, nicht jedoch die Ausfuhr libyschen Öls per se.
Wir halten die Hoffnungen auf eine baldige Normalisierung der libyschen Öllieferungen dennoch für überzogen und rechnen daher nicht mit einem fortgesetzten Ölpreisrückgang. Die Sicherheitslage in Libyen ist weiterhin angespannt, was eine Rückkehr der Ölarbeiter an die Produktionsanlagen erschwert. Der westliche Landesteil steht nach wie vor unter der Kontrolle von Gaddafi. Der Vormarsch der Rebellen dürfte von nun an schwieriger werden, da sich Gaddafi im Westen Libyens auf stärkere Unterstützung seitens der Bevölkerung stützen kann als in den östlichen Landesteilen.
Angesichts der Zerstörungen an der Infrastruktur ist es zudem unwahrscheinlich, dass die Öllieferungen in den von den Rebellen eroberten Landesteilen in absehbarer Zeit nennenswert gesteigert werden können. Heute Abend veröffentlicht das American Petroleum Institute die US-Lagerbestände für die vergangene Woche. Sollte es im Zuge steigender Benzinexporte erneut zu einem starken Lagerabbau bei Benzin gekommen sein, könnten die Ölpreise hiervon profitieren.
Edelmetalle
Der Goldpreis steht weiterhin unter Druck. Gestern verlor er zeitweise mehr als 1% und fiel unter 1.410 USD je Feinunze und damit auf ein 10-Tagestief. Auch in Euro gerechnet gibt das gelbe Edelmetall nach und hält sich nur noch knapp über der Marke von 1.000 EUR je Feinunze. Anleger nehmen offenbar weiter Gewinne mit, nachdem der Goldpreis letzte Woche ein neues Rekordhoch markiert hatte. Der Preisrückgang gestern ging mit Abflüssen aus Gold-ETFs einher. Der weltweit größte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, berichtete von einem Abbau seiner Bestände um 2 Tonnen.
Russland hat laut Angaben der Vereinigung der Goldproduzenten in den ersten beiden Monaten des Jahres 19,98 Tonnen Gold produziert. Dies sind 13,9% mehr als im Vorjahr. Für das Gesamtjahr erwartet die Vereinigung eine Erholung der landesweiten Produktion auf 205-207 Tonnen, nachdem sie im letzten Jahr um 1,4% auf 201,3 Tonnen gefallen war. Das Gold wird aller Voraussicht nach nicht auf den Weltmarkt gelangen, sondern durch die heimische Nachfrage und die russische Zentralbank absorbiert werden. Während der hohe Goldpreis Anreize zur Ausweitung der Produktion gibt, drückt er andernorts auf die Stimmung der Nachfrager. So erwartet die Bombay Bullion Association in Indien für März aufgrund der hohen und volatilen Preise einen deutlichen Rückgang der Goldimporte auf "nur" noch 15-20 Tonnen. Im Vorjahr wurden noch 45-50 Tonnen Gold importiert.
Industriemetalle
Das unabhängige Research-Institut Brook Hunt bekräftigte seine Einschätzung, dass der globale Kupfermarkt in diesem Jahr ein Angebotsdefizit von 570 Tsd. Tonnen aufweisen wird. Treiber dieser Entwicklung ist China, wo Brook Hunt in diesem Jahr ein Nachfragewachstum von 6% erwartet. Für 2011 sieht das Research-Institut einen durchschnittlichen Kupferpreis von 9.700 USD je Tonne. Allerdings geben die hohen Preise auch Anreiz zur Ausweitung der Produktion. Auf mittelfristige Sicht macht sich dies laut Aussagen von Brook Hunt in einem Angebotsüberschuss bemerkbar. Dieser wird um das Jahr 2015 herum erwartet und sollte dann zugleich negative Auswirkungen auf die Preise haben.
Der Verband der chinesischen Eisen- und Stahlproduzenten hat im Nachgang der Veröffentlichung des neuen 5-Jahresplans der chinesischen Regierung Prognosen zum Stahlverbrauch Chinas in den kommenden fünf Jahren veröffentlicht. Sollte das Wirtschaftswachstum wie geplant auf 7-8% p.a. abgebremst werden, würde die Stahlnachfrage im Vergleich zum letzten Jahr nahezu unverändert bei 600-670 Mio. Tonnen pro Jahr verharren. Sollte dagegen das BIP in etwa auf dem Niveau des letzten Quartals liegen, würde die Stahlnachfrage in China auf 750-850 Mio. Tonnen pro Jahr steigen. Ein solcher Nachfrageanstieg sollte sich positiv auf die Stahlpreise auswirken.
Agrarrohstoffe
Die durch die weltpolitischen Ereignisse gedrückte Stimmung war gestern auch bei den Agrarrohstoffen bestimmend. Die größten Verluste verzeichneten Zucker und Baumwolle mit einem Minus von jeweils um die 3%, bei denen auch produktspezifische Nachrichten die Aussichten für die weitere Preisentwicklung trübten. In Brasilien ist die Zuckerrohrernte nach regenbedingten Verzögerungen inzwischen angelaufen, was die angespannte Situation auf dem Weltmarkt bald entlasten sollte. Für die spätere Saison könnte sich die hohe Feuchtigkeit sogar als vorteilhaft erweisen, da sie die weiteren Wachstumsbedingungen verbessert hat.
Auch aus Thailand, dem zweitgrößten Exporteur, kommen erfreuliche Nachrichten: Bereits jetzt liegt die Ernte dort um 12% über dem Wert im Vorjahr, und das Zuckeranalysehaus F.O. Licht rechnet mit einer Rekordernte. Bei Baumwolle konkretisiert sich die Erwartung einer weiter deutlich steigenden Anbaufläche in der kommenden Saison. Auch wenn in Indien politisch über Exportmengen entschieden wird, dürfte sich die erwartete Ausdehnung der Fläche um 15%, wie es die heimische Baumwollvereinigung erwartet, auch in einer Entlastung des Weltmarktes niederschlagen. Baumwolle ist eines der Produkte, bei denen der für Donnerstag vorgesehene Bericht des USDA zu den US-Anbauplänen besondere Beachtung finden wird.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Die Ölpreise geben am Morgen geringfügig nach. Brent fällt zeitweise bis auf 114 USD je Barrel, WTI auf 103 USD je Barrel. Der Vormarsch der Rebellen in Libyen weckt Hoffnungen, dass die Ölproduktion demnächst wieder hochgefahren werden kann. Am Wochenende hat Katar den Zuschlag für die Vermarktung von Öl aus den ostlibyschen Feldern bekommen, welche nicht mehr unter der Kontrolle des Gaddafi-Regimes stehen. Die Sanktionen gegen Libyen verhindern lediglich die Ausfuhr von Öl über Gaddafi-nahe Firmen wie die staatliche Ölfirma NOC, nicht jedoch die Ausfuhr libyschen Öls per se.
Wir halten die Hoffnungen auf eine baldige Normalisierung der libyschen Öllieferungen dennoch für überzogen und rechnen daher nicht mit einem fortgesetzten Ölpreisrückgang. Die Sicherheitslage in Libyen ist weiterhin angespannt, was eine Rückkehr der Ölarbeiter an die Produktionsanlagen erschwert. Der westliche Landesteil steht nach wie vor unter der Kontrolle von Gaddafi. Der Vormarsch der Rebellen dürfte von nun an schwieriger werden, da sich Gaddafi im Westen Libyens auf stärkere Unterstützung seitens der Bevölkerung stützen kann als in den östlichen Landesteilen.
Angesichts der Zerstörungen an der Infrastruktur ist es zudem unwahrscheinlich, dass die Öllieferungen in den von den Rebellen eroberten Landesteilen in absehbarer Zeit nennenswert gesteigert werden können. Heute Abend veröffentlicht das American Petroleum Institute die US-Lagerbestände für die vergangene Woche. Sollte es im Zuge steigender Benzinexporte erneut zu einem starken Lagerabbau bei Benzin gekommen sein, könnten die Ölpreise hiervon profitieren.
Edelmetalle
Der Goldpreis steht weiterhin unter Druck. Gestern verlor er zeitweise mehr als 1% und fiel unter 1.410 USD je Feinunze und damit auf ein 10-Tagestief. Auch in Euro gerechnet gibt das gelbe Edelmetall nach und hält sich nur noch knapp über der Marke von 1.000 EUR je Feinunze. Anleger nehmen offenbar weiter Gewinne mit, nachdem der Goldpreis letzte Woche ein neues Rekordhoch markiert hatte. Der Preisrückgang gestern ging mit Abflüssen aus Gold-ETFs einher. Der weltweit größte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, berichtete von einem Abbau seiner Bestände um 2 Tonnen.
Russland hat laut Angaben der Vereinigung der Goldproduzenten in den ersten beiden Monaten des Jahres 19,98 Tonnen Gold produziert. Dies sind 13,9% mehr als im Vorjahr. Für das Gesamtjahr erwartet die Vereinigung eine Erholung der landesweiten Produktion auf 205-207 Tonnen, nachdem sie im letzten Jahr um 1,4% auf 201,3 Tonnen gefallen war. Das Gold wird aller Voraussicht nach nicht auf den Weltmarkt gelangen, sondern durch die heimische Nachfrage und die russische Zentralbank absorbiert werden. Während der hohe Goldpreis Anreize zur Ausweitung der Produktion gibt, drückt er andernorts auf die Stimmung der Nachfrager. So erwartet die Bombay Bullion Association in Indien für März aufgrund der hohen und volatilen Preise einen deutlichen Rückgang der Goldimporte auf "nur" noch 15-20 Tonnen. Im Vorjahr wurden noch 45-50 Tonnen Gold importiert.
Industriemetalle
Das unabhängige Research-Institut Brook Hunt bekräftigte seine Einschätzung, dass der globale Kupfermarkt in diesem Jahr ein Angebotsdefizit von 570 Tsd. Tonnen aufweisen wird. Treiber dieser Entwicklung ist China, wo Brook Hunt in diesem Jahr ein Nachfragewachstum von 6% erwartet. Für 2011 sieht das Research-Institut einen durchschnittlichen Kupferpreis von 9.700 USD je Tonne. Allerdings geben die hohen Preise auch Anreiz zur Ausweitung der Produktion. Auf mittelfristige Sicht macht sich dies laut Aussagen von Brook Hunt in einem Angebotsüberschuss bemerkbar. Dieser wird um das Jahr 2015 herum erwartet und sollte dann zugleich negative Auswirkungen auf die Preise haben.
Der Verband der chinesischen Eisen- und Stahlproduzenten hat im Nachgang der Veröffentlichung des neuen 5-Jahresplans der chinesischen Regierung Prognosen zum Stahlverbrauch Chinas in den kommenden fünf Jahren veröffentlicht. Sollte das Wirtschaftswachstum wie geplant auf 7-8% p.a. abgebremst werden, würde die Stahlnachfrage im Vergleich zum letzten Jahr nahezu unverändert bei 600-670 Mio. Tonnen pro Jahr verharren. Sollte dagegen das BIP in etwa auf dem Niveau des letzten Quartals liegen, würde die Stahlnachfrage in China auf 750-850 Mio. Tonnen pro Jahr steigen. Ein solcher Nachfrageanstieg sollte sich positiv auf die Stahlpreise auswirken.
Agrarrohstoffe
Die durch die weltpolitischen Ereignisse gedrückte Stimmung war gestern auch bei den Agrarrohstoffen bestimmend. Die größten Verluste verzeichneten Zucker und Baumwolle mit einem Minus von jeweils um die 3%, bei denen auch produktspezifische Nachrichten die Aussichten für die weitere Preisentwicklung trübten. In Brasilien ist die Zuckerrohrernte nach regenbedingten Verzögerungen inzwischen angelaufen, was die angespannte Situation auf dem Weltmarkt bald entlasten sollte. Für die spätere Saison könnte sich die hohe Feuchtigkeit sogar als vorteilhaft erweisen, da sie die weiteren Wachstumsbedingungen verbessert hat.
Auch aus Thailand, dem zweitgrößten Exporteur, kommen erfreuliche Nachrichten: Bereits jetzt liegt die Ernte dort um 12% über dem Wert im Vorjahr, und das Zuckeranalysehaus F.O. Licht rechnet mit einer Rekordernte. Bei Baumwolle konkretisiert sich die Erwartung einer weiter deutlich steigenden Anbaufläche in der kommenden Saison. Auch wenn in Indien politisch über Exportmengen entschieden wird, dürfte sich die erwartete Ausdehnung der Fläche um 15%, wie es die heimische Baumwollvereinigung erwartet, auch in einer Entlastung des Weltmarktes niederschlagen. Baumwolle ist eines der Produkte, bei denen der für Donnerstag vorgesehene Bericht des USDA zu den US-Anbauplänen besondere Beachtung finden wird.
Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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