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Preise ohne einheitliche Richtung

05.04.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Fokus der Ölmärkte hat sich von Asien - die Ölpreise standen in den letzten Jahren vor allem im Zeichen der starken Ölnachfrage aus den dortigen Schwellenländern - mittlerweile auf Afrika verschoben. Zu den anhaltenden Kämpfen in Libyen kamen nun auch die Spannungen in Nigeria und Gabun hinzu. Während jedoch die Entwicklungen in Gabun keinen großen Einfluß auf die Verfügbarkeit von Rohöl haben dürften, könnte eine mögliche politische Krise in Nigeria durchaus größere Probleme herbeirufen. Zum einen glauben wir, dass der seit dem letzten Freitag andauernde Streik der Ölarbeiter in Gabun schon bald enden würde.

Zum anderen ist die Bedeutung Nigerias, das fast zehnmal so viel Rohöl herstellt als Gabun mit seiner Tagesproduktion von rund 240 Tsd. Barrel, entsprechend deutlich wichtiger. Am Samstag hat die nigerianische Wahlkommission INCE wegen der logistischen Probleme mit den Wahlzetteln die Präsidenschafts- und Parlamentswahlen um einige Tage verschoben. PIRA schätzt, dass allein in Folge der Unruhen nach den letzten Wahgängen in den Jahren 2003 und 2007 die nigerianische Ölproduktion sogar für mehrere Monate um durchschnittlich 140 Tsd. Barrel pro Tag gefallen ist. Dies erklärt auch, warum sich die Preisdifferenz zwischen Brent und WTI erneut auf mehr als 12 USD ausgeweitet hat.

Zur Nervösität der Märkte tragen auch die aktuell unterschiedlichen Ansichten der OPEC-Länder zum Ölpreis bei. So halten immer mehr OPEC-Staaten höhere Ölpreise als nachhaltig, wie z.B. Kuwait, das 90 USD je Barrel als die neue Untergrenze für den Ölpreis sieht. Einen Grund dafür sehen wir auch in den im Zuge der Unruhen gesteigerten Sozialausgaben in den OPEC-Ländern, die den dafür benötigten Ölpreis entsprechend höher ausfallen lassen.


Edelmetalle

Silber ist derzeit das Edelmetall der Stunde und stellt alle anderen Edelmetalle in den Schatten. Seit Jahresanfang hat sich Silber bereits um fast 25% verteuert, während die Preise für Gold, Platin und Palladium kaum zulegen konnten. Mit 38,8 USD je Feinunze erreicht Silber heute Morgen den höchsten Stand seit Februar 1980. Es fehlen lediglich 3% bis zur nächsten psychologisch wichtigen Marke von 40 USD, was auch weiteres spekulatives Kapital anzieht. Unterstützt wird Silber zuzeit gleich von mehreren Faktoren: Neben einer höheren industriellen Nachfrage - Silber wird weiterhin hauptsächlich industriell verbraucht - trägt die Investmentnachfrage dazu maßgeblich bei.

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Die US-Münzprägeanstalt vermeldete für das erste Quartal mit 12,43 Mio. Unzen ein rekordhohes Verkaufsvolumen seiner Silbermünzen. Daneben verzeichnen die ETFs wieder hohe Zuflüsse. Der weltweit größte Silber-ETF, iShares Silver Trust, berichtete gestern von einer Erhöhung seiner Bestände um 23 auf insgesamt 11.162 Tonnen. Auch sind die Bestände in den Silber-ETFs von ETF Securities in der Vorwoche auf ein Rekordniveau gestiegen. Die dynamische Nachfrage seitens der Anleger sehen wir als den derzeit wichtigsten Treibfaktor für den Silberpreis. Angesichts eines sehr starken Preisanstiegs wächst jedoch auch die Gefahr einer Überhitzung und einer darauf folgenden Preiskorrektur. Wir sehen das Potenzial nach oben mittlerweile als nahezu ausgereizt, obgleich ein kurzfristiger Anstieg auf über 40 USD wahrscheinlich ist.


Industriemetalle

In Abwesenheit chinesischer Händler - die dortigen Märkte sind auch heute wegen eines Feiertages geschlossen - zeigen sich die Metallpreise weitgehend unverändert und legen in der Breite nur moderat zu. Eine Ausnahme stellt Blei dar. Das Metall stieg gestern kurzzeitig auf 2.775 USD je Tonne und damit den höchsten Stand seit fast drei Jahren. Als Grund wird die starke Nachfrage nach Batterien wegen des Wiederaufbaus in Japan und der steigenden Autoverkäufe weltweit herangezogen.

Das unabhängige Research-Institut CRU erwartet in diesem Jahr - angesichts der gesamten Marktgröße von über 9 Mio. Tonnen - ein relativ kleines Angebotsdefizit in Höhe von 20 Tsd. Tonnen nach einem Überschuss von 35 Tsd. Tonnen im Vorjahr. Noch im Januar wies der Markt laut der International Lead und Zinc Study Group (ILZSG) einen Überschuss von 1,3 Tsd. Tonnen aus. Aus unserer Sicht dürfte angesichts der guten Verfügbarkeit der Erze und Konzentrate als auch hoher freier Schmelzkapazitäten weltweit das Potenzial nach oben bei Blei aus fundamentaler Sicht nahezu ausgeschöpft sein.

Trotz des jüngsten Rückgangs sind die LME-Lagerbestände für Blei fast 73 Tsd. Tonnen bzw. 35% höher als noch zu Jahresbeginn und liegen unweit eines 16-Jahreshochs. Dabei kamen die Lagerzuflüsse in den ersten drei Monaten ausschließlich aus Asien. Dies dürfte sich demnächst ändern, weil Japan, das in den vergangenen Jahren stets als Exporteur von raffiniertem Blei agierte, angesichts der Stromausfälle und der stärkeren Nachfrage zum Importeur werden sollte. Allerdings kann dies den Preisanstieg nicht erklären. Wir führen den Anstieg vor allem auf das verstärkte spekulative Interesse zurück: Die Anzahl offener Blei-Terminkontrakte an der LME ist gerade auf ein neues Allzeithoch von über 161 Tsd. Kontrakte à 25 Tonnen gestiegen.


Agrarrohstoffe

In seinem ersten Bericht über den Wachstumsfortschritt in 2011 beschreibt das USDA den Zustand des Winterweizens in den USA als sehr viel schlechter als im Vorjahr. Anfang April lag der Anteil der Pflanzen, deren Zustand als gut oder sehr gut bezeichnet wird, lediglich bei 37% im Vergleich zu 65% im Vorjahr und sogar niedriger als in 2009, als noch 43% in diese Kategorie fielen. Mit 32% ist aktuell der Anteil der Pflanzen in sehr schlechtem oder schlechtem Zustand sehr hoch, so dass insgesamt die Bewertungen die schlechtesten seit 9 Jahren zum Ende der Winterruhe sind. Ein Hauptgrund dafür ist die trockene Witterung in großen Teilen der wichtigsten Anbaugebiete wie Kansas, Texas oder Colorado. Im gestrigen Tagesverlauf zogen die Notierungen für Weizen an der Börse Chicago um 4% an.

Gleichzeitig hat der Mais-Future an der CBOT mit 760 US-Cents je Scheffel auf Schlusskursbasis den bisherigen Rekord von Ende Juni 2008 übertroffen. Am Freitag veröffentlicht das USDA seine aktualisierten Angebots- und Nachfrageschätzungen. Vor allem wird sich der Markt auf die Lagerschätzungen zum Saisonende konzentrieren. Diese könnten nochmals geringer ausfallen, nachdem bereits letzte Woche niedrige US-Lagerbestände für Mais zum 1. März bekannt gegeben wurden.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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