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Preisrallye setzt sich fort

08.04.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Die Rohstoffpreise können am Morgen auf breiter Front zulegen. Preistreibend sind derzeit ein schwächerer US-Dollar und freundliche asiatische Aktienmärkte. Der Brentölpreis steigt auf 124 USD je Barrel, den höchsten Stand seit 32 Monaten. WTI notiert mit 111,5 USD je Barrel auf dem höchsten Stand seit September 2008. Neben den anhaltenden Kämpfen in Libyen sorgen die Wahlen in Nigeria an diesem Wochenende für zusätzliche Nervosität. Die Entwicklung in der benachbarten Elfenbeinküste ist vielen Marktteilnehmern noch in allzu guter Erinnerung. Dort ist es nach den Wahlen Ende vergangenen Jahres zu monatelangen Unruhen gekommen, welche bis zuletzt anhielten.

Eventuelle Lieferausfälle im größten afrikanischen Ölförderland Nigeria könnten die Angebotssituation insbesondere bei qualitativ hochwertigem Öl weiter verschärfen. Die Ölproduktion in Libyen ist nach Angaben des Chefs der staatlichen Ölgesellschaft NOC mittlerweile auf nur noch 250-300 Tsd. Barrel pro Tag gesunken, welche für den heimischen Bedarf benutzt werden. Normalerweise beträgt die tägliche Ölproduktion Libyens 1,6 Mio. Barrel, wovon 1,3 Mio. Barrel pro Tag in den Export gehen.

Die OPEC-Öllieferungen sollen laut Oil Movements in den vier Wochen zum 23. April um 380 Tsd. Barrel pro Tag zurückgehen. Offensichtlich gelingt es der OPEC noch immer nicht, den Lieferausfall Libyens vollständig zu kompensieren. Der Ölpreis dürfte daher kurzfristig weiter steigen. Allerdings steigt damit auch das Risiko einer Abschwächung der Nachfrage. Neben der IEA warnt jetzt auch das US-Energieministerium vor den negativen Folgen der hohen Ölpreise auf die Weltwirtschaft. Wir erachten den Ölpreisanstieg daher nicht als nachhaltig und rechnen mit niedrigeren Preisen im weiteren Verlauf des Jahres.


Edelmetalle

Täglich grüßt das Murmeltier: Gold erreicht bei knapp 1.470 USD je Feinunze ein neues Rekordhoch und Silber übersteigt zum ersten Mal seit Februar 1980 die psychologisch wichtige Marke von 40 USD je Feinunze. Getrieben werden die Edelmetallpreise derzeit stark vom schwachen US-Dollar und von Inflationsrisiken, u.a. bedingt durch hohe Ölpreise. Aufgrund dessen hatte die EZB gestern nicht überraschend die Leitzinsen um 25 Basispunkte angehoben. Daneben trägt die hohe Investmentnachfrage zum Preisanstieg bei.

Der SPDR Gold Trust verzeichnete gestern mit knapp 12 Tonnen die höchsten Zuflüsse an einem Tag seit Januar. Der iShares Silver Trust erhöhte seine Bestände zugleich auf ein neues Rekordhoch von 11.193 Tonnen. Insbesondere bei Silber ist das hohe Preisniveau fundamental nicht mehr zu rechtfertigen, auch wenn sich die Situation definitiv verbessert hat.

Das Silver Institute hat gestern seinen jährlichen "World Silver Survey" veröffentlicht. Demnach hat sich im letzten Jahr die Investmentnachfrage um 47% auf ein Rekordhoch von 178 Mio. Unzen erhöht. Die Nicht-Investmentnachfrage (u.a. industrielle Anwendungen, Schmuck, Photografie, Silberwaren) stieg auf ein 10-Jahreshoch von 879 Mio. Unzen. Das auf Edelmetalle spezialisierte Research-Institut GFMS geht davon aus, dass sich dieser Trend auch im laufenden Jahr fortsetzt. GFMS erwartet daher bis Jahresende einen Anstieg des Silberpreises auf 50 USD.

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Industriemetalle

Die Metallpreise haben endgültig ihren Aufwärtstrend wieder aufgenommen. Das erneute schwere Erdbeben in Japan hatte die Preise gestern nur kurzzeitig belastet. Kupfer und Nickel steigen heute Morgen auf 9.800 USD bzw. auf über 27.000 USD je Tonne und damit den jeweils höchsten Stand seit Anfang März. Zinn verteuert sich auf ein Allzeithoch von knapp 33.000 USD je Tonne und Blei notiert auf einem 3-Jahreshoch. Unterstützt werden sie dabei von freundlichen asiatischen Aktienmärkten und dem schwachen US-Dollar.

Daneben tragen Meldungen aus Japan zum Optimismus der Marktteilnehmer bei, wonach z.B. die drei größten japanischen Kupferschmelzereien aktuell Kupferkathoden kaufen, um Verpflichtungen aus Kundenverträgen nachzukommen und so Strafzahlungen zu vermeiden. Normalerweise beziehen die Schmelzereien Kupferkonzentrat - Japan ist nach China der weltweit zweitgrößte Importeur von Kupferkonzentrat - und verarbeiten dies selbst zu Kathoden.

Aufgrund der Schäden durch das Erdbeben sind derzeit jedoch einige Schmelzereien nicht in Betrieb. Wegen möglicher Stromrationierungen dürfte sich diese Situation mittelfristig nicht ändern. Die japanischen Kupferschmelzereien werden daher aller Voraussicht nach auch in den nächsten Monaten als Käufer von Kupferkathoden am Markt auftreten und so den Preis hoch halten. Ähnliches gilt für Zink. Auch hier importieren japanische Schmelzereien ausländisches Material, um heimische Produktionsausfälle auszugleichen.


Agrarrohstoffe

Die weltweiten Nahrungsmittelpreise sind laut UN-Ernährungsorganisation FAO im März erstmals seit acht Monaten wieder gesunken. Die FAO rechnet aber nicht damit, dass dies eine Trendwende darstellt. Der kräftige Preisanstieg seit Ende März insbesondere bei Mais legt in der Tat nahe, dass möglicherweise schon im April ein neues Rekordniveau erreicht wird. Heute dürfte sich das Hauptaugenmerk auf die aktuellen Angebots- und Nachfrageschätzungen des US-Landwirtschaftsministeriums richten. Eine erneute Abwärtsrevision der US-Maisvorräte kann als sicher gelten. Erwartet wird ein Endbestand von 575 Mio. Scheffel, was dem niedrigsten Niveau seit dem Erntejahr 1995/96 entsprechen würde. Der Maispreis dürfte dies nach dem jüngsten Anstieg bereits reflektieren.

Die gestrigen Exportzahlen des USDA zeigten zudem eine deutliche Abschwächung der Exportdynamik. Demnach sanken die Maisexporte in der vergangenen Woche um 64% gegenüber der Vorwoche auf 809 Tsd. Tonnen und lagen auf dem niedrigsten Stand der vergangenen vier Wochen. Offensichtlich reagiert die Nachfrage auf die hohen Preise. Die Preisdifferenz zwischen CBOT-Weizen und CBOT-Mais hat sich mittlerweile auf nur noch 10 US-Cents je Scheffel verringert. Dies ist äußerst ungewöhnlich und könnte sich in einer stärkeren Aussaat von Mais und einer geringeren Aussaat von Sommerweizen auswirken als derzeit vom USDA unterstellt wird. Wir erachten Mais relativ zu Weizen als überteuert.


Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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