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"Wir sind inmitten einer epochalen tektonischen Verschiebung" (Teil 2)

02.04.2011  |  Redaktion
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Lars Schall: Sie spielen hier eine Trojanisches Pferd-Rolle?

F. William Engdahl: Es scheint so, dass sie eindeutig eine Trojanische Pferd-Rolle ebenso wie JPMorgan Chase und andere Wall Street-"Gods of Money"-Banken spielen. Der Euro ist im Moment in einer fundamentalen Krise, die geht nicht vorbei. Der Plan ist, diese zu eskalieren - die Soros Fund Management Group und einige der größten Hedgefonds hatten tatsächlich ein Treffen in New York, um dies nach dem, was an die Presse durchsickerte, Anfang 2010 zu besprechen. (iv) Sie können darauf wetten, dass sie einen konzentrierten Angriff auf auf die Eurozonen-Schwachstellen diskutierten - wo ist der nächste Achillesferse? Nun, Irland! Wer ist der Berater der irischen Regierung, da sie töricht diese Blanko-Garantie für die bankrotten irischen Banken gab, die im Wall Street-Casino voll zuschlugen, AIB und so weiter? Nun, es stellt sich heraus, dass N.M. Rothschild aus London der Berater für die 77 Milliarden Euro Schulden ist, die die irische Regierung plötzlich durch die Übernahme der betrügerische Banken in Irland erworben hat.

Die irische Regierung hat, ironischer Weise auf Anraten von Merrill Lynch, die selbst untergingen und herausgekauft werden mussten, die Bankenkrise in eine Staatsschuldenkrise verwandelt. Sehr, sehr anspruchsvoller, geschickter Schachzug.

Die ehemalige irische Regierung ging unglaublich konform mit den Wünschen der internationalen Bankenwelt. George Soros schrieb im Dezember 2010 sogar einen Gastkommentar in der Financial Times, wo er sagte: "Es ist wichtiger, die Banken zu retten, als Staatsschulden zu retten." (ivi) Das gibt Ihnen eine Idee, wo Soros steht. Er ist auch ein Verfechter dieser europaweiten und nicht länderspezifischen Euro-Anleihe-Emissionen, der man mit Händen und Füßen widerstehen sollte.

Aber wie dem auch sei: die Zukunft der Euro-Zone und der Europäischen Union befindet sich, meiner Meinung nach, in den nächsten zehn, zwanzig Jahren an einer Kreuzung, und das hängt davon ab, wie sie sich vis-à-vis der Zukunft ihrer Beziehung zu Eurasien und ihrer Beziehung zur NATO und den Vereinigten Staaten entscheiden. Die US-Eliten, die die NATO beherrschen, werden nicht ohne einen großen Kampf aufgeben, das ist klar. Aber das ist der Kampf auf der Agenda, wenn wir eine lebenswerte Welt in den nächsten Jahrzehnten haben wollen.

Nun, in Bezug auf das Petrodollar-System: Ich denke, dass es heute recht einfach gebrochen werden kann, durch bilaterale de facto Tauschgeschäfte zwischen China und Saudi-Arabien oder anderen Öl-Ländern wie dem Iran, zwischen Konsumenten und Produzenten, ohne die Vermittlung der Londoner International Commodity Exchange, der ICE Futures oder der NYMEX in New York oder der Börse in Dubai, die von der NYMEX kontrolliert wird - welche wiederum von Morgan Stanley, Goldman Sachs und den großen Geld-Zentrumsbanken in New York und London gesteuert wird. Wenn die Kontrolle gebrochen werden kann - und es ist ein sehr kompliziertes System, dass das anglo-amerikanische Establishment seit dem 2. Weltkrieg aufgebaut hat, um den Ölpreis zu kontrollieren -, es ist sicherlich möglich, es zu brechen. Das ist eine politische Entscheidung. An diesem Punkt wird Öl aufhören, eine Waffe der geopolitischen finanziellen Kriegsführung zu sein, und wird eine normale Ware, deren Preis über Angebot und Nachfrage bestimmt wird, was er jetzt nicht ist.

Die Edelmetall-Märkte: Wir stehen sehr nahe an einem Ausbruch des Preises sowohl bei Gold als auch bei Silber. Er ist noch nicht passiert, aber er wird es. Sie werden wesentlich höher klettern. Das Problem mit Edelmetallen ist, dass die beiden großen Konkurrenten gegen die Dollar-Hegemonie, wie Sie selbst wissen, China und Russland, lächerlich geringe Reserven von Gold in ihren Zentralbanken haben. Wenn sie zu einem System aus beiden Metallen übergehen, Gold und Silber, könnte das funktionieren. Die Chinesen, glaube ich, und vielleicht auch die Russen, könnten erhebliche Reserven von Silber haben. Chinas Währung basierte einst auf dem Silber-Reserve-System, wie in vielen Ländern der Welt, vor den Opiumkriegen - und die Opium-Kriege wurden von den Briten damals in den 1840er Jahren entworfen, um buchstäblich Silber-Schatzkammer des chinesischen Reiches zu plündern, den Staat in den Bankrott zu treiben und sie in die Handelsabhängigkeit von den Briten zu zwingen.


Lars Schall: Okay, eine letzte Frage bezogen auf Silber. Was sind Ihre Gedanken zur Rolle von JP Morgan im Silber-Markt?

F. William Engdahl: Nun, wenn zum Börsenkrach vom Oktober 1987 zurückgeht, das ist gut dokumentiert und ich weiß es von Freunden, die dort beim Börsenhandel während des 23%igen Falls beim Dow während dieses einen Tages auf dem Parkett waren: an diesem Punkt setzte sich Greenspan als Vorsitzender der Fed mit JP Morgan zusammen und verwendete JP Morgan als eine Leitung für offenes Scheckbuch-Geld von der Fed, um in den Aktien-Futures-Markt über Chicago zu gehen. Und am nächsten Tag des offenen Handels kauften sie auf den Terminmärkten, als gäbe es kein Morgen, für minimale Mengen an Geld im Vergleich zu den Kosten, um die tatsächlichen Aktien zu kaufen. Und dadurch, dass die Futures hoch getrieben wurden, begannen die zugrunde liegenden Aktienkurse an der New York Stock Exchange hoch zu treiben, und dann begann natürlich die Gerüchteküche: JP Morgan kauft, die Big Boys kaufen, das Schlimmste ist vorbei, dies ist eine Überreaktion, Bla-bla-bla-bla-bla.

Nun, es scheint ziemlich klar, dass JP Morgan Chase heute eine ähnliche Rolle im Silber-Markt spielt, vielleicht einige andere Banken beim Gold. Aber wenn Gold und Silber wirklich zum Ausbruch starten, dann ist es ein neues Ballspiel vis-à-vis dem Dollar, und sie wissen das.

Die Macht der Vereinigten Staaten als einzige Supermacht der Welt ruht auf zwei Säulen - behalten Sie das im Kopf, Lars. Dies wird in der Regel nicht diskutiert, aber es ist wichtig, um zu verstehen, wie das amerikanische Establishment seit dem 2. Weltkrieg funktioniert. Die beiden Säulen sind: Amerika als einzige nicht-herauszufordernde militärische Hegemonialmacht, und die zweite ist der US-Dollar als weltweite Reservewährung. Wenn das weg ist, können Sie den Vereinigten Staaten den Abschiedskuss als eine funktionierende Weltmacht geben. Die Geld-Zentrumsbanken der Wall Street wissen das, ebenso wie die City of London und andere.

Die Deutschen sind meiner Meinung nach noch ein wenig naiv, wie die Macht des Geldes seit dem Zweiten Weltkrieg arbeitet. Deutschland besaß einige sehr anspruchsvolle Ökonomen, zurückgehend auf die Zeit von Friedrich List in den 1820er Jahren. Aber seit dem Ende des Ersten Weltkriegs, würde ich sagen, hat sich die Qualität des strategischen ökonomischen Denkens in Deutschland deutlich verringert, vor allem nach 1945 und den US-geführten deutschen "Umerziehungs"-Bemühungen.

Wie gut die Berliner Regierung versteht, dass dies ein Währungskrieg gegen den Euro ist, weil der Euro heute die einzige Währung weltweit am Block ist, sicher nicht der chinesische Yuan oder der japanische Yen, der die Hegemonie des Dollar als Reservewährung herausfordern könnte, darüber kann ich nur spekulieren. Die Euro-Herausforderung muss aus dem Spiel eliminiert werden. Das nächste Ziel wird Spanien sein. Wenn sie Spanien knacken können, dann werden sie sich nach Italien bewegen - und dann wird es wirklich in ein kolossales Chaos für den Euro als Alternative zum Dollar eskalieren.


Lars Schall: Vielen Dank für Ihre Zeit, Herr Engdahl!


© Lars Schall



Quellen:

xiii Am 26. Januar 1998 veröffentlichte das Project for a New American Century, PNAC, den offenen Brief an Präsident Clinton, in dem PNAC zu einem Regimewechsel im Irak unter Verwendung von US-amerikanischer diplomatischer, politischer und militärischer Macht aufrief, auf ihrer Website unter diesem Link: www.newamericancentury.org/iraqclintonletter.htm

xiv Vgl. Paul Kennedy: "The Rise and Fall of the Great Powers", Random House, 1987.

xv Vgl. Sean O’Grady: "Fear and loathing as the hedge funds take on the euro. Gigantic bets against the euro have fuelled rumours of a hedge fund plot to cash in on the Greek crisis", veröffentlich auf The Independent am 4. März 2010 unter: www.independent.co.uk/news/business/analysis-and-features/fear-and-loathing-as-the-hedge-funds-take-on-the-euro-1915776.html

xvi Siehe George Soros: "Europe should rescue banks before states", veröffentlicht auf The Financial Times am 14. Dezember 2010 unter: www.ft.com/cms/s/0/76f69cd8-077a-11e0-8d80-00144feabdc0.html#axzz1GPhGoi7c









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