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Chinesische Daten verstärken Inflationssorgen

15.04.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Brentölpreis notiert am Morgen wenig verändert bei 122 USD je Barrel. Seit heute wird bei Brent der Juni-Kontrakt als nächstfälliger Terminkontrakt gehandelt. Der vergleichbare WTI-Kontrakt handelt mit einem Preisabschlag von knapp 14 USD je Barrel. Die Kämpfe in Libyen geben den Ölpreisen weiterhin Unterstützung, zumal am Freitag nach den Gebeten in den arabischen Ländern mit verstärkten Protesten gerechnet werden muss. Die Notwendigkeit weiterer geldpolitischer Maßnahmen in China nach den starken Konjunkturdaten in der vergangenen Nacht dämpft dagegen den Preisanstieg.

Der Ölpreisanstieg der vergangenen Wochen ist auf angebotsseitige Faktoren und nicht auf eine stärker anziehende Nachfrage zurückzuführen. Die OPEC-Lieferungen liegen laut Oil Movements in den vier Wochen zum 30. April unverändert bei 22,83 Mio. Barrel pro Tag. In den Wochen zuvor waren die OPEC-Lieferungen kontinuierlich gesunken. Oil Movements zufolge ist dies in erster Linie auf eine schwächere Nachfrage zurückzuführen, wobei der Tiefpunkt erreicht sein soll.

Die These einer vorübergehend schwächeren Nachfrage unterstützen auch aktuelle Daten aus China, wo die Rohölverarbeitung im März mit 8,87 Mio. Barrel pro Tag 3,4% niedriger lag als der im Februar erreichte Rekordwert und somit auch unter dem im ersten Quartal erzielten Durchschnittswert von 9,04 Mio. Barrel pro Tag lag. Als Grund hierfür werden Wartungsarbeiten, die hohen Lagerbestände und die gesunkenen Verarbeitungsmargen genannt. Im April ist wieder mit einer etwas höheren Rohölverarbeitung zu rechnen, da nach der erfolgten Anhebung der Kraftstoffpreise in diesem Monat die Raffineriemargen und damit der Anreiz zur Produktion wieder gestiegen sind.


Edelmetalle

Getrieben von Inflationssorgen ausgehend von China markiert Gold heute Morgen bei knapp 1.480 USD je Feinunze ein neues Allzeithoch. Das chinesische Statistikbüro berichtete für März im Vergleich zum Vormonat einen deutlichen Anstieg der Teuerungsrate auf 5,4%. Zudem trugen Spekulationen über eine Notwendigkeit der Restrukturierung griechischer Staatsanleihen zum Preisanstieg bei. Im aktuellen Umfeld sollte Gold daher als wertstabile Anlage gut nachgefragt bleiben. Die psychologisch wichtige Marke von 1.500 USD je Feinunze dürfte bald in Angriff genommen werden.

Der seit einigen Jahren erkennbare Trend bei der Goldminenproduktion scheint sich auch in diesem Jahr fortzusetzen. Während die Produktion in Südafrika, dem ehemals weltweit größten Produzentenland, im Februar im Jahresvergleich erneut um 2,8% gesunken ist, wurde sie dagegen in China im März um 35% auf 57,6 Tonnen deutlich ausgeweitet. Dieses Gold dürfte jedoch nicht auf den Weltmarkt gelangen, sondern vollständig durch die starke Nachfrage im Land absorbiert werden. Im Fahrwasser von Gold legte Silber abermals überproportional zu und stieg allein gestern um knapp 4%. Das weiße Edelmetall erreicht heute Morgen bei 42,4 USD je Feinunze den höchsten Stand seit Januar 1980. Dabei wurde der höchste Tagesabfluss seit 3¼ Jahren von 243 Tonnen im iShares Silver Trust, dem weltweit größten Silber-ETF, vollständig ignoriert. Die Luft für den Silberpreis wird auf dem aktuellen Niveau immer dünner.


Industriemetalle

Deutlich über Erwartungen ausgefallene Konjunkturdaten aus China (BIP, Industrieproduktion, Investitionen in Sachanlagen) stützen heute Morgen die Metallpreise, so dass diese ihren Abwärtstrend der letzten Tage damit beenden. Dass die Preise nicht stärker zulegen, liegt an der Inflationsrate in China, die im März auf 5,4% und damit den höchsten Wert seit Juli 2008 gestiegen ist. Die Euphorie der Marktteilnehmer hält sich daher auch in Grenzen, da die Daten zeigen, dass die chinesische Regierung mehr Straffungsmaßnahmen implementieren muss, um die Wirtschaft abzukühlen und die Inflation zu bekämpfen.

Gemäß Daten des Nationalen Statistikbüros ist die Kupferproduktion in China im März im Vergleich zum Vorjahr um 24% auf ein Rekordhoch von 470 Tsd. Tonnen gestiegen. Dies ist zum einen auf die starke Konjunktur im Reich der Mitte zurückzuführen, die zu einer höheren Kupfernachfrage geführt hat. Zum anderen spielen die zuletzt deutlich gestiegenen Schmelz- und Verarbeitungsgebühren eine wesentliche Rolle. Diese sind in den letzten Wochen von rund 80 USD auf 120-150 USD je Tonne gestiegen. Da einige Schmelzereien in Japan nach der Erdbebenkatastrophe ihre Produktion einstellen mussten, wird Kupferkonzentrat aktuell verstärkt in China verarbeitet, so dass dort höhere Preise verlangt werden können, was auch sogleich ausgenutzt wurde.


Agrarrohstoffe

Die Inflationsrate in Indien ist im März auf 9% gestiegen und liegt damit deutlich über der Regierungsschätzung von 8%. Dadurch sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass überschüssiges Angebot an Agrarprodukten von der Regierung zum Export freigegeben wird. Oberste Priorität dürfte das Auffüllen der heimischen Lagerbestände haben, um einen weiteren Anstieg der Inflationsrate zu verhindern. Trotz sehr guter Ernten hat Indien im laufenden Erntejahr keinen Weizen und nur sehr wenig Zucker und Baumwolle zum Export freigegeben. Bei Zucker erklärt sich dies mit dem sehr niedrigen Niveau der inländischen Lagerbestände. Diese hatten zu Beginn des Erntejahres im Oktober lediglich eine Reichweite von 2,4 Monaten des heimischen Verbrauchs. Normalerweise beträgt die Reichweite 4-6 Monate. Auch bei Baumwolle sind die Lagerbestände mit einer Reichweite von 10,6 Wochen des Verbrauchs historisch niedrig.

Die Aussicht auf gute Ernten in Brasilien ließ den an der ICE in New York gehandelten Rohzuckerpreis auf ein 6-Monatstief von 24,4 US-Cents fallen. In der mit einem Anteil von 90% an der Gesamternte wichtigsten brasilianischen Anbauprovinz Center-South hat die Zuckerrohrernte offiziell begonnen. Erwartet wird für dieses Jahr eine Rekordzuckerproduktion von 34,6 Mio. Tonnen, nachdem bereits im Vorjahr mit 33,5 Mio. Tonnen ein Rekordwert erreicht wurde. Aufgrund günstiger Witterungsbedingungen könnte die Zuckerrohrernte zudem schneller vorankommen, d.h. das neue Angebot wird früher verfügbar.

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank, Corporates Markets






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